Dieses Buch feiert auf ebenso unterhaltsame wie informative Weise den Kult. Es berichtet von den märchenhaften Anfängen des Unternehmens, seinem Aufstieg, seinen Erfolgen und Flops. Es erzählt spannende und bewegende Geschichten von merkwürdigen Ereignissen rund ums Einkaufsvergnügen. Vor allem aber liefert es zahlreiche Tips, wie man mit den geliebten Produkten umgeht und wie man sie sogar noch verbessern kann.
Das unmögliche Möbelhausbuch: Ikea kennt man, daher braucht man keinen Einkaufsführer
Vor zwei Jahren kam der Eichborn-Verlag auf die glänzende Idee, eine Lücke im Werbekonzept von Aldi zu schließen und einen Ratgeber zum billigsten aller Supermärkte zu veröffentlichen: Das Kochbuch "Aldidente" bot Rezepte mit Zutaten fast ausschließlich aus dem Aldi-Markt, garniert mit kleinen, hübsch erzählten Momentaufnahmen aus dem Milieu seiner Kundschaft. Jetzt hat der gleiche Verlag das erfolgreiche Buchkonzept auf den Möbelgroßmarkt Ikea übertragen. Verbindet sich nicht auch mit Ikea die Vorstellung eines recht geschlossenen Kundenmilieus?
"Alle lieben Billy" von Wolfgang Brenner und Frank Johannsen verspricht "Geschichten, Tips und Reportagen über unser Lieblingsmöbelhaus". Aber ach, das Buch steht auf so wackeligen Beinen wie IVAR nach dem zweiten Umzug.
Die mit geschraubten Ideen gezimmerten Geschichten lesen sich so spannend wie eine Aufbauanleitung. Die Autoren erzählen zum Beispiel die Kurzgeschichte von zwei Paaren, die im Internet Bekanntschaft schließen. Achim und Ida wollen den Partnertausch auf Zeit, Carola und Marco aber nur die quittengelbe Ledercouch BYA von Achim und Ida, die bei Ikea nicht mehr lieferbar ist. Fast ist man sich handelseinig. Aber Ida will sich von der gelben BYA dann doch nicht trennen. Über den "Regalkrimi" hüllen wir erst recht höflich FJÄDERVIVA, die Decke des Schweigens. Kaum besser sind die wenig informativen Verbrauchertips und die bemüht ironische Anthropologie des homo ikeanensis.
Den Autoren ist beim Ideenrecycling der entscheidende Unterschied zwischen den beiden four-letter-Ketten entgangen. Ikea muß anders als Aldi nicht mehr erklärt werden, dieses Phänomen erhellt sich aus seinem Katalog, dessen neueste Ausgabe jedes Jahr im August das Land in biblischer Auflage überschwemmt. Der Katalog möbliert die Vorstellungswelt bis in den letzten Winkel. Er rückt die ausgepackten Produkte in einen Zusammenhang, der eine Erzählung ist, selbst wenn sie nur aus Bildern und Preisbezeichnungen besteht.
Nehmen wir also den Katalog selbst zur Hand. Wer sich die Mühe des Vergleichs der Ausgabe von 1998 mit der von 1999 macht, kann entdecken, daß ein großer Schritt getan worden ist. Ikea hat den Sprung von der Bildunterschrift zur Bildgeschichte gewagt. Wo wir früher unbelebte Interieurs anschauten, sehen wir jetzt Menschen: Väter, Kinder, Studentinnen. Und sie erzählen von ihrer Einrichtung, nicht ohne die Preise locker in ihren Redefluß einzustreuen. Auf Seite 19 lächelt uns zum Beispiel ein kleines Mädchen an und berichtet: "Hier leben wir. Mein Papi und ich. Na ja, eigentlich bin ich nur ab und zu hier, und mein Vater wohnt hier die ganze Zeit." Das sind Geschichten, wie sie das wahre Leben schreibt, echt wie Kiefer furniert. MATTHIAS ALEXANDER
Wolfgang Brenner, Frank Johannsen: "Alle lieben Billy". Geschichten, Tips und Reportagen über unser Lieblings-Möbelhaus. Eichborn Verlag, Frankfurt am Main 1998. 112 S., Abb., br., 19,80 DM.
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