Ein geteiltes Leben im Fokus
Dreieich-Zeitung 14. Februar 2007
Als Rolf Idler bei den letzten Sätzen der Textpassage aus „Mein geteiltes Leben“ angelangt war, herrschte im Obergeschoss der „Kulturscheuer“ eine dermaßen gespannte Stille, dass die Zuhörer wahrscheinlich eine Stecknadel zu Boden
fallen gehört hätten. Die Besucher schienen in gleichem Maße in den Text vertieft, wie der ehemalige…mehrEin geteiltes Leben im Fokus
Dreieich-Zeitung 14. Februar 2007
Als Rolf Idler bei den letzten Sätzen der Textpassage aus „Mein geteiltes Leben“ angelangt war, herrschte im Obergeschoss der „Kulturscheuer“ eine dermaßen gespannte Stille, dass die Zuhörer wahrscheinlich eine Stecknadel zu Boden fallen gehört hätten. Die Besucher schienen in gleichem Maße in den Text vertieft, wie der ehemalige Schauspieler, der mit seiner ausdrucksstarken Stimme der Lesung ein besonderes Flair verliehen hatte. Dabei schien das Publikum sowohl vom literarischen Talent des Egelsbacher Autors Hans-Peter Gaußmann als auch von der alles andere als alltäglichen Geschichte beeindruckt, der sie bis dato gelauscht hatten.
Denn ein Roman über einen Mann, der als Heranwachsender die Besonderheit seiner Bisexualität entdeckt und im Verlauf des Buches das Scheitern seines Doppellebens erklärt, klingt gemeinhin bereits nach einer abstrakten Geschichte im Andenken an Arthur Schnitzlers „Traumnovelle“. Dass ein Rentner aus Egelsbach der Autor dieser Story sein soll, die nebenbei noch mit einem Mord und ausweglosen Drogenproblemen aufwartet, erscheint jedoch fast schon illusorisch. Dass der Rentner, der sich selbst als „blutigen Anfänger“ bezeichnet, als „Erstling“ gleich ein 478 Seiten starkes Epos veröffentlichen würde, hätte er sich anfangs wahrscheinlich selbst kaum träumen lassen.
Verleger R.O. Cornelius-Hahn bescheinigte dem Erstlingswerk anlässlich der Buchpremiere in der vergangenen Woche ein „ungeheures Maß an Talent, Kraft und Ehrgeiz“, was nicht gerade selbstverständlich für die ersten Schritte auf dem literarischen Parkett wäre. Die Geschichte selbst sei mit einem „kleinen Schuss Biographie und einer gehörigen Portion Fiktion“ ausgestattet, so Gaußmann. Neben der aufreibenden Geschichte des Protagonisten Paul-Peter Gauß zeichnet der Autor im Übrigen auch ein authentisches Gesellschaftsbild der letzten 60 Jahre.
Daniel Wolf Redakteur