
Iwa Pesuaschwili
Broschiertes Buch
Müllschlucker
Verloren in Tiflis
Übersetzung: Mikeladse-Bachsoliani, Natia
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9. April, nationaler Gedenktag in Tiflis, Georgien. Gena versucht, einen weiteren Tag in seinem gescheiterten Leben zu bewältigen. Seine Frau Mila, die jegliche Hoffnung auf ihren Mann verloren hat, plant eine Zukunft ohne ihn. Tochter Zema, die bei der Polizei arbeitet, beschließt, dass Rache ihr einziges Lebensziel ist. Sohn Lazare will Rapper werden und vertritt linke Ideale, ist jedoch plötzlich gezwungen, seine Prinzipien aufzugeben.Iwa Pesuaschwili schildert das Schicksal der armenischen Familie Simonyan, die in den 90er Jahren vor dem Krieg in Karabach nach Tiflis flieht, in eine Sta...
9. April, nationaler Gedenktag in Tiflis, Georgien. Gena versucht, einen weiteren Tag in seinem gescheiterten Leben zu bewältigen. Seine Frau Mila, die jegliche Hoffnung auf ihren Mann verloren hat, plant eine Zukunft ohne ihn. Tochter Zema, die bei der Polizei arbeitet, beschließt, dass Rache ihr einziges Lebensziel ist. Sohn Lazare will Rapper werden und vertritt linke Ideale, ist jedoch plötzlich gezwungen, seine Prinzipien aufzugeben.Iwa Pesuaschwili schildert das Schicksal der armenischen Familie Simonyan, die in den 90er Jahren vor dem Krieg in Karabach nach Tiflis flieht, in eine Stadt voller Korruption, Gewalt und schmutziger Politik. Die Handlung entwickelt sich innerhalb eines Tages, an dem alle Konflikte, Dramen und Herausforderungen gleichzeitig über die Familie hereinbrechen. Und obendrein beginnen die Dämonen aus ihrer Vergangenheit zu erwachen und hindern sie daran, rationale Entscheidungen zu treffen ...Pesuaschwilis Roman ist eine Familiensaga gerafft auf einen Tag und vier Personen, aus deren stündlich wechselnden Perspektiven und Gedankenflüssen ein dynamischer Reigen der postsowjetischen Realität entsteht. Der sowjetische Müllschlucker mit seinem "beißend stinkenden Drachenschlund" wird zum Symbol der so langsam verwesenden kommunistischen Mentalität.
Iwa Pesuaschwili, geb. 1990, ist Schriftsteller und Drehbuchautor. Er ist Autor mehrerer TV-Dokumentarfilme. Seit 2012 veröffentlicht er seine Geschichten in Zeitschriften. 2014 debütierte er mit seinem Erzählungsband "Ich habe es versucht". 2018 wurde sein erster Roman "Das Evangelium des Herunterkommens" für alle wichtigen georgischen Literaturpreise nominiert. Mit dem vorliegenden Roman "Müllschlucker" gewann er den EUPL 2022 und weitere Literaturpreise, darunter den Tsinandali-Preis für die beste Prosa und 2021 den Sonderpreis der Jury des SABA-Preises.
Produktbeschreibung
- Verlag: Mitteldeutscher Verlag
- Seitenzahl: 144
- Erscheinungstermin: September 2024
- Deutsch
- Abmessung: 209mm x 133mm x 12mm
- Gewicht: 202g
- ISBN-13: 9783963119514
- ISBN-10: 3963119519
- Artikelnr.: 70615656
Herstellerkennzeichnung
Mitteldeutscher Verlag
Bernburger Straße 2
06108 Halle
vertrieb@mitteldeutscherverlag.de
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Rezensentin Sabine Berking schwelgt in Iwa Pesuaschwilis Roman, 2. Teil einer Trilogie, über einen Haufen armenischer Glücksritter im Tiflis des Jahres 2017. Einen ganzen Tag lang darf der Leser der dysfunktionalen Familie Simonyan folgen, die in einer 16 Stockwerke zählenden Wohnmaschine vegetiert, und lernt dabei die Abgründe der georgischen Geschichte und Gesellschaft kennen, wie Berking erklärt. Alles stinkt und zerfällt, jeder ist korrupt und wurschtelt sich irgendwie durch, stellt Berking fest. Wie der Autor das inszeniert, wortgewaltig und mit viel Ironie und ebensoviel Wut über die Verhältnisse, findet die Rezensentin gelungen. Die deutsche Übersetzung von Natia Mikeladse-Bachsoliani trifft den Ton, meint sie.
© Perlentaucher Medien GmbH
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In diesem kurzen Roman geht es um das armenischstämmige Ehepaar Gena und Mila Simonyan und ihre beiden erwachsenen Kinder, eine Familie, in der jeder seiner Wege geht. Die vier leben im 16. Stock eines Wohnhauses sowjetischer Ära. Sie sind allerdings mittlerweile mehr eine Wohngemeinschaft …
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In diesem kurzen Roman geht es um das armenischstämmige Ehepaar Gena und Mila Simonyan und ihre beiden erwachsenen Kinder, eine Familie, in der jeder seiner Wege geht. Die vier leben im 16. Stock eines Wohnhauses sowjetischer Ära. Sie sind allerdings mittlerweile mehr eine Wohngemeinschaft als eine Familie. Zema ist Polizistin und trägt viel Wut in sich. Lazare liefert mit einem Mofa Pizza aus, träumt aber davon, Rapper zu werden. Gena war hochdekorierter Polizist und ist völlig desillusioniert, was sich in absoluter Untätigkeit spiegelt. Mila, die als Frisörin für das Einkommen der Familie sorgt, hat sich anderweitig verliebt und ist auf dem Weg, ihn zu verlassen. Die Handlung ist, inklusive Rückschauen, eingebettet in den 9. April 2017 und wird multiperspektivisch erzählt.
Es ist Milas 46. Geburtstag. Der 9. April ist ein stark belasteter Tag, denn er ist geschichtsträchtig für Georgien. Am 9. April 1989 gab es eine große Demonstration für Freiheit auf dem Rustaweliplatz in Tiflis, bei der viele Menschen durch russische Polizeigewalt starben. Zwei Jahre später wurde am gleichen Tag die Unabhängigkeit Georgiens erklärt.
Zusammengeschrumpft auf diesen einen Tag erzählt Pesuaschwili in seinem Roman von den enttäuschten Hoffnungen der Georgier, die nach der Unabhängigkeit von Demokratie und Freiheit träumten. Doch weil alle früheren Wahrheiten nichts mehr gelten und dem Land Struktur zu fehlen scheint, ist die Ausgestaltung der Demokratie fragwürdig und die Gesellschaft verliert sich in Chaos und Korruption.
Dieser atmosphärisch dichte Roman, obwohl von überschaubarer Länge, ist fordernd, wenn man nicht auf ein paar Vorkenntnisse über postsowjetische Geschichte und die heutigen Verhältnisse in den ehemaligen SSR-Staaten zurückgreifen kann, denn der Autor holt nicht groß aus, sondern bringt den Zustand des Landes und die Befindlichkeiten seiner Bewohner direkt auf den Punkt. Dabei ist das Herunterbrechen der Handlung auf diesen einen Tag ein genialer stilistischer Schachzug.
Der Lesefluss wird allerdings durch die vielen russischen Einschübe in den Dialogen, die den Roman zwar authentisch machen, etwas erschwert. Die Übersetzung gibt es in den Fußnoten.
Das Motiv des Gestanks spielt im Buch eine zentrale Rolle. Ich verstehe es als Symbol für Misstrauen und allgemeine Desillusionierung. Es spiegelt den Zustand einer Gesellschaft, die sich in einer Dauerkrise befindet und in der es weder Vertrauen in Institutionen noch in zwischenmenschliche Beziehungen gibt.
Keine Wohlfühllektüre, und auch nicht ganz leicht zugänglich, aber sehr empfehlenswert für einen ersten Eindruck von den Lebensverhältnissen im heutigen Georgien.
Iwa Pesuaschwili ist 1990 geboren. Er hat in Tiflis, wo er auch lebt, Theater- und Filmwissenschaften studiert. „Müllschlucker“ ist sein dritter Roman, für den er 2022 den Literaturpreis der Europäischen Union erhalten hat.
Aus dem Georgischen übersetzt von Nadia Mekeladse-Bachsoliani.
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Die neuere Geschichte Georgiens in einem Tag einer Familie zusammengefasst! Grandios!
Der 9. April ist in Georgien symbolträchtig. 1991 wurde die Unabhängigkeit ausgerufen, 1989 von den Sowjets eine friedliche Demonstration blutig niedergeschlagen. Milas Geburtstag.
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Die neuere Geschichte Georgiens in einem Tag einer Familie zusammengefasst! Grandios!
Der 9. April ist in Georgien symbolträchtig. 1991 wurde die Unabhängigkeit ausgerufen, 1989 von den Sowjets eine friedliche Demonstration blutig niedergeschlagen. Milas Geburtstag.
In bedrückenden Bildern schildert der Autor die Geschichte des gebeutelten Landes, ja der ganzen Region. Er bricht die komplette Handlung auf einen Tag herunter, umreißt anhand der Familie Simonyan das Leben in einer zerfressenen Stadt ohne große Perspektiven. Mila, ihr Mann Gena, ihre Tochter Zema und ihr Sohn Lazare werden zu den HandlungsträgerInnen.
Armenischstämmig flohen sie aus dem Kriegsgebiet Karabach nach Tiflis. Verbrechen und Korruption sind hier wie dort liebevolle Geschwister, ernährt von einer Politik, der das Wohl der Bevölkerung nichts bedeutet.
Mila lebt ihr Leben alleine, versucht sich neben der Familie ihre Existenz so angenehm wie möglich zu machen. Das Leben hat sie so gemacht, auch ihren Mann Gena. Dieser war für sehr kurze Zeit ein gefeierter Nationalheld, und wurde abgestoßen, zerbricht daran, und kümmert sich um nichts mehr, lebt in den Tag auf Kosten seiner Frau Mila. Lazare stellt sich den westlichen Verlockungen, vor allem der Musik und linken Strömungen und möchte unbedingt Rapper werden. Und Zema wird Polizistin. Aber nicht aus der Ideologie der Gerechtigkeit heraus, sondern alleine vom Gedanken beseelt, Rache zu nehmen für die eigene Genugtuung.
Sie versuchen ihr Leben auf ihre jeweilig erdenklich beste Art und Weise zu meistern, aber die Vergangenheit schläft nicht, holt auf …
Innerhalb dieses Tages, den uns der Autor in Episoden seiner handelnden Personen präsentiert, prasseln auf die LeserInnen die politischen Ereignisse ungestüm herein. Die postsowjetische Zeit mit all ihren Herausforderungen, den blutigen Auseinandersetzungen der ehemaligen Sowjetrepubliken untereinander. Ob Armenien, Kasachstan, oder Georgien – Selbstbestimmung und was es heißt, ein eigener souveräner Staat mit seinen verschiedenen ethnischen Volksgruppen zu sein, will erst gelernt werden.
Der Kommunismus stirbt langsam, verrottet stinkend. Der Titel „Müllschlucker“ wird symbolisch zum Programm, ein stinkender Mahlstrom gegen die Strömung der Zeit.
Präzise, in ungeschönten Bildern voller Wucht bringt uns Iwa Pesuaschwili, der mit diesem Roman 2022 den Preis der Europäischen Union für Literatur gewann, die Politik der Kaukasusregion näher, lässt teilhaben am korrupten System einer Stadt in der das Verbrechen regiert, und auch dem zerstörerischen Einfluss der Sowjetunion, die ihre giftigen Finger auch nach den Unabhängigkeitserklärungen nicht von den Staaten lassen kann.
Und das gerade mal auf 138 Seiten.
Das Buch ist zugebenermaßen schwierig, nicht einfach zu lesen, bedarf viel Konzentration um die Informationsflut zwischen den Handlungen aufzunehmen.
Nichtsdestotrotz gebe ich gerne eine Leseempfehlung für diesen wichtigen Roman, der ein Stück Georgische Zeitgeschichte zusammenfasst.
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