Die Vita der hl. Geretrude, Tochter des mächtigen Hausmeiers Pippins d. Ält. und erste Äbtissin von Nivelles, ist ein einzigartiges Zeugnis für die Begegnung von fränkischem Adel und irischen Peregrini auf dem Boden des Merowingerreichs. Abgefaßt wurde sie im pippinidischen Familienkloster Nivelles, wie die Autorin an einer Vielzahl von Einzelaspekten wahrscheinlich macht, von einem dort lebenden Iren der Gemeinschaft des Abts Foillan. Die Darstellung zeigt eine besondere Ausprägung von Adelsheiligkeit, eine Virgo und Klosterheilige, die den Mittelpunkt einer vorbildlichen christlichen Familie bildet und sich wie die Heiligen der Foillan-Gruppe in erster Linie durch ihre spirituelle Leistung profiliert. Die Entstehung der Vita muss auch im Zusammenhang eines gezielten Kultaufbauprogramms gesehen werden, das in einer für die Familie bedrohlichen politischen Lage initiiert wurde.