Warnung! Im Folgenden wird die psychische Erkrankung Depression behandelt, damit verbunden auch u.a. Suizidalität und SVV.
»Die Depression aber ist ein mieses Arschloch, das auch vor den größten Verantwortungen im Leben nicht halt macht.« (S. 109)
2015 schrie Jana Seelig in die Welt hinaus,
was es heißt, an einer Depression erkrankt zu sein, einer Krankheit, die als Volkskrankheit Nr. 1 gilt…mehrWarnung! Im Folgenden wird die psychische Erkrankung Depression behandelt, damit verbunden auch u.a. Suizidalität und SVV.
»Die Depression aber ist ein mieses Arschloch, das auch vor den größten Verantwortungen im Leben nicht halt macht.« (S. 109)
2015 schrie Jana Seelig in die Welt hinaus, was es heißt, an einer Depression erkrankt zu sein, einer Krankheit, die als Volkskrankheit Nr. 1 gilt und über die noch immer so viel Unwissen und Falschwissen kursiert, dass auch heute noch ein großer Nachholbedarf besteht. Ihr Buch »Minusgefühle – Mein Leben zwischen Hell und Dunkel« trägt seinen Teil zu dieser Aufklärung bei.
»Minusgefühle« ist ein Buch, das mich von der ersten Seite an angesprochen hat. Es gab einfach so viel, wo ich da saß, nickte und sagte: »Ja. So ist es!« Denn ich kann sehr gut Jana Seeligs Situation nachvollziehen. In unserer Gesellschaft ist es nicht leicht, an einer Depression erkrankt zu sein, das Stigma psychisch erkrankter Menschen ist immer noch stark. Es handelt sich dabei eben nicht um einen Schnupfen oder gar einen Beinbruch, man sieht die Krankheit nicht. Dabei ist es eben nicht mit einem »Dann reiß dich mal zusammen, dann wird das schon!« oder einem »Dann fahr halt mal für zwei Wochen in den Urlaub!« getan.
Man kann ein junger, dynamischer Mensch wie Jana Seelig sein, gute Noten, Erfolg im Job, in der Liebe, im Privaten haben, aber eine Depression macht davor nicht halt. Man steigert sich da nicht rein. Man ist nicht aufmerksamgeil. Man braucht nicht nur mehr Ablenkung und weniger Stress. Man kann sich auch nicht einfach zusammenreißen. Man springt da auch nicht auf einen Hypetrend auf. Man muss auch nicht »einfach nur« positiver denken. Denn »einfach nur« ist nichts an dieser Erkrankung.
»Warum kann ich nicht einfach einen Hirnturmor haben?« (S.25), fragt sich die Autorin. Eine Frage, die sich wahrscheinlich viele Erkrankte stellen. Mit einem Hirnturmor scheint man als Erkrankter viel akzeptierter zu sein – und vor allem bekommt man wesentlich schneller Hilfe. Therapieplätze für psychisch Erkrankte sind auch heute noch, 2018, heiß begehrt und viel zu rar, da die Krankenkassen, die Plätze der niedergelassenen Therapeuten künstlich beschränken. Neulich gab es im Spiegel (Nr. 11 10.3.18) einen guten Artikel zu dem Thema, in dem geschrieben stand, dass jeder Therapeut täglich 33 Stunden arbeiten müsste, um alle Erkrankten behandeln zu können.
Dabei ist Jana Seelig nicht immer auf den Mund gefallen. Sie spricht die Dinge an, wie sie sind, nimmt sich dabei nicht immer selbst ernst, denn so kann man immer noch am besten dem Schrecken dieser Erkrankung begegnen.
Dem Text ist eine Triggerwarnung vorangestellt und sie ist sehr angebracht. Es werden neben der psychischen Krankheit selbst auch unter anderem Drogen- und Alkoholmissbrauch, psychische und körperliche Gewalt, Suizidalität und selbstverletzendes Verhalten thematisiert. Daher sollte man das Buch nur lesen, wenn man weiß, dass diese Themen einen nicht triggern. Was mich aber noch zu einem anderen, allgemeinerem Punkt bringt: Ist es echt so schwer, nicht einfach vor jeden Roman eine Triggerwarnung zu setzen, in dem sensible Themen behandelt werden? Es wäre so einfach! »In diesem Buch werden psychische Erkrankungen behandelt.« Damit wäre es doch schon getan! Ich vermisse das so sehr in so gut wie allen Romanen. So eine Triggerwarnung spoilert nicht, macht das Lesen für viele Menschen um einiges leichter.
Man muss es eigentlich nicht noch einmal groß betonen: »Minusgefühle« ist ein sehr empfehlenswerter Text, wenn es darum geht, einen Einblick in das Leben eines an Depression erkrankten Menschen zu erhalten, wie es ist, mit dieser Krankheit zu leben, und was es heißt, damit sein Umfeld zu meistern. Ein Leben mit Depression ist möglich, man braucht nur ein wenig mehr Hilfe.
Ich danke dem Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplares!