Viele Psychotherapeut*innen schreiben ihrer Praxis eine Förderung von Selbstreflexion und selbstbestimmter Lebensführung zu, wohingegen Kritiker*innen eine Individualisierung und Verinnerlichung gesellschaftlicher Zwänge konstatieren. Ebenso umstritten ist, ob die Präsenz von Depressionen Folge einer pervertierten Emanzipation oder von selbstwertschädlichen Abhängigkeiten und Einschränkungen ist. Können und sollen Psychotherapien bei Depression Emanzipation fördern? Und wie lässt sich ein kritischer Anspruch in der Praxis der Verhaltenstherapie umsetzen, die traditionell als Anpassungsinstrument für fremdgesetzte Ziele angesehen wird? Dieses Buch versammelt eine Auswertung der interdisziplinären Literatur zu diesen Fragen und die Ergebnisse einer Interviewstudie mit Psychotherapeut*innen und Betroffenen, die von ihren Begegnungen, ihrer Arbeit sowie Klärungs- und Sorgeprozessen im Spannungsverhältnis von Selbstbestimmung, Einsamkeit, Solidarität und Abhängigkeit berichten. Daraus ergeben sich Anregungen für eine handlungstheoretische Weiterentwicklung der Verhaltenstherapie bei Depression und Anforderungen für eine emanzipatorisch intendierte Psychotherapie.
Die Autorin
Dr. Dipl.-Psych. Leonie Knebel ist als wissenschaftliche Mitarbeiterin und Psychotherapeutin tätig, ihre Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich partizipative und qualitative Praxisforschung, Psychotherapie und Depression im gesellschaftlichen Kontext, psychische Gesundheit und Arbeit.
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