"Jetzt, im Spätherbst seines Lebens, schaute er oftmals kritisch zurück auf die Jahre, in denen er wie ein Getriebener den Zielen seiner Wünsche hinterhergehechelt war. Eine geheimnisvolle Unruhe war in diesen Jahren sein ständiger Begleiter gewesen. Irgendwo angekommen, glaubte er im nächsten Moment wieder aufbrechen zu müssen, weil er an einem anderen Ort vielleicht etwas versäumen könnte. All dieses Suchen war für ihn in der Rückschau auf diese Jahre "wie haschen nach Wind." Eigentlich hatte er immer nur nach Liebe und Zuneigung gesucht und nach ein wenig Anerkennung, um die Selbstzweifel zu besiegen, die ihn seit der Kindheit begleiteten." Henning wird im Nachkriegsjahr 1946 als unehelicher Sohn einer jungen Kriegswitwe in einem konservativ geprägten Ort in Westfalen geboren. Als er im Alter von neun Jahren seine Mutter verliert, wird ihm immer deutlicher bewusst, dass er nicht nur in den Familien der Nachbarschaft, sondern selbst im Umfeld seiner umfangreichen Verwandtschaftals Außenseiter wahrgenommen wird. Die teils offene Ablehnung begleitet ihn während der Schulzeit und später in der Berufsausbildung. Statt Lob, Ermunterung und Umarmung erfährt er dauernde Korrekturen und permanente Hinweise auf seine fragwürdige Herkunft. Diese Verletzungen und Enttäuschungen hinterlassen bis ins späte Erwachsenenalter schmerzende Wunden. Henning entwickelt eine selbstzerstörerische Menschenangst, fühlt sich beruflich wie privat gelähmt. Immer wieder stößt er an Grenzen, die er eigentlich intellektuell überwinden könnte. Doch die Angst vor Zurückweisung und Versagen lähmt seine Zuversicht auf eine bessere Zukunft. Auch die Heirat mit einer jungen, gutaussehenden Frau verleiht ihm keine Stabilität, zumal sich diese Ehe schon nach kurzer Zeit auf eine beiderseitige Pflichterfüllung, eine Art Notprogramm, reduziert. Wie schwere Mühlsteine hängen Lust und Moral an seinem Hals. Selbstzweifel und Depressionen bestimmen sein Leben. Gibt es einen Ausweg? Was kann ihm Halt geben? Das Buch erzählt ungeschminkt von dem zerstörerischen Kampf gegen Vorurteile, Stigmatisierung, und Ausgrenzung, aber auch von der Widerstandskraft eines jungen Mannes im Nachkriegsdeutschland.