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"Die Windsors der Deutschen" Marcel Reich-Ranicki
Thomas Mann, von seiner Familie auch "Zauberer" genannt, wurde als Romancier und NS-Gegner der berühmteste deutsche Schriftsteller des 20. Jahrhunderts. Seit Heinrich Breloers TV-Film "Die Manns" und den Veröffentlichungen von Tilmann Lahme gerät auch seine ungewöhnliche Familie zunehmend ins Blickfeld des öffentlichen Interesses. Hier kommen sie selbst zu Wort, die mit ihren Reden, Vorträgen und Gesprächen Zeitgeschichte geschrieben haben. Und der Hörer? Der hört - und staunt über die Unmittelbarkeit und Aktualität der Dokumente, erfreut…mehr

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Produktbeschreibung
"Die Windsors der Deutschen" Marcel Reich-Ranicki

Thomas Mann, von seiner Familie auch "Zauberer" genannt, wurde als Romancier und NS-Gegner der berühmteste deutsche Schriftsteller des 20. Jahrhunderts. Seit Heinrich Breloers TV-Film "Die Manns" und den Veröffentlichungen von Tilmann Lahme gerät auch seine ungewöhnliche Familie zunehmend ins Blickfeld des öffentlichen Interesses. Hier kommen sie selbst zu Wort, die mit ihren Reden, Vorträgen und Gesprächen Zeitgeschichte geschrieben haben. Und der Hörer? Der hört - und staunt über die Unmittelbarkeit und Aktualität der Dokumente, erfreut sich an der großen Familiensaga und an dem reichhaltigen Fundus, den die beiden O-Ton-Spezialisten Kurt Kreiler und Robert Galitz zusammengetragen haben. Die Geschichte einer Familie, die gleichzeitig authentisch und mitreißend von der Geschichte Deutschlands erzählt.

Zu den in der Edition versammelten Dokumenten gehören u. a. unbekannte Reden, Radiobeiträge und Interviews Thomas Manns, Katias gesprochene Memoiren, Klaus' Vortrag über André Gide, Erikas kabarettistische Improvisationen, Golos Erinnerungen an den Vater, Monikas Impressionen aus Capri, ein Fragment aus Michaels Vortrag über Erik Satie und ein Rundfunkbeitrag Elisabeth Manns.

Enthält:

Thomas Mann: Reden und Rundfunkbeiträge 1929-1955

Katia Mann: Ungeschriebene Memoiren

Klaus Mann: You can't go home again/ Vortrag über André Gide

Erika Mann: Die Pfeffermühle

Golo Mann: Erinnerungen an meinen Vater

Monika Mann: Skizzen

Elisabeth Mann-Borgese: Gespräche

Michael Mann: Vortrag

u. a.

(17 CDs und 1 DVD, Laufzeit: 21h 56)
Trackliste
CD + DVD Video 1
1Thomas Mann: Neujahrswunsch an die Menschheit00:00:14
2Thomas Mann: Neujahrswunsch an die Menschheit00:05:20
3Thomas Mann: Goethe als Repräsentant des bürgerlichen Zeitalters00:07:44
4Thomas Mann: Über die Entstehung der Buddenbrooks00:06:50
5Thomas Mann: Über die Entstehung der Buddenbrooks00:06:30
6Thomas Mann: An den Dekan der Universität Bonn00:04:32
7Thomas Mann: An den Dekan der Universität Bonn00:04:13
8Thomas Mann: The dangers facing democracy00:06:53
9Erika Mann: Life under air raid in London00:06:21
10Thomas Mann: "Deutsche Hörer! Was ich aus der Ferne zu sagen hatte..."00:04:34
11Thomas Mann: "Deutsche Hörer! Was ich aus der Ferne zu sagen hatte..."00:03:55
12Thomas Mann: "Deutsche Hörer! Dem, der heute wieder zu euch spricht..."00:07:57
13Thomas Mann: The theme of the "Joseph" novels, introduction00:04:38
14Thomas Mann: The theme of the "Joseph" novels, introduction00:04:17
15Thomas Mann: "Deutsche Hörer! Ein düsteres Jubiläum will begangen sein..."00:06:27
CD + DVD Video 2
1Thomas Mann: The war and the future00:06:25
2Thomas Mann: The war and the future00:05:59
3Thomas Mann: The war and the future00:07:19
4Thomas Mann: The war and the future00:06:06
5Thomas Mann: "Deutsche Hörer! Zu Anfang des Krieges, als die Engländer Deutschland..."00:08:00
6Golo Mann: "Das Ruhrgebiet wird zum Schlachtfeld werden"00:04:29
7Golo Mann: "Das Ruhrgebiet wird zum Schlachtfeld werden"00:04:00
8Golo Mann: "Alles ein einziger, gigantischer Wilsonschwindel00:08:16
9Golo Mann: "In Köln kommen die Leute aus ihren Kellern hervor"00:01:50
10Thomas Mann: "Deutsche Hörer! Wie bitter ist es, wenn der Jubel der Welt..."00:06:34
11Thomas Mann: Germany and the Germans00:05:42
12Thomas Mann: Germany and the Germans00:04:15
CD + DVD Video 3
1Erika Mann: Reportage über die Nürnberger Prozesse00:07:27
2Erika Mann: Reportage über die Nürnberger Prozesse00:06:30
3Erika Mann: Gespräch mit Albert Rösler00:04:18
4Erika Mann: Gespräch mit Albert Rösler00:04:23
5Thomas Mann: Meet the author00:07:27
6Thomas Mann: Meet the author00:06:31
7Thomas Mann: Über neuen Humanismus in Europa. Interview in Amsterdam00:03:14
8Kaus Mann: "You can't go home again"00:05:13
9Kaus Mann: "You can't go home again"00:05:06
10Kaus Mann: "You can't go home again"00:05:50
11Kaus Mann: "You can't go home again"00:05:09
12Klaus Mann: Über das gegenwärtige Kulturleben in Berlin00:04:04
13Klaus Mann: Vortrag über André Gide00:08:15
14Klaus Mann: Vortrag über André Gide00:05:45
Rezensionen

buecher-magazin.de - Rezension
buecher-magazin.de

Thomas Mann, einer der berühmtesten deutschen Schriftsteller des 20. Jahrhunderts, wurde von seiner Familie wohlwollend-kritisch, liebevoll-distanziert der "Zauberer" genannt. Viel gibt es von ihm zu lesen, nun ist er und sein Familienkreis auch zu hören. Zu verdanken haben wir dies Robert Galitz und Kurt Kreiler, die Tondokumente von den Manns aus den Jahren 1929 bis 2000 gesammelt haben. Unbekannte Reden, Radiobeiträge und Interviews? von Thomas, Katja, Klaus, Golo und den anderen. Angefangen beim "Neujahrswunsch an die Menschheit" von 1929, beendet mit einem Interview mit Elisabeth Mann aus dem Jahre 2000. Sie sind zu hören, mit ihren Stimmen und Stimmungen, diese "Windsors der Deutschen". Bei den frühen Aufnahmen knistert es, die Patina der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts hat sich über die Aufnahmen gelegt. So wird man Zeuge der schwierigen deutschen Vergangenheit, aber auch der Aufbrüche in ein demokratisches Deutschland. Es sind zeithistorische Aufnahmen mit zeitlosem Charakter. Man wünscht sich solche Intellektuelle auch in heutiger Zeit, damit sie Orientierung geben können. Ein Riesenkompliment an den Hörverlag für dieses Geschenk!

© BÜCHERmagazin, Michael Knoll (kn)

Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

Diese auf siebzehn CDs verteilten 1316 Minuten Original-Mann-Sound haben Rezensent Michael Hesse größtes Vergnügen bereitet. Zwischen Vorträgen und Radio-Interviews, darunter eine Diskussion zwischen Erika Mann und Adorno zum Thema Emigration aus Europa oder ein Interview des als Reporter im Dienst der Armee von General Clark tätigen Klaus Manns und Hermann Göring, erfährt der Kritiker hier auch allerhand Privates: Dass Katia als "Firewall" dafür sorgte, dass Thomas Mann erst spät vom Ausbruch des Zweiten Weltkriegs oder der Entfernung seiner halben  Lunge bei einer Operation erfuhr, hört der Rezensent hier ebenso, wie er mitbekommt, dass Michael Mann seinen Hund tötete oder die Schwester von Yehudi Menuhin attackierte. Nicht zuletzt bewundert der Kritiker die enorme Rechercheleistung der Herausgeber Robert Galitz und Kurt Kreiler.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 10.10.2017

Riss
mit dem
Land
„Du spielst deutsche Lieder?“
Die Ton- und Filmdokumente der Familie
Mann umspannen ein Zeitalter.
Sie lassen ein großes
vaterländisches Gespräch hören
VON GUSTAV SEIBT
In Amerika, während des Zweiten Weltkriegs, pflegte Erika Mann ihrem Vater zu den abendlichen Lektürestunden Schallplattenkonzerte zusammenzustellen, und zwar so, dass die Musik aus einem Nebenzimmer kam. Wenn sie ihn besonders berührte, setzte sich Thomas Mann zu seiner Tochter. Einmal hatte sie romantische Lieder ausgesucht. „Du spielst deutsche Lieder?“, fragte er verwundert. „Gott segne unsere Waffen.“ Es waren die amerikanischen Waffen, die Thomas Mann in diesem Moment meinte. So erzählte es Erika 1968 einer Schweizer Reporterin.
Das Gespräch ist Teil einer Sammlung von Ton- und Filmdokumenten des „Zauberers“ und seiner Familie, die hier oft nach Jahrzehnten zum ersten Mal wieder zugänglich werden. Sie umspannen das Zeitalter von 1929 bis 2000. Von einem Zeitalter muss man hier reden. Es beginnt fast gleichzeitig mit der Erfindung des Rundfunks und des Tonfilms und es endet mit Elisabeth, der jüngsten Tochter Thomas Mann, die als uraltes Mädchen zur Heldin von Hans Breloers Filmepos zu den Manns wurde. Dabei war Elisabeth schon 1919 eine kleine Heldin gewesen, in der Versidylle „Gesang vom Kindchen“.
Wer sich auf die annähernd zwanzig Stunden dieser Sammlung von Reden, Vorträgen und Interviews einlässt, am besten chronologisch, durchquert auch eine Epoche der Weltgeschichte. Denn die Motive berühren und steigern sich. Kurz nach der amerikanischen Schallplattenstunde hielt Thomas Mann zu seinem 70. Geburtstag auf Englisch seine Rede über „Deutschland und die Deutschen“ – wir hören Auszüge, steif und diszipliniert in der fremden Sprache das Betriebsgeheimnis von Größe und Untergang darlegend: „Das böse Deutschland, das ist das fehlgegangene gute.“ Thomas Mann wollte zunächst nicht zurück in sein Vaterland, ja er bekannte sich immer noch zu dem Hass, den er gegen alles fühlte, was während seiner Abwesenheit in Deutschland geschehen war, und sei es feiges Abseitsstehen. „Deutsche Hörer!“, auch diese Kampfreden kann man in Teilen noch einmal hören. Doch dann kam er eben doch, zum Goethe-Jahr 1949, und er „stellte sich“.
Wenn eine repräsentative geistige Existenz einen Sinn hat, dann erweist er sich in einem solchen Moment. Und wirklich: Man sollte es hören, nicht nur lesen, wie Thomas Mann, schon merklich fragil, mit höchster Anspannung, aber makellos artikulierend, den Moment in der Frankfurter Paulskirche in Worte fasst. Die Spannung auch im Saal ist fast mit Händen zu greifen, dort sitzt ja überwiegend das daheim gebliebene, mit allen Ambivalenzen der Schuld, Mitschuld, der Leiden gezeichnete Land in seinen führenden Repräsentanten. Der Rundfunk überträgt. Die Bundesrepublik war erst acht Wochen zuvor gegründet worden, alles war unsicher. Und da sprach der größte jener Deutschen, die nicht mitgetan hatten.
„Wie mir zumute ist beim Wiedersehen mit dem Altvertraut-Vergangenen, das mir nach sechzehn von Geschehen überfüllten Jahren wieder Gegenwart und Wirklichkeit wird, – ich versuche gar nicht, es Ihnen anzudeuten“, so gleich zu Beginn. „Die Erschütterung wird mir zuteil, die vor mir andere Emigranten beim Wiederbetreten des heimischen Bodens erfuhren, und die ihnen im Bilde von den Gesichtern abzulesen war.“
Das ist der Augenblick, um den eigentlich alle diese Reden, Gespräche, Erinnerungen kreisen: der Riss mit Deutschland, der Kampf, die Heimkehr, die Versöhnung. Aus dem großen Drama wurde ein unerschöpflicher Erinnerungsstoff, und wer die Nach- und Neuerzählungen durchhört, erlebt, wie es noch im 20. Jahrhundert möglich war, in einem Epos zu leben.
Das Epos ist gewaltig, aber es entbehrt nicht des Humors. Die Kinder der Manns, sie haben sich in den großen Kampf gegen das Böse auch mit komödiantischer Lust gestürzt, mit diebischem Spaß. Da interviewt Golo Mann als amerikanischer Reporter seine Schwester Erika als „Miss Mann“. Klaus Mann besucht den uralten Richard Strauß in Garmisch, der sich über kleinere Einschränkungen inmitten des Weltenbrands beklagt. Erika beobachtet die Gefangenen von Nürnberg in grotesken Anzügen, hektisch Notizen machend. Die älteste Tochter ist, wie sie sagt „ein Aff’“, sie lernt Sprachen und Dialekte im Flug, spricht vornehmes British English, redet aber in ihrer parodistischen Radiosendung „Das Wort im Gebirge“ auch derbes Bayerisch in zwei Rollen, einem Herrn Roßköderer und einer Frau Motzknödel.
Heitere Überraschungen hier: Es gibt ein „Wort im Gebirge“ zu Max Horkheimers Rektoratseinführung in Frankfurt. Eine Sendung zu Thomas Manns 80. Geburtstag thematisiert im komischen Durchgang durchs Lebenswerk bei der erfundenen Novelle „Tod in Weimar“ mit gut gespieltem Unverständnis das „Schwüle“ der Geschichte: Ein Bub verliebt sich in einen alten Mann, ts, ts; Frau Motzknödel kann nicht folgen.
Oder die Ironie: Katia mokiert sich noch vierzig Jahre nach dem Aufruf der Richard-Wagner-Stadt München von 1933, der die Manns aus Deutschland vertrieb, über die Formulierung vom „wertbeständigen Geistesriesen“, den Thomas geschändet habe. Wer das lange Radiogespräch von 1958 zwischen Erika Mann und Adorno über die Erfahrungen im Exil durchhört, bekommt auch Einiges zu lachen, wenn Adorno zu einem frühen Max Goldt wird, der mit Alltagsbeobachtungen punktet.
Der zweite Rührungshöhepunkt ist die Schiller-Rede, die Thomas Mann 1955 in Stuttgart und Weimar hielt. Die melodische Begeisterung, mit der er dabei die Distichen über „Das Glück“ vorträgt, die er zuvor als Liebeserklärung an Goethe entschlüsselt hatte, schließt die deutsche Wunde. Man muss das zusammennehmen mit dem „Hass“, zu dem er sich zehn Jahre davor noch bekannt hatte, um den patriotischen Augenblick in seiner Abgründigkeit zu ermessen.
Dieses riesige Deutschland-Gespräch, das mit seinen Lübecker Rückblicken – 1955 konnte Thomas Mann noch für die Ehrenbürgerwürde in seiner Heimatstadt danken – ein ganzes Jahrhundert umfasst, kommt im richtigen Moment. Es zeigt das gute Deutschland, das um das böse weiß und es darum gerettet hat.
Der Kreis des Zauberers. Thomas Mann und Familie. Herausgegeben von Kurt Kreiler und Robert Galitz. 17 CD und 1 DVD, zusammen ca. 20 Stunden. Der Hörverlag, München 2017. 62 Euro.
„Das böse Deutschland,
das ist das
fehlgegangene gute.“
Ein Rührungshöhepunkt ist die
Schiller-Rede, 1955 in Stuttgart
und Weimar gehalten
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»(...) ein einzigartiges, aufregendes Hörporträt dieser deutschen Intellektuellen-Familie.« Alexander Cammann in Die ZEIT