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Worte als Orientierungspunkte auf einer inneren Sternenkarte. Gedichte als Logbucheinträge auf einem Meer zwischen Gestern und Heute. Leonardo Tonus ergründet in seiner Lyrik die Fluchtbewegungen unserer Zeit und die Migrationsgeschichte der eigenen Familie. Er navigiert durch Erinnerungen und Emotionen, verflechtet Vertrautes und Verborgenes, eröffnet Frei- und Zwischenräume, sammelt Stimmen und Dokumente. Ein poetisches Kaleidoskop.

Produktbeschreibung
Worte als Orientierungspunkte auf einer inneren Sternenkarte. Gedichte als Logbucheinträge auf einem Meer zwischen Gestern und Heute. Leonardo Tonus ergründet in seiner Lyrik die Fluchtbewegungen unserer Zeit und die Migrationsgeschichte der eigenen Familie. Er navigiert durch Erinnerungen und Emotionen, verflechtet Vertrautes und Verborgenes, eröffnet Frei- und Zwischenräume, sammelt Stimmen und Dokumente. Ein poetisches Kaleidoskop.
Autorenporträt
Leonardo Tonus, geboren in São Paulo, ist Professor für brasilianische Literatur an der Sorbonne Université. Er lebt seit 30 Jahren in Frankreich und arbeitet in den Bereichen zeitgenössische brasilianische Literatur, Literaturtheorie und vergleichende Literaturwissenschaft mit Forschungen zur Migration. Als Autor verfasste er die Gedichtbände Agora Vai Ser Assim (2018) und Inquietações em tempos de insônia (2019), beide beim Verlag Nós. Sein neuster Gedichtband Diários em mar aberto erschien 2021 beim Verlag Folhas de Relva in Brasilien, hat dort beachtlichen Anklang gefunden und erscheint in deutscher Übersetzung 2023 im Hagebutte Verlag.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 11.05.2023

Die Kraft der Poesie
Wie aus dem Mann des Bildes ein Mann des Wortes wurde: Martin Pflanzer
München – Eine Aquarellzeichnung. Und unten auf dem Buchcover eine kleine, rote Hagebutte, ein kleines grafisches Ausrufezeichen. „Aufzeichnungen von hoher See“ heißt der Lyrikband von Leonardo Tonus, Professor für brasilianische Literatur an der Sorbonne Universität in Paris, der gerade bei dem Münchner Hagebutte Verlag erschienen ist. Ein spannender literarischer Farbklecks wie so oft, wenn Kleinstverlage Herzensprojekte umsetzen fern von publizistischen Zwängen und Gewinnabsichten. Ein Besuch in Bogenhausen. Martin Pflanzer, 1985 in Bukarest geboren, sitzt an seinem Schreibtisch. Ein Laptop steht darauf, eine kleine Schreibmaschine, die Tür zum Gang ist ausgehoben, in einem Regal lagern in Kartons die bislang acht erschienenen Bücher. Ein Stuhl, ein Stoffsessel, eine umgedrehte Kiste dient als Tisch, mehr braucht es nicht. In der anderen Zimmerhälfte steht ein weiterer Schreibtisch, eine Bürogemeinschaft – „weil zu Hause der Platz gefehlt hat für die Bücher“, sagt Pflanzer.
Pflanzer hat in München Kunst und Multimedia an der Ludwig-Maximilians-Universität studiert, war dort im Anschluss Lehrbeauftragter für Webdesign, arbeitet heute halbtags als Grafikdesigner beim Bayerischen Rundfunk. Ein Mann des Bildes, der nun auch ein Mann der Worte ist. Er habe schon immer die „Kraft der Sprache bewundert“, sagt er. Zudem sei ihm der „interkulturelle Dialog“ ein Anliegen.
Zunächst wollte er deswegen eine Literaturzeitschrift herausbringen, zweisprachig, interkulturell, mit Beiträgen von mehreren Autoren, mit regelmäßigen Erscheinungsterminen, Projekte mit jungen Menschen wollte er an den Start bringen, was einem eben alles einfällt, wenn man mit Leidenschaft ein Ziel verfolgt, bis man sich eingestehen muss, dass das alles nicht zu schaffen ist – dann eben ein Verlag, dachte sich Martin Pflanzer: „So schwer kann es nicht sein, ein Buch zu machen.“ Das erste Buch ein Gedichtband, „Walnussaugen“, eine Auswahl persischsprachiger Lyrik, zweisprachig veröffentlicht, geschrieben von neun Autorinnen und Autoren, von 22 Illustratorinnen und Illustratoren in Szene gesetzt – publizistischer Größenwahn, hervorragend. Zu aufwändig, an sich nicht finanzierbar, „so etwas geht nur im freundschaftlichen Rahmen“, sagt Pflanzer.
Vor fünf Jahren war das. Was sich seitdem verändert hat? Von seinem Gehalt vom Bayerischen Rundfunk finanziert sich Martin Pflanzer sein Leben, was übrigbleibt, „investiere ich in den Verlag“. Für ihn bleibt es „ein Hobbyprojekt“, das Ziel sei nicht kommerziell, sondern ideell. „Ich fahre nicht in den Urlaub, sondern mache lieber ein Buch, oder zwei.“
Es ist nicht einfach ohne Publicity und Marketing – aber Pflanzer setzt auf zeitlose Bücher und darauf, dass es sich mit der Zeit herumspricht, dass es bei ihm lesenswerte Bücher gibt, Bücher mit Anspruch, „nicht nur Pille-Palle-Unterhaltungsliteratur“, wie er sagt. „Ein Bild von mir“ von Ayeda Alavie etwa, das 2020 zu „Bayerns Beste Independent Bücher“ gehörte.
Martin Pflanzer – graues Shirt, blaue Hose, hellblaue Socken, schwarze Wuschelhaare – gehört nicht zu den Menschen, die sich in den Mittelpunkt stellen. Er sitzt ruhig da, die Beine übereinandergeschlagen, spricht leise, aber an den gestikulierenden Händen bemerkt man, wie sehr er dafür kämpft, dass seine Bücher Aufmerksamkeit erhalten. Er will nicht nur Verleger sein, sondern Brückenbauer – eine Brücke zu sein zwischen zwei Kulturen, das ist für ihn die Aufgabe, die Bücher haben können. „Ich erwarte einen aktiven Leser“, sagt Pflanzer, er müsse sich Zeit nehmen und sich auf das Thema einlassen – dann könne er dem Autor sehr nahe kommen, dann lassen ihn Bücher in „Gefühlswelten und Gedankenwelten eintauchen“.
„Aus der Freiheit heraus, ohne Druck entstehen die schönsten Dinge“, sagt Pflanzer. Zwei Jahre etwa hat er sich Zeit gelassen, um den Gedichtband von Leonardo Tonus herauszubringen, ein poetisches Werk, in dem sich der Literaturprofessor mit den Fluchtbewegungen unserer Zeit im Allgemeinen, aber auch der Migrationsgeschichte seiner Familie auseinandersetzt – in Schreibmaschinen-Typo veröffentlicht, auf Wunsch des Autors, ins Deutsche übertragen von Lilli-Hannah Hoepner, die nahezu jede Zeile mit Leonardo Tonus besprochen hat. „In Ruhe arbeiten, Dinge reifen lassen, das entspricht meinem Naturell“, sagt er. Gedeihen lassen, das erinnert an die Natur, an die kleine Hagebutte auf dem Buchtitel. Ob er einen Verlag für Gartenarbeit und Pflanzenkunde habe, werde er immer wieder gefragt, erzählt Pflanzer. Lange wusste er nicht, was er darauf sagen solle, jetzt antwortet er: „Ja, meine Bücher sind die Früchte aus dem Literaturgarten.“
MICHAEL BREMMER
Aufzeichnungen von hoher See, Fr. 12 Mai, 20 Uhr, Buchpremiere, Bellevue di Monaco, Müllerstraße 6.
„Aus der Freiheit heraus,
ohne Druck entstehen
die schönsten Dinge.“
Martin Pflanzer widmet sich dem interkulturellen Dialog. In seinem Hagebutte Verlag ist gerade ein Gedichtband von Leonardo Tonus erschienen.
Foto: Hagebutte Verlag
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