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Die abenteuerliche Biographie einer dreihundert Jahre alten Geige: Der französische Autor Frédéric Chaudière, selbst Geigenbauer, erzählt farbig und kenntnisreich die wechselhafte Lebensgeschichte eines Instruments und der Menschen, die im Laufe der Jahrhunderte mit ihm in Berührung kamen.Die hochgewachsene Fichte, die in einer Neumondnacht des Januar 1707 im venezianischen Val di Fiemme geschlagen wird, ahnt nichts von ihrem künftigen Schicksal. Aus ihrem Holz wird eine der kostbarsten Geigen der Welt gebaut, in ihren Fasern werden die Kompositionen berühmter Musiker - schließlich sogar der…mehr

Produktbeschreibung
Die abenteuerliche Biographie einer dreihundert Jahre alten Geige: Der französische Autor Frédéric Chaudière, selbst Geigenbauer, erzählt farbig und kenntnisreich die wechselhafte Lebensgeschichte eines Instruments und der Menschen, die im Laufe der Jahrhunderte mit ihm in Berührung kamen.Die hochgewachsene Fichte, die in einer Neumondnacht des Januar 1707 im venezianischen Val di Fiemme geschlagen wird, ahnt nichts von ihrem künftigen Schicksal. Aus ihrem Holz wird eine der kostbarsten Geigen der Welt gebaut, in ihren Fasern werden die Kompositionen berühmter Musiker - schließlich sogar der verruchte Jazz - erklingen, ihre abenteuerliche Reise wird über die Werkstatt Stradivaris in Cremona bis nach Paris, London und New York gehen.
Autorenporträt
Frédéric Chaudière, geboren 1963 in Dieulefit, lebt in Montpellier und arbeitet seit zwanzig Jahren als Geigenbauer. Zudem schreibt er Beiträge für Radio France und die englische Fachzeitschrift The Strad. 'Geschichte einer Stradivari' ist seine erste Veröffentlichung in Buchform.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 26.09.2007

Dieser Gast ist gern gesehen
Geschichtsschreibung aus eigener Perspektive: „Fünf Deutschland und ein Leben”, die Erinnerungen des Historikers Fritz Stern
Fritz Sterns Mutter, eine Pädagogin, hieß Käthe Brieger. Über ihre Familie schreibt er, sie sei „tüchtig, aber leicht verletzbar” gewesen. Vierzig Seiten später beschreibt er seine Familie väterlicherseits: Die Sterns waren „leidenschaftlicher, ehrgeiziger und verletzlicher als die Briegers”. Wie verletzlich die Briegers oder die Sterns tatsächlich gewesen sind, muss dahingestellt bleiben. Fritz Stern hat ihnen zugeschrieben, was er selbst empfindet: Er hält sich für ausgesprochen fragil. Mit geübtem schüchternen Charme macht er darauf aufmerksam. Hält der bekannte Historiker einen Vortrag vor illustrem Publikum, dann fühlen seine Gastgeber sich beschenkt, wenn er ihnen anvertraut, wie beklommen ihm angesichts der verantwortungsvollen Aufgabe zumute sei.
1938 emigrierte die deutsche Familie in die Vereinigten Staaten. Wie schwer die Entwurzelung ihn getroffen habe, schreibt Fritz Stern, sei ihm erst Jahrzehnte später ganz klargeworden. Der Arzt Rudolf Stern und seine Familie waren getauft. In Breslau feierten sie die christlichen Feiertage, Weihnachten wurde mit Baum, Kringeln und Äpfeln begangen. Der Vater hatte im Ersten Weltkrieg als Offizier gedient und sich selbst mit den das Herz stärkenden Mitteln Kaffee und Champagner von der tödlichen Grippe kuriert, die damals grassierte. Man legte Wert auf eine preußische Erziehung der Kinder: Sie sollten lernen, verzichten zu können. Rudolf Stern war der gebildete, assimilierte Jude schlechthin. „In den letzten Stunden vor seinem Tod zitierte er mir Homer auf Griechisch.”
Bei der Ankunft in New York war Fritz Stern zwölf Jahre alt. Er lernte, als Amerikaner zu fühlen: Während des Studiums der Landesgeschichte schrieb er über „unsere” Vorfahren und „unseren” Bürgerkrieg. Mit übertriebenem Patriotismus hatte er freilich nie etwas am Hut. Er ist ein amerikanischer Liberaler: Den Koreakrieg hielt er für vernünftig, den Vietnamkrieg für fatal. Für die Sowjetunion hatte er nie etwas übrig, aber der illiberale Antikommunismus, der in den USA die ersten Blüten trieb, störte ihn zutiefst. Er ist gern bei staatstragenden Herrschaften zu Gast, die Studentenbewegung war ihm zu laut und unverantwortlich. Er verehrte Kennedy und war gegen Reagan. Die Politik von George W. Bush machte ihm Angst: Die Geschichte der Weimarer Republik hat ihm gezeigt, wie schnell die freiheitliche Verfassung eines Staates politisch ausgehebelt werden kann. Das ist die Einsicht, die der alte Herr, jetzt einundachtzig Jahre alt, seinen amerikanischen Lesern und Freunden mit auf den Weg geben will.
In der Bundesrepublik ist Fritz Stern mindestens ebenso angesehen wie in den Vereinigten Staaten. Der Rezensent der London Review of Books hat das darauf zurückgeführt, dass die Deutschen in den Jahrzehnten nach dem Krieg Vorzeigejuden benötigt hätten: gut reputierte Leute, die ihnen verziehen. Im Bezug auf einzelne Freunde wie etwa Ralf Dahrendorf und Marion Gräfin Dönhoff ist das Urteil ungerecht. Bezogen auf die institutionelle Wertschätzung, die Fritz Stern zuteilgeworden ist, stimmt es natürlich, wogegen aber nichts einzuwenden ist: Was sollte dagegen sprechen, dass ein Historiker in dem Land, das einst ihn und seine Familie zur Flucht trieb, mit Respekt willkommen geheißen wird? Fritz Stern wird dafür geachtet, wer er ist. Das strahlt ab auf die hiesigen Rezensionen seiner Biographie, die sehr wohlwollend ausgefallen sind.
Sterns Projekt, die deutsche Geschichte aus der eigenen Perspektive zu schreiben, war ein guter Plan. Leider hat Stern ihn nur für die Zeit bis 1938 wahrgemacht: Auf jenen Seiten verschränken sich die große und die private Geschichte. Da ersteht das Judentum im Kaiserreich, da vermag er, die versunkene Welt des deutsch-jüdischen Bürgertums in Breslau zu schildern. Der Rest des dicken Buches krankt daran, dass Stern seine alten Terminkalender abarbeitet. Und was tut ein Historiker? Er hält Seminare und Vorträge, mal zu Hause, mal im Ausland. Wenn er ein guter Historiker ist, erhält er Preise.
1983 erfuhr Stern, dass er mit dem Dr. Leopold-Lucas-Preis ausgezeichnet worden war: „Ich staunte über diesen völlig unerwarteten Brief – und nahm dankend an.” Seine Dankesrede verfasste der damals 57-Jährige über das Thema „Der Nationalsozialismus als Versuchung”. Den Titel hielt er für gewagt. „Beim Abfassen des Vortrags spürte ich von neuem, dass ich das Drama des Nationalsozialismus mit einem gewissen Schauder erlebt hatte.”
1987 lud der Bundestag ihn ein, anlässlich des Tages der Deutschen Einheit die Festrede zu halten. „Ich fühlte mich natürlich geehrt, aber gleichzeitig war ich verwirrt und beunruhigt.” Er „flog beklommen und unsicher nach Bonn”: „Ich sprach von meinen eigenen Erlebnissen und gab meinem Erstaunen darüber Ausdruck, dass ich, als Knabe aus Breslau vertrieben, vor diesem Hause sprach.”
Epochen und Terminkalender
1999 wurde Stern mit dem Friedenspreis des deutschen Buchhandels ausgezeichnet: „Ich war sprachlos. Es fehlt mir nicht an Phantasie, aber an diese Möglichkeit hatte ich nicht im Entferntesten gedacht.” Als er seine Rede schrieb, fiel ihm ein, „dass dies möglicherweise die beste Gelegenheit war, die sich mir jemals bieten würde, meinen Hoffnungen und Mahnungen Ausdruck zu geben.” Er rief die Deutschen dazu auf, sich um die „innere Versöhnung” zwischen Ost und West zu bemühen.
Was Fritz Stern bei diesen Anlässen und in seinen vielen übrigen Vorträgen sagte, hatte stets Hand und Fuß: Er sprach aus, was politisch geboten war. Weil er sich aber in seiner Rückschau darauf beschränkt, sich selbst zu referieren, ohne von Fall zu Fall weiter auszugreifen, wird sein Bericht zum Itinerar eines Akademiker-Diplomaten: heute hier, morgen da. Es war natürlich richtig, den Deutschen 1992 mitzuteilen, dass der neue Präsident Clinton „wie seine Vorgänger auf enge Beziehungen zu Deutschland Wert lege”. Wirklich aufsehenerregend war die Nachricht indes damals schon nicht. Man hätte gern gewusst, was Stern von Clintons Präsidentschaft hält. Oder von der Entwicklung, die Russland genommen hat, oder von der Kanzlerschaft Gerhard Schröders. Dies und vieles andere: Man erfährt es nicht. Recht bald bei der Lektüre dieser vielen hundert Seiten bedauert der Leser, dass kein guter Geist Sterns alte Terminkalender beizeiten weggeworfen hat.
Die DDR hat Fritz Stern nicht oft besucht und deshalb hier recht kurz behandelt. In Walter Ulbricht, schreibt er, sei „die deutsche Gewohnheit, sich den Slawen überlegen zu fühlen”, wieder „zum Vorschein” gekommen. Ulbricht, der Arbeitersohn, war ein unangenehmer Besserwisser, der sich zeitweilig mit Breschnew anlegte, ein deutscher Herrenmensch war er indes nicht. Über die Wohnblocks im Zuckerbäckerstil, die in der Berliner Stalinallee erbaut wurden, schreibt Stern, diese seien nur vorgeblich für Arbeiter bestimmt, in Wahrheit aber „hohen Funktionären” vorbehalten gewesen. Auch das stimmt nicht: Neben den Funktionären wurden viele Arbeiter dort einquartiert, die sich in den Augen des Regimes verdient gemacht hatten.
In der westdeutschen Geschichte kennt Stern sich besser aus. Richard von Weizsäckers berühmte Rede am 8. Mai 1985 hat er freilich missdeutet. Anlässlich des 40. Jahrestages der Kapitulation sprach von Weizsäcker aus, was mittlerweile die meisten dachten: dass der Völkermord an den Juden „beispiellos in der Geschichte” gewesen sei. Weil der Bundespräsident von hoher Warte verkündete, was die Mehrheit dachte, wurde seine Rede nicht bloß im Ausland, sondern auch im Inland weithin gepriesen. Stern aber meint, die meisten Deutschen hätten sich „dieser Wahrheit nicht stellen” wollen. Wenn er das wirklich denkt, dann fragt es sich, warum Stern trotzdem so oft und gern in die Bundesrepublik gereist ist.
„Fünf Deutschland und ein Leben” ist die Summe der Erinnerungen Fritz Sterns. Jede einzelne ist ihm teuer. Künftigen Generationen kann das Buch einen präzisen Einblick in das Arbeitsleben eines international bekannten Historikers des 20. Jahrhunderts vermitteln. FRANZISKA AUGSTEIN
FRITZ STERN: Fünf Deutschland und ein Leben. Erinnerungen. Aus dem Amerikanischen von Friedrich Griese. Verlag C. H. Beck, München 2007. 675 Seiten, 29,90 Euro.
Fritz Stern, einundachtzig, ist emeritierter Professor für Geschichte an der New Yorker Columbia-Universität. Seine Familie emigrierte 1938 in die USA. Zu seinen Hauptwerken zählen „Kulturpessimismus als politische Gefahr” und „Gold und Eisen. Bismarck und sein Bankier Bleichröder”. Stern gilt als wichtiger Vermittler zwischen Amerika und Europa, vor allem Deutschland; 1999 erhielt er den Friedenspreis des deutschen Buchhandels. Foto: Regina Schmeken
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Rezensent Harald Eggebrecht zeigt sich von der wechselhaften und hochspannenden Geschichte der Stradivari "Gibson" überaus fasziniert. 1936 wurde sie dem Geiger Bronislaw Hubermann aus der Künstlergarderobe der Carnegie Hall gestohlen. Dem Dieb brachte die Geige kein Glück, lesen wir. Er wurde drogenabhängig, kriminell und landete schließlich im Gefängnis. Als todkranker Mann gab er die Geige schließlich zurück. Neben dieser Geschichte erzählt der französische Autor, von Berufs wegen selbst ein angesehener Geigenbauer, ganz nebenbei auch von der Geigenbau-Epoche in Cremona, ihrem Niedergang und berühmten anderen Geigen aus dieser Zeit, freut sich Eggebrecht.

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