CHINAS AUFSTIEG ZUR DIGITALEN SUPERMACHT
Seit einiger Zeit wappnet sich der Westen gegen konzertierte Angriffe der größten digitalen Überwachungsdiktatur der Welt. Gleichzeitig blickt man auch neidisch auf den enormen technologischen Fortschritt im Reich der Mitte, der selbst das Silicon Valley staunen lässt. Die Sinologin Kristin Shi-Kupfer entwirft in ihrem Buch ein differenziertes Bild von Chinas rasantem Weg der Digitalisierung.
Mit parteistaatlicher Unterstützung avancierten die drei großen IT-Unternehmen Baidu, Alibaba und Tencent seit Ende der 1990er Jahre schnell zu den Motoren der am dynamischsten wachsenden Digitalwirtschaft der Welt. Sie adaptierten zunächst Produkte und Geschäftsmodelle aus dem Ausland, gingen danach aber eigene Wege. Millionen von Chinesinnen und Chinesen entdeckten auf Diskussionsplattformen, in Spielen oder durch Blogs neue Möglichkeiten der Identitätsgestaltung und erlernten neue Kommunikationsforen und Formen des Austauschs. Diese Technik-Begeisterung überlagerte lange Zeit die mahnenden Stimmen, die auf die destruktiven Folgen der Digitalisierung und des flächendeckenden staatlichen Datenmissbrauchs hinwiesen. Rund um die Olympischen Sommerspiele 2008 in Beijing begann die Staats- und Parteiführung, den internationalen Informationsfluss einzuschränken, indem etwa Twitter und Facebook in China offiziell geblockt wurden, und investierte systematisch in eigene digitale Technologien. Diese Entwicklung hat unter Xi Jinping und durch den neuen "Kalten Krieg" mit den USA noch einmal Fahrt aufgenommen. Wer sind heute die zentralen Akteure auf Chinas digitalem Weg in die Zukunft? Wie abhängig sind sie von Staat und Kommunistischer Partei? Und welche Potenziale bergen die neuen Technologien für den Wunsch nach interner Öffnung und Demokratisierung? Die China- Expertin Kristin Shi-Kupfer bringt Licht ins Dunkel.
Chinas Aufstieg zur digitalen Supermacht Baidu, Alibaba und Tendent: Wie die privaten chinesischen Digital-Riesen mit der staatlichen Übermacht umgehen Die erste umfassende Studie über Chinas IT-Ingenieure und Softwareentwickler, Aktivisten und Bürgerrechtler, Wissenschaftler, Blogger und Hacker
Seit einiger Zeit wappnet sich der Westen gegen konzertierte Angriffe der größten digitalen Überwachungsdiktatur der Welt. Gleichzeitig blickt man auch neidisch auf den enormen technologischen Fortschritt im Reich der Mitte, der selbst das Silicon Valley staunen lässt. Die Sinologin Kristin Shi-Kupfer entwirft in ihrem Buch ein differenziertes Bild von Chinas rasantem Weg der Digitalisierung.
Mit parteistaatlicher Unterstützung avancierten die drei großen IT-Unternehmen Baidu, Alibaba und Tencent seit Ende der 1990er Jahre schnell zu den Motoren der am dynamischsten wachsenden Digitalwirtschaft der Welt. Sie adaptierten zunächst Produkte und Geschäftsmodelle aus dem Ausland, gingen danach aber eigene Wege. Millionen von Chinesinnen und Chinesen entdeckten auf Diskussionsplattformen, in Spielen oder durch Blogs neue Möglichkeiten der Identitätsgestaltung und erlernten neue Kommunikationsforen und Formen des Austauschs. Diese Technik-Begeisterung überlagerte lange Zeit die mahnenden Stimmen, die auf die destruktiven Folgen der Digitalisierung und des flächendeckenden staatlichen Datenmissbrauchs hinwiesen. Rund um die Olympischen Sommerspiele 2008 in Beijing begann die Staats- und Parteiführung, den internationalen Informationsfluss einzuschränken, indem etwa Twitter und Facebook in China offiziell geblockt wurden, und investierte systematisch in eigene digitale Technologien. Diese Entwicklung hat unter Xi Jinping und durch den neuen "Kalten Krieg" mit den USA noch einmal Fahrt aufgenommen. Wer sind heute die zentralen Akteure auf Chinas digitalem Weg in die Zukunft? Wie abhängig sind sie von Staat und Kommunistischer Partei? Und welche Potenziale bergen die neuen Technologien für den Wunsch nach interner Öffnung und Demokratisierung? Die China- Expertin Kristin Shi-Kupfer bringt Licht ins Dunkel.
Chinas Aufstieg zur digitalen Supermacht Baidu, Alibaba und Tendent: Wie die privaten chinesischen Digital-Riesen mit der staatlichen Übermacht umgehen Die erste umfassende Studie über Chinas IT-Ingenieure und Softwareentwickler, Aktivisten und Bürgerrechtler, Wissenschaftler, Blogger und Hacker
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Kristin Shi-Kupfers Buch wendet sich laut Rezensentin Anna Schiller gegen die Annahme, die Digitalisierung Chinas sei komplett zentralisiert. Vielmehr gibt es, so Schiller mit Shi-Kupfer, in diesem Bereich zahlreiche Akteure, von Hackern bis Unternehmern, die teils durchaus unterschiedliche Interessen vertreten, auch wenn sie dadurch oftmals ins Visier der Zentralmacht geraten. Der Rezensentin bleibt letztlich unklar, welche Schlüsse aus dieser Diagnose zu ziehen sind. Einerseits warnt die Autorin davor, dass chinesische IT-Firmen letztlich immer von der Zentralregierung abhängig sind, andererseits plädiert sie dafür, liberale Kräfte innerhalb Chinas zu stärken. Das geht für die Kritikerin nicht ganz zusammen.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 25.11.2023Vom Umgang mit der neuen Supermacht
Die Deutschen sind ihren eigenen Illusionen zu China aufgesessen - zwei Autorinnen schlagen vor, wie es besser ginge.
Von Anna Schiller
Aus politischer Sicht ist es mit China wie mit dem Klimawandel. Alle wissen, dass da etwas auf uns zukommt. Eigentlich müsste sich die Politik dringend darum kümmern. Aber immer kommt eine wichtigere Krise dazwischen (die Pandemie, die Kriege). Wahlen lassen sich mit dem Thema auch nicht gewinnen.
Dieser Umstand hat die Sinologin Janka Oertel dazu bewogen, ein aufrüttelndes Buch zu schreiben - und darin das "Ende der China-Illusion" einzuleiten. Nun sind Sinologen nicht unbedingt dafür bekannt, in die Öffentlichkeit zu drängen. Oertel selbst schreibt, der Wissenschaft sei lange daran gelegen gewesen, Neutralität und Besonnenheit auszustrahlen. Wenn eine von ihnen Alarm schlägt, lohnt es sich also hinzuhören.
Oertel, die das Asienprogramm der Denkfabrik European Council on Foreign Relations leitet, warnt: "Die chinesische Führung unter Xi stellt mit alternativen globalen Ordnungsvorstellungen, Missachtung individueller Rechte und subventionsgetränktem Staatskapitalismus Deutschlands wirtschaftliches und damit auch sein gesellschaftliches und politisches Fundament infrage." Dass es so weit kommen konnte, haben wir uns laut Oertel selbst zu verdanken, weil wir uns im Blick auf China vielen Illusionen hingegeben haben. Diese suggerierten uns, "dass entweder kein Handlungsdruck besteht oder dass wir es mit alternativlosen Umständen zu tun haben". Die große Stärke des Buches ist es, dass Oertel nicht moralisch argumentiert, sondern Rückschlüsse aus dem bisherigen Verhalten der chinesischen Führung zieht.
In sieben Kapiteln seziert sie eine Illusion nach der anderen. Zum Beispiel die Annahme, die Kommunistische Partei sei auf wirtschaftliches Wachstum angewiesen, um ihre Macht zu legitimieren, und handele deswegen stets rational. Oertel schreibt, die Partei sei im Gegenteil immer wieder willens gewesen, "wirtschaftliche Verluste für den Erhalt der Macht in Kauf zu nehmen". Sie erinnert an Maos Großen Sprung nach vorne und die Kulturrevolution, denen Millionen Menschen zum Opfer fielen. Oder die erratische Null-Covid-Politik Xi Jinpings, die Wirtschaft und Leben in China zum Erliegen brachte - und dafür sorgte, dass Fahrradwege desinfiziert und tiefgefrorene Fische auf Covid getestet wurden.
Eine weitere Fehlannahme lautet, so Oertel, dass China keinen Systemwettbewerb wolle. Oertel schreibt hingegen über die Volksrepublik: "Die reine Existenz eines funktionierenden, machtvollen, liberalen Alternativmodells wird als Bedrohung der eigenen Herrschaftsgrundlage wahrgenommen (...)." Das westliche System politischer und gesellschaftlicher Ordnung lehne die chinesische Führung daher offen ab. Um seine Ausgangslage im Systemwettstreit zu verbessern, baue Peking unter anderem seinen Einfluss in internationalen Organisationen aus. Oertel nennt etwa die UN-Ernährungsorganisation FAO als Beispiel. Eine ARD-Recherche legte im Juni Unregelmäßigkeiten bei der Wahl des Generaldirektors Qu Dongyu 2019 offen. Seit seiner Amtsübernahme gingen viele wichtige Posten in der Organisation an Chinesen.
Zum chinesischen Ordnungsmodell gehört laut Oertel auch die digitale Kontrolle. Diesem Aspekt widmet sich die Sinologin Kristin Shi-Kupfer in ihrem Buch "Digit@l China" genauer. Shi-Kupfer ist Professorin an der Universität Trier und für das China-Institut Merics tätig. Sie kritisiert, dass Chinas Digitalisierung im Ausland gemeinhin als von der chinesischen Führung gesteuert wahrgenommen werde. Die chinesische Bevölkerung käme "nur als unterstützende Masse, getriebene Mitläufer oder heroische Einzelkämpfer" vor. Daher widmet sie sich den Lebensläufen chinesischer Aktivisten, Hacker, Influencer, IT-Unternehmer und Beamter, die Chinas Digitalisierung "aktiv mitgestaltet" hätten. Die Porträtierten, etwa die Erfinderin des sozialen Bonitätssystems Huang Wenyun oder die Internetunternehmerin Lucy Peng, verfügen in der Beschreibung Shi-Kupfers über Innovationsgeist, müssen ihre Ideen jedoch oftmals gegen Chinas autoritäres - und unberechenbares - System verteidigen. Die Autorin kommt daher zu dem Schluss: "Die Dynamiken und Effekte des digitalen China waren, sind und werden durch Wendungen und Brüche gezeichnet."
Doch welche Schlüsse lassen sich daraus für den Umgang mit der Volksrepublik ziehen? In diesem Punkt bleibt Shi-Kupfer vage. Sie plädiert im Blick auf China für eine "Perspektive der Ambivalenz". Auf der einen Seite stehen bei ihr Überlegungen zur Sicherheit, etwa dass chinesische IT-Unternehmen im Krisenfall "letztlich immer unter dem Befehlsdruck der Kommunistischen Partei" stünden. Shi-Kupfer leitet daraus jedoch keine direkte Empfehlung für die Zusammenarbeit mit chinesischen Technologieunternehmen ab. Auf der anderen Seite mahnt Shi-Kupfer, Chinesen, "die gegenüber liberal-demokratischen Strukturen offen sind", auch als Verbündete zu begreifen.
Oertel hingegen macht konkrete Vorschläge für die deutsche China-Politik. Einfach abzuwarten ist für sie die denkbar schlechteste Strategie im Umgang mit Peking. Die Wirtschaft will sie stärker in die Verantwortung nehmen. Es reiche nicht, "deutsche Unternehmen nur freundlich zu bitten, sich doch einmal ihr China-Risiko anzuschauen", schreibt Oertel. Wenn es die politische Einschätzung gebe, dass in einem Bereich zu große Abhängigkeit von China bestehe, müsse eine politische Entscheidung dazu führen, dies zu ändern. Im internationalen Wettbewerb verlangt Oertel von uns mehr Selbstbewusstsein. Deutschland sei ein attraktiver Partner "nicht trotz der demokratischen Strukturen und kontroversen Debatte, sondern gerade deswegen". Wenn wir schon nicht sagen wollten, dass wir den Systemwettbewerb gewinnen wollen, sollte aus Oertels Sicht "zumindest Einigkeit darüber bestehen, dass man ihn lieber nicht verlieren sollte".
Dass gerade die Einschränkungen für die Wirtschaft zu einem Preis kommen werden, verschweigt Oertel nicht. Doch sie traut es der Politik zu, den Bürgern einen Kurswechsel in der China-Politik und dessen Folgen zu vermitteln. Zumal uns die Folgen des Nichtstuns wie beim Klimawandel teuer zu stehen kommen könnten. Die Bundesregierung habe alle Zutaten in der Hand, schreibt Oertel - sie muss sich nur trauen, sich dieser auch zu bedienen.
Janka Oertel: Ende der China-Illusion. Wie wir mit Pekings Machtanspruch umgehen müssen.
Piper Verlag, München 2023. 304 S., 24,- Euro.
Kristin Shi-Kupfer: Digit@l China. Überwachungsdiktatur und technologische Avantgarde.
C. H. Beck Verlag, München 2023. 190 S., 16,- Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Die Deutschen sind ihren eigenen Illusionen zu China aufgesessen - zwei Autorinnen schlagen vor, wie es besser ginge.
Von Anna Schiller
Aus politischer Sicht ist es mit China wie mit dem Klimawandel. Alle wissen, dass da etwas auf uns zukommt. Eigentlich müsste sich die Politik dringend darum kümmern. Aber immer kommt eine wichtigere Krise dazwischen (die Pandemie, die Kriege). Wahlen lassen sich mit dem Thema auch nicht gewinnen.
Dieser Umstand hat die Sinologin Janka Oertel dazu bewogen, ein aufrüttelndes Buch zu schreiben - und darin das "Ende der China-Illusion" einzuleiten. Nun sind Sinologen nicht unbedingt dafür bekannt, in die Öffentlichkeit zu drängen. Oertel selbst schreibt, der Wissenschaft sei lange daran gelegen gewesen, Neutralität und Besonnenheit auszustrahlen. Wenn eine von ihnen Alarm schlägt, lohnt es sich also hinzuhören.
Oertel, die das Asienprogramm der Denkfabrik European Council on Foreign Relations leitet, warnt: "Die chinesische Führung unter Xi stellt mit alternativen globalen Ordnungsvorstellungen, Missachtung individueller Rechte und subventionsgetränktem Staatskapitalismus Deutschlands wirtschaftliches und damit auch sein gesellschaftliches und politisches Fundament infrage." Dass es so weit kommen konnte, haben wir uns laut Oertel selbst zu verdanken, weil wir uns im Blick auf China vielen Illusionen hingegeben haben. Diese suggerierten uns, "dass entweder kein Handlungsdruck besteht oder dass wir es mit alternativlosen Umständen zu tun haben". Die große Stärke des Buches ist es, dass Oertel nicht moralisch argumentiert, sondern Rückschlüsse aus dem bisherigen Verhalten der chinesischen Führung zieht.
In sieben Kapiteln seziert sie eine Illusion nach der anderen. Zum Beispiel die Annahme, die Kommunistische Partei sei auf wirtschaftliches Wachstum angewiesen, um ihre Macht zu legitimieren, und handele deswegen stets rational. Oertel schreibt, die Partei sei im Gegenteil immer wieder willens gewesen, "wirtschaftliche Verluste für den Erhalt der Macht in Kauf zu nehmen". Sie erinnert an Maos Großen Sprung nach vorne und die Kulturrevolution, denen Millionen Menschen zum Opfer fielen. Oder die erratische Null-Covid-Politik Xi Jinpings, die Wirtschaft und Leben in China zum Erliegen brachte - und dafür sorgte, dass Fahrradwege desinfiziert und tiefgefrorene Fische auf Covid getestet wurden.
Eine weitere Fehlannahme lautet, so Oertel, dass China keinen Systemwettbewerb wolle. Oertel schreibt hingegen über die Volksrepublik: "Die reine Existenz eines funktionierenden, machtvollen, liberalen Alternativmodells wird als Bedrohung der eigenen Herrschaftsgrundlage wahrgenommen (...)." Das westliche System politischer und gesellschaftlicher Ordnung lehne die chinesische Führung daher offen ab. Um seine Ausgangslage im Systemwettstreit zu verbessern, baue Peking unter anderem seinen Einfluss in internationalen Organisationen aus. Oertel nennt etwa die UN-Ernährungsorganisation FAO als Beispiel. Eine ARD-Recherche legte im Juni Unregelmäßigkeiten bei der Wahl des Generaldirektors Qu Dongyu 2019 offen. Seit seiner Amtsübernahme gingen viele wichtige Posten in der Organisation an Chinesen.
Zum chinesischen Ordnungsmodell gehört laut Oertel auch die digitale Kontrolle. Diesem Aspekt widmet sich die Sinologin Kristin Shi-Kupfer in ihrem Buch "Digit@l China" genauer. Shi-Kupfer ist Professorin an der Universität Trier und für das China-Institut Merics tätig. Sie kritisiert, dass Chinas Digitalisierung im Ausland gemeinhin als von der chinesischen Führung gesteuert wahrgenommen werde. Die chinesische Bevölkerung käme "nur als unterstützende Masse, getriebene Mitläufer oder heroische Einzelkämpfer" vor. Daher widmet sie sich den Lebensläufen chinesischer Aktivisten, Hacker, Influencer, IT-Unternehmer und Beamter, die Chinas Digitalisierung "aktiv mitgestaltet" hätten. Die Porträtierten, etwa die Erfinderin des sozialen Bonitätssystems Huang Wenyun oder die Internetunternehmerin Lucy Peng, verfügen in der Beschreibung Shi-Kupfers über Innovationsgeist, müssen ihre Ideen jedoch oftmals gegen Chinas autoritäres - und unberechenbares - System verteidigen. Die Autorin kommt daher zu dem Schluss: "Die Dynamiken und Effekte des digitalen China waren, sind und werden durch Wendungen und Brüche gezeichnet."
Doch welche Schlüsse lassen sich daraus für den Umgang mit der Volksrepublik ziehen? In diesem Punkt bleibt Shi-Kupfer vage. Sie plädiert im Blick auf China für eine "Perspektive der Ambivalenz". Auf der einen Seite stehen bei ihr Überlegungen zur Sicherheit, etwa dass chinesische IT-Unternehmen im Krisenfall "letztlich immer unter dem Befehlsdruck der Kommunistischen Partei" stünden. Shi-Kupfer leitet daraus jedoch keine direkte Empfehlung für die Zusammenarbeit mit chinesischen Technologieunternehmen ab. Auf der anderen Seite mahnt Shi-Kupfer, Chinesen, "die gegenüber liberal-demokratischen Strukturen offen sind", auch als Verbündete zu begreifen.
Oertel hingegen macht konkrete Vorschläge für die deutsche China-Politik. Einfach abzuwarten ist für sie die denkbar schlechteste Strategie im Umgang mit Peking. Die Wirtschaft will sie stärker in die Verantwortung nehmen. Es reiche nicht, "deutsche Unternehmen nur freundlich zu bitten, sich doch einmal ihr China-Risiko anzuschauen", schreibt Oertel. Wenn es die politische Einschätzung gebe, dass in einem Bereich zu große Abhängigkeit von China bestehe, müsse eine politische Entscheidung dazu führen, dies zu ändern. Im internationalen Wettbewerb verlangt Oertel von uns mehr Selbstbewusstsein. Deutschland sei ein attraktiver Partner "nicht trotz der demokratischen Strukturen und kontroversen Debatte, sondern gerade deswegen". Wenn wir schon nicht sagen wollten, dass wir den Systemwettbewerb gewinnen wollen, sollte aus Oertels Sicht "zumindest Einigkeit darüber bestehen, dass man ihn lieber nicht verlieren sollte".
Dass gerade die Einschränkungen für die Wirtschaft zu einem Preis kommen werden, verschweigt Oertel nicht. Doch sie traut es der Politik zu, den Bürgern einen Kurswechsel in der China-Politik und dessen Folgen zu vermitteln. Zumal uns die Folgen des Nichtstuns wie beim Klimawandel teuer zu stehen kommen könnten. Die Bundesregierung habe alle Zutaten in der Hand, schreibt Oertel - sie muss sich nur trauen, sich dieser auch zu bedienen.
Janka Oertel: Ende der China-Illusion. Wie wir mit Pekings Machtanspruch umgehen müssen.
Piper Verlag, München 2023. 304 S., 24,- Euro.
Kristin Shi-Kupfer: Digit@l China. Überwachungsdiktatur und technologische Avantgarde.
C. H. Beck Verlag, München 2023. 190 S., 16,- Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
"Shi-Kupfer gibt dieser Digitalisierung nicht nur ein Gesicht, sondern sie erläutert auch, wie komplex diese Verhältnisse sind ... Erhellendes Buch."
Deutschlandfunk Kultur Lesart, Vera Linß
"Deutschlands beste Kennerin der chinesischen Digitalisierung lässt hier tief in die Welten der unterschiedlichsten Akteur:innen blicken."
PAGE
"Widmet sich den Lebensläufen chinesischer Aktivisten, Hacker, Influencer, IT-Unternehmer und Beamter, die Chinas Digitalisierung 'aktiv mitgestaltet' hätten."
Frankfurter Allgemeine Zeitung, Anna Schiller
Deutschlandfunk Kultur Lesart, Vera Linß
"Deutschlands beste Kennerin der chinesischen Digitalisierung lässt hier tief in die Welten der unterschiedlichsten Akteur:innen blicken."
PAGE
"Widmet sich den Lebensläufen chinesischer Aktivisten, Hacker, Influencer, IT-Unternehmer und Beamter, die Chinas Digitalisierung 'aktiv mitgestaltet' hätten."
Frankfurter Allgemeine Zeitung, Anna Schiller