Die Okkupation Griechenlands durch die Deutsche Wehrmacht beeinflusst bis heute das deutsch-griechische Verhältnis. Katerina Králová nimmt die bilaterale Beziehungsgeschichte in den Blick. Ihr Buch bietet grundlegendes Wissen für eine sachliche Diskussion fernab aller Klischees. Ein gemeinsames deutsch-griechisches Erinnern an die Besatzungszeit gibt es (noch) nicht. In Griechenland ist das Geschehen unvergessen, in Deutschland hingegen werden die Greueltaten der Besatzer an der griechischen Zivilbevölkerung verdrängt oder beschwiegen. Die Asymmetrie der Vergangenheitsbewältigungen beeinflusst bis heute das Verhältnis zwischen den Ländern. Wissensdefizite führen zu Polarisierungen, wie die aktuelle politische Berichterstattung zeigt. Von der deutschen Besatzungspolitik und den direkten Folgen für Griechenland und seine Bevölkerung ausgehend, verfolgt Katerina Králová die deutsch-griechischen Beziehungen seit 1940: über die Restauration in Griechenland nach dem Krieg, die Wiederaufnahme der bilateralen Wirtschaftsbeziehungen, die Strafverfolgung von NS-Kriegsverbrechern und die Debatten um die Reparationsfrage im Zuge des Ost-West-Konflikts, der Wiedervereinigung Deutschlands und der jüngsten Vergangenheit. Das Buch der Historikerin bietet eine verständliche Darstellung der Geschichte bis hin zu den aktuellen Entwicklungen. Die dargestellten Fakten und Zusammenhänge machen die Dringlichkeit der deutschen Aufarbeitung deutlich und mahnen ein nachhaltiges Geschichtsverständnis in beiden Ländern an. In der Tschechischen Republik und in Griechenland ist das Buch bereits publiziert, jetzt folgt die deutsche Übersetzung.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 26.10.2016Verhandlungssache Kriegsverbrechen
Deutsch-griechische Beziehungen während und nach der nationalsozialistischen Besatzung
Am 26. Januar 2015, dem Tag nach seinem ersten Sieg bei einer Parlamentswahl, legte der noch nicht einmal als Ministerpräsident vereidigte Alexis Tsipras am Mahnmal in dem Athener Vorort Kaisariani vier rote Rosen zum Gedenken an Griechen nieder, die dort 70 Jahre zuvor von der SS erschossen worden waren. Der Ort, sagte sein Sprecher, stehe "für das Verlangen der Griechen nach Freiheit, nach Unabhängigkeit von der deutschen Besatzung". Die Botschaft, die Tsipras damit übermittelte, hatten er und seine Partei im Wahlkampf immer wieder betont: Was die Deutschen den Griechen mit der Besatzung von 1941 bis 1944 angetan hatten, das wiederholten sie nun durch die dem Land auferlegte Sparpolitik. Der Auftritt in Kaisariani bildete den Auftakt zu Tsipras' erster Amtszeit als Ministerpräsident, die vor allem aus Symbolpolitik bestand. Kurz darauf entfachte seine Regierung die Debatte über Reparationszahlungen neu. Über Wochen hielt sich das Thema in den Medien, auch wenn Berlins Regierungssprecher Seibert Athen im März geantwortet hatte, die Frage von Reparationszahlungen sei "rechtlich und politisch abgeschlossen".
Es wäre hilfreich gewesen, wenn Mark Mazowers auf Englisch bereits 1995 erschienenes Buch "Griechenland unter Hitler" schon damals auf Deutsch vorgelegen hätte, denn es bietet trotz einiger Ungenauigkeiten auch heute noch eine gute Einführung in die Verbrechen der deutsch-italienisch-bulgarischen Besatzungszeit in Griechenland - etwa in Kaisariani, wo am 1. Mai 1944 die SS 200 Geiseln erschoss. Stellenweise ist dem Buch anzumerken, dass Mazower sich stark von griechischen Quellen leiten ließ und so auch einige strittige Sichtweisen griechischer Historiker übernahm. Dazu gehört die in Griechenland oft zu hörende Behauptung, die im Winter 1941/42 in Athen wütende Hungersnot sei "die schlimmste im besetzten Europa außerhalb der Konzentrationslager" gewesen. Zählt man das im okkupierten Russland belagerte Leningrad indes zum besetzten Europa, so forderte die Tragödie an der Newa ungleich mehr Opfer, was die Hungersnot in Athen nicht harmloser macht.
Mazower beschreibt die Entstehung und das Vorgehen der griechischen Widerstandsgruppen, lässt aber einen zentralen Aspekt unbeachtet, der in Griechenland lange ein Tabu war und es zum Teil noch ist. Doch ohne diesen Aspekt lässt sich der Bürgerkrieg, der sich nahtlos an die deutsche Besatzung anschloss und 1949 mit dem Sieg der von den Amerikanern unterstützten Bürgerlichen endete, nicht verstehen: Dass auf Seiten der Kommunisten bis zu 30 000 slawischsprachige Mazedonier kämpften, denen das Zentralkomitee der griechischen kommunistischen Partei für den Fall eines Sieges die Abspaltung von Griechenland versprochen hatte, erwähnt Mazower nicht, womit das Bild an einer entscheidenden Stelle verschwommen bleibt. Insgesamt aber schildert er faktenreich, wie die Besatzung das Land in einen Strudel aus Gewalt und Blut hinabzog.
Wo Mazower endet, setzt die tschechische Historikerin Katerina Králová mit ihrer Darstellung der deutsch-griechischen Nachkriegsbeziehungen ein. Sie nutzt vor allem deutsches Aktenmaterial, da die Arbeit in staatlichen griechischen Archiven schwierig sei: "Dies liegt an der umständlichen und hinderlichen Bürokratie, aber auch an der mangelnden Kooperationsbereitschaft des Archivpersonals ausländischen Forschern gegenüber", so Králová. Dennoch kann sie ihre These belegen, dass der Umgang der Athener Nachkriegsregierungen mit Entschädigungsforderungen für die Okkupationszeit durch die wirtschaftliche und politische Abhängigkeit von Bonn "beeinflusst", in manchen Fällen "diktiert" worden sei: "Ab Beginn der 1950er Jahre fungierte die Ahndung von Kriegsverbrechen als Verhandlungsgegenstand zwischen griechischer und deutscher Seite zur Erreichung anderer Ziele." Etwa bei dem "Tabak-Abkommen", das 1950 bei einem Besuch des stellvertretenden griechischen Regierungschefs Giorgos Papandreou in Bonn unterzeichnet wurde: "Als Gegenleistung zur Befreiung von der Tabaksteuer war Griechenland bereit, sich aus den Verhandlungen über Reparationen zurückzuziehen", zitiert Králová aus den Akten. Später war es Athen wegen der hohen Arbeitslosigkeit wichtiger, "Gastarbeiter" nach Deutschland zu entsenden, als Reparationen einzufordern.
Hinzu kommt, dass Griechenlands Politik von 1949 bis zum Sturz der Militärdiktatur 1974 antikommunistisch geprägt war und die Angst vor der Sowjetunion vor allem in den fünfziger Jahren Bonn und Athen einte. Auch aus innenpolitischen Gründen schoben Athener Regierungen "die Verantwortung für die Verwüstung des Landes fast ausschließlich den griechischen Kommunisten und Angehörigen des linken Widerstands zu". Griechische Regierungspolitiker übten Druck auf die Justiz aus, "sich nicht weiter mit der Verhaftung von Kollaborateuren zu befassen".
Die Kollaborateure von gestern wurden zu den Antikommunisten von heute und gingen meist straffrei aus. Einige deutsche Täter nicht. Mehrere deutsche Offiziere wurden wegen Kriegsverbrechen auf Kreta und an anderen Orten zum Tode verurteilt. Alexander Löhr, Hitlers "Oberbefehlshaber Südost", wurde 1947 hingerichtet, in Belgrad allerdings. Viele andere Beteiligte an Massakern wie jenen in Distomo oder Kalavryta wurden jedoch nie belangt. Athen hatte 1959 im Gegenzug für Wirtschaftshilfe gesetzlich die Einstellung der Verfolgung mutmaßlicher deutscher Kriegsverbrecher festgelegt - in der Erwartung, dass die Bonn übergebenen Ermittlungsakten von der westdeutschen Justiz aufgegriffen würden. Enttäuschung folgte, als nach der Überstellung von 685 Fällen "aus den betreffenden Listen nach zweieinhalb Jahren Vorermittlungen kein einziger bekannt war, bei dem es zur Hauptverhandlung gekommen war", so Králová. Das lag zum einen am Unwillen der westdeutschen Justiz, aber auch an den Mängeln der übergebenen Akten, in denen zum Teil nur Vor- oder Spitznamen der Gesuchten auftauchten und nicht einmal deren Einheit genannt wurde.
Die Wechselwirkung zwischen Vergangenheitsbewältigung und Wirtschaftspolitik zeigt Králová auch am Beispiel der Verhandlungen über Entschädigungszahlungen für vom NS-Regime verfolgte Griechen. Zur Endphase der Verhandlungen hielt sich Bundesverteidigungsminister Franz-Josef Strauß wohl nicht zufällig zu Gesprächen in Athen auf, um den Kauf größerer Mengen an Munition und Textilien aus Griechenland zuzusagen. Parallel dazu wurde zwischen Griechenland und der Bundesrepublik ein Investitionsschutzabkommen unterzeichnet.
In der Entschädigungsvereinbarung von 1960 verpflichtete sich Bonn zur Zahlung von 115 Millionen DM an griechische Opfer nationalsozialistischer Verfolgung. Zuvor hatte Außenminister Evangelos Averoff an den deutschen Botschafter in Athen die Bitte gerichtet, seiner Regierung zuzugestehen, über die Entschädigungssumme "mit einer gewissen Ermessensfreiheit zu verfügen, denn sonst würden die Gelder praktisch zum großen Teil an Juden und Kommunisten gehen". Letztlich erhielten einstige griechische KZ-Insassen als einmalige Zahlung 150 Mark pro im Lager verbrachten Monat. Královás Buch vermittelt einen erhellenden Eindruck von den Nachkriegsbeziehungen zwischen Griechenland und Westdeutschland. Interessant wäre es gewesen, auch zu erfahren, wie die DDR und Griechenland, die 1973 volle diplomatische Beziehungen aufnahmen, mit der Thematik der Besatzungszeit umgingen.
MICHAEL MARTENS
Mark Mazower: Griechenland unter Hitler. Das Leben während der deutschen Besatzung 1941-1944. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2016. 528 S., 26,99 [Euro].
Katerina Králová: Das Vermächtnis der Besatzung. Deutsch-griechische Beziehungen seit 1940. Böhlau Verlag, Wien 2016. 283 S., 26,99 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Deutsch-griechische Beziehungen während und nach der nationalsozialistischen Besatzung
Am 26. Januar 2015, dem Tag nach seinem ersten Sieg bei einer Parlamentswahl, legte der noch nicht einmal als Ministerpräsident vereidigte Alexis Tsipras am Mahnmal in dem Athener Vorort Kaisariani vier rote Rosen zum Gedenken an Griechen nieder, die dort 70 Jahre zuvor von der SS erschossen worden waren. Der Ort, sagte sein Sprecher, stehe "für das Verlangen der Griechen nach Freiheit, nach Unabhängigkeit von der deutschen Besatzung". Die Botschaft, die Tsipras damit übermittelte, hatten er und seine Partei im Wahlkampf immer wieder betont: Was die Deutschen den Griechen mit der Besatzung von 1941 bis 1944 angetan hatten, das wiederholten sie nun durch die dem Land auferlegte Sparpolitik. Der Auftritt in Kaisariani bildete den Auftakt zu Tsipras' erster Amtszeit als Ministerpräsident, die vor allem aus Symbolpolitik bestand. Kurz darauf entfachte seine Regierung die Debatte über Reparationszahlungen neu. Über Wochen hielt sich das Thema in den Medien, auch wenn Berlins Regierungssprecher Seibert Athen im März geantwortet hatte, die Frage von Reparationszahlungen sei "rechtlich und politisch abgeschlossen".
Es wäre hilfreich gewesen, wenn Mark Mazowers auf Englisch bereits 1995 erschienenes Buch "Griechenland unter Hitler" schon damals auf Deutsch vorgelegen hätte, denn es bietet trotz einiger Ungenauigkeiten auch heute noch eine gute Einführung in die Verbrechen der deutsch-italienisch-bulgarischen Besatzungszeit in Griechenland - etwa in Kaisariani, wo am 1. Mai 1944 die SS 200 Geiseln erschoss. Stellenweise ist dem Buch anzumerken, dass Mazower sich stark von griechischen Quellen leiten ließ und so auch einige strittige Sichtweisen griechischer Historiker übernahm. Dazu gehört die in Griechenland oft zu hörende Behauptung, die im Winter 1941/42 in Athen wütende Hungersnot sei "die schlimmste im besetzten Europa außerhalb der Konzentrationslager" gewesen. Zählt man das im okkupierten Russland belagerte Leningrad indes zum besetzten Europa, so forderte die Tragödie an der Newa ungleich mehr Opfer, was die Hungersnot in Athen nicht harmloser macht.
Mazower beschreibt die Entstehung und das Vorgehen der griechischen Widerstandsgruppen, lässt aber einen zentralen Aspekt unbeachtet, der in Griechenland lange ein Tabu war und es zum Teil noch ist. Doch ohne diesen Aspekt lässt sich der Bürgerkrieg, der sich nahtlos an die deutsche Besatzung anschloss und 1949 mit dem Sieg der von den Amerikanern unterstützten Bürgerlichen endete, nicht verstehen: Dass auf Seiten der Kommunisten bis zu 30 000 slawischsprachige Mazedonier kämpften, denen das Zentralkomitee der griechischen kommunistischen Partei für den Fall eines Sieges die Abspaltung von Griechenland versprochen hatte, erwähnt Mazower nicht, womit das Bild an einer entscheidenden Stelle verschwommen bleibt. Insgesamt aber schildert er faktenreich, wie die Besatzung das Land in einen Strudel aus Gewalt und Blut hinabzog.
Wo Mazower endet, setzt die tschechische Historikerin Katerina Králová mit ihrer Darstellung der deutsch-griechischen Nachkriegsbeziehungen ein. Sie nutzt vor allem deutsches Aktenmaterial, da die Arbeit in staatlichen griechischen Archiven schwierig sei: "Dies liegt an der umständlichen und hinderlichen Bürokratie, aber auch an der mangelnden Kooperationsbereitschaft des Archivpersonals ausländischen Forschern gegenüber", so Králová. Dennoch kann sie ihre These belegen, dass der Umgang der Athener Nachkriegsregierungen mit Entschädigungsforderungen für die Okkupationszeit durch die wirtschaftliche und politische Abhängigkeit von Bonn "beeinflusst", in manchen Fällen "diktiert" worden sei: "Ab Beginn der 1950er Jahre fungierte die Ahndung von Kriegsverbrechen als Verhandlungsgegenstand zwischen griechischer und deutscher Seite zur Erreichung anderer Ziele." Etwa bei dem "Tabak-Abkommen", das 1950 bei einem Besuch des stellvertretenden griechischen Regierungschefs Giorgos Papandreou in Bonn unterzeichnet wurde: "Als Gegenleistung zur Befreiung von der Tabaksteuer war Griechenland bereit, sich aus den Verhandlungen über Reparationen zurückzuziehen", zitiert Králová aus den Akten. Später war es Athen wegen der hohen Arbeitslosigkeit wichtiger, "Gastarbeiter" nach Deutschland zu entsenden, als Reparationen einzufordern.
Hinzu kommt, dass Griechenlands Politik von 1949 bis zum Sturz der Militärdiktatur 1974 antikommunistisch geprägt war und die Angst vor der Sowjetunion vor allem in den fünfziger Jahren Bonn und Athen einte. Auch aus innenpolitischen Gründen schoben Athener Regierungen "die Verantwortung für die Verwüstung des Landes fast ausschließlich den griechischen Kommunisten und Angehörigen des linken Widerstands zu". Griechische Regierungspolitiker übten Druck auf die Justiz aus, "sich nicht weiter mit der Verhaftung von Kollaborateuren zu befassen".
Die Kollaborateure von gestern wurden zu den Antikommunisten von heute und gingen meist straffrei aus. Einige deutsche Täter nicht. Mehrere deutsche Offiziere wurden wegen Kriegsverbrechen auf Kreta und an anderen Orten zum Tode verurteilt. Alexander Löhr, Hitlers "Oberbefehlshaber Südost", wurde 1947 hingerichtet, in Belgrad allerdings. Viele andere Beteiligte an Massakern wie jenen in Distomo oder Kalavryta wurden jedoch nie belangt. Athen hatte 1959 im Gegenzug für Wirtschaftshilfe gesetzlich die Einstellung der Verfolgung mutmaßlicher deutscher Kriegsverbrecher festgelegt - in der Erwartung, dass die Bonn übergebenen Ermittlungsakten von der westdeutschen Justiz aufgegriffen würden. Enttäuschung folgte, als nach der Überstellung von 685 Fällen "aus den betreffenden Listen nach zweieinhalb Jahren Vorermittlungen kein einziger bekannt war, bei dem es zur Hauptverhandlung gekommen war", so Králová. Das lag zum einen am Unwillen der westdeutschen Justiz, aber auch an den Mängeln der übergebenen Akten, in denen zum Teil nur Vor- oder Spitznamen der Gesuchten auftauchten und nicht einmal deren Einheit genannt wurde.
Die Wechselwirkung zwischen Vergangenheitsbewältigung und Wirtschaftspolitik zeigt Králová auch am Beispiel der Verhandlungen über Entschädigungszahlungen für vom NS-Regime verfolgte Griechen. Zur Endphase der Verhandlungen hielt sich Bundesverteidigungsminister Franz-Josef Strauß wohl nicht zufällig zu Gesprächen in Athen auf, um den Kauf größerer Mengen an Munition und Textilien aus Griechenland zuzusagen. Parallel dazu wurde zwischen Griechenland und der Bundesrepublik ein Investitionsschutzabkommen unterzeichnet.
In der Entschädigungsvereinbarung von 1960 verpflichtete sich Bonn zur Zahlung von 115 Millionen DM an griechische Opfer nationalsozialistischer Verfolgung. Zuvor hatte Außenminister Evangelos Averoff an den deutschen Botschafter in Athen die Bitte gerichtet, seiner Regierung zuzugestehen, über die Entschädigungssumme "mit einer gewissen Ermessensfreiheit zu verfügen, denn sonst würden die Gelder praktisch zum großen Teil an Juden und Kommunisten gehen". Letztlich erhielten einstige griechische KZ-Insassen als einmalige Zahlung 150 Mark pro im Lager verbrachten Monat. Královás Buch vermittelt einen erhellenden Eindruck von den Nachkriegsbeziehungen zwischen Griechenland und Westdeutschland. Interessant wäre es gewesen, auch zu erfahren, wie die DDR und Griechenland, die 1973 volle diplomatische Beziehungen aufnahmen, mit der Thematik der Besatzungszeit umgingen.
MICHAEL MARTENS
Mark Mazower: Griechenland unter Hitler. Das Leben während der deutschen Besatzung 1941-1944. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2016. 528 S., 26,99 [Euro].
Katerina Králová: Das Vermächtnis der Besatzung. Deutsch-griechische Beziehungen seit 1940. Böhlau Verlag, Wien 2016. 283 S., 26,99 [Euro].
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Rezensent Michael Martens hätte sich gewünscht, das Mark Mazowers Geschichte der deutschen Besatzung Griechenlands bereits früher auf dem hiesigen Buchmarkt erhältlich gewesen wäre, im Original ist das Buch schließlich schon 1995 erschienen. Dann hätte die Berliner Regierung vielleicht nicht ganz so kühl die Frage nach Reparationszahlungen für abgeschlossen erklärt. Mazower bietet ihm eine gute Einführung in das Geschehen, die deutsche Verbrechen im besetzten Griechenland schildert er ebenso kenntnisreich wie auch die Entstehung der Widerstandsgruppen. Allerdings glaubt Martens zu erkennen, dass sich Mazower sehr auf griechische Historiker stützt und dabei auch deren Tabus übernimmt. Etwa wenn es darum geht, ob die griechischen Kommunisten im Bürgerkrieg ihren verbündeten makedonischen Partisanen im Falle eines Sieges die Abspaltung gewährt hätten.
© Perlentaucher Medien GmbH
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