„Buen Camino ... du mich auch!“ von Karolin Jäger ist ein Buch, dass mich fassungslos zurückgelassen hat. Der Inhalt ist simpel: junge Frau wandert den Camino, also den 800km langen Jakobsweg, und stellt fest, dass eine Pilgerreise kein Spaziergang ist. So weit, so interessant. Dachte ich. Und lag
falsch.
Denn was mich mit dem Buch erwartete war teils ein Bericht über eine Pilgerreise, teils eine…mehr„Buen Camino ... du mich auch!“ von Karolin Jäger ist ein Buch, dass mich fassungslos zurückgelassen hat. Der Inhalt ist simpel: junge Frau wandert den Camino, also den 800km langen Jakobsweg, und stellt fest, dass eine Pilgerreise kein Spaziergang ist. So weit, so interessant. Dachte ich. Und lag falsch.
Denn was mich mit dem Buch erwartete war teils ein Bericht über eine Pilgerreise, teils eine sehr gehässige Abrechnung mit Mit-Pilgern und Menschen, die ihr unterwegs begegneten. So geht sie mit dem stalkenden „Greis“ und dem „gruseligen Inder“ ebenso ins Gericht wie mit Luxus-Pilgern, die ihr Gepäck transportieren lassen, was die Autorin (ebenso wie schnarchende Mit-Schläfer) mehrfach „zum Kotzen“ findet. Sie selbst ist allerdings schon an einem der ersten Tage ihrer Reise damit beschäftigt, ihre Augenbrauen zu zupfen, Make-up ist für sie sehr wichtig und eine Übernachtunsmöglichkeit kann sie nicht annehmen, da es dort kein Warmwasser gibt – und das an ihrem Haarwaschtag! Prioritäten – so wichtig. Mehrere Kapitel später echauffiert sie sich aber gemeinsam mit „Inka“ über „Jogi“, der seinen Rucksack transportieren lässt, im Hotel schläft und eines verließ, weil sein Zimmer keinen Fernseher hatte.
Und auch sonst konnte ich mit der Art der Autorin wenig anfangen. Nicht nur, dass sie in einer Pension aus Versehen den Schlüssel mitnimmt – sie schafft es nicht, ihn zurückzuschicken, sondern „verliert“ ihn unterwegs einfach. Eine Unverschämtheit, egal, wie schäbig die Unterkunft war! „Ich sah ein Zweieurostück durch den Schmutz auf dem Boden schimmern, aber ich ließ es liegen. Ich ließ es liegen! Es hätte meinen Rucksack nur unnötig schwerer gemacht, und ich hätte mich bücken müssen.“ Ein 2-Euro-Stück wiegt neun Gramm!
Zudem hätte ich von einer Krankenschwester mehr Vernunft im Umgang mit Schmerzmitteln und Verletzungen erwartet. Ihre Aussage „Niere und Leber wollten ja schließlich auch etwas zu tun haben“ in Bezug auf die doppelte Schmerzmittel-Dosis finde ich gefährlich. Dass sie vom überdosierten Magnesium nur Übelkeit und keinen schlimmen Durchfall bekam, war reines Glück.
Ein weiteres großes Ärgernis waren für mich ihre zum Teil holprigen Vergleiche und übertriebenen Beschreibungen. Der eine mag ihre Sprache locker und flapsig finden, ich fand ihre nach Schema-F gebauten Sätze uninspiriert und ihre Wortwahl zum Teil falsch. „Im Foyer zog ich mir mit schmerzverzerrtem Gesicht und unter jammerndem Gewinsel meine Schuhe und Socken aus“ – keine Ahnung, was das ist. „Als ich auf mein Elend hinabblickte, realisierte ich, dass meine Waden und Füße derart angeschwollen waren, dass man weder Knöchel noch Adern erkennen konnte. Ich war über Nacht an akuter Elefantitis erkrankt“ – das ist ein Schlag ins Gesicht aller, die an der Krankheit (die tatsächlich Elefantiasis heißt) leiden. Die Krankheit hat keine akute Form, ist unheilbar und nicht (wie bei der Autorin) durch Diuretika reversibel. Ebenso ist der Satz „das Zeug konnte ich jedenfalls unmöglich trinken, ohne dabei sofort an Diabetes zu erkranken“ völlig unsinnig.
Das Buch liest sich wie ein aggressiver Schulaufsatz („Diese Rücksichtslosigkeit gegenüber allen Mitschläfern schürte in mir erneut abgrundtiefen Hass“) mit gehässigen Kommentaren. Das Entsetzen über eklige Unterkünfte und Probleme beim Schlafen in Mehrbettzimmern, kann ich gut nachvollziehen, war aber zu erwarten. Das ist einer der Gründe, warum eine solche Tour für mich nicht infrage kommt. Vielleicht hätte die Autorin sich da besser belesen sollen. Sie selbst findet sich aber ziemlich toll und unfehlbar. In einer Herberge brüllt sie koreanische Frühaufsteher so lange an, bis alle im Zimmer wach sind, was sie mit einem „ist ja nicht meine Schuld“ kommentiert. Ihre Arroganz ging mir sehr schnell auf die Nerven und so hinterließ das ganze Buch bei mir einen sehr hässlichen Nachgeschmack, oder, um die Autorin zu zitieren: „That sucks“.
Von mir 2 Punkte, aber nur aus Hochachtung, weil sie den Weg komplett zurückge