Mit der Behauptung, dass seine eigene Philosophie als »umgedrehter Platonismus« verstanden werden soll, stellt Nietzsche seine Beziehung zum platonischen System dar. Diese Behauptung beweist sich aber als zwiespaltig, wenn man Nietzsches Platonpassagen überprüft. Nicht nur Diskrepanz ist in jenen spürbar, sondern auch Bewunderung und Anerkennung. Um eine neue Variation des "umgedrehten Platonismus" nachzuweisen, orientiert sich der Text an zwei Grundlinien. Die erste vergleicht den platonischen Eros mit die Rolle des Apollinischen und des Dionysischen. Obgleich Nietzsche kurz danach diese Richtung verachtet, weil sie einen metaphysichen Ballast enthält, klärt sich auf, wie hoch Nietzsches Achtung gegenüber Platon ist. Die zweite Grundlinie ist der Physiologie der Liebe gewidmet. Nietzsche verwandelt der Erkenntnisprozess in Liebe. Die Erkenntnis nimmt die Form einer Passion an und kristallisiert sich allmählich in »amor fati«. »Amor fati« schafft eine Ästhetisierung der Erkenntnis und Epistemologiesierung der Ästhetik. Diese Befund gilt als Beweis, dass Nietzsches Erkenntnistheorie, bzw. »amor fati«, eine Bearbeitung des platonischen Schönheitstriebes ist.