Im November 1918 bricht in der Schweiz ein Generalstreik aus. Welche Gründe stehen dahinter - die Verschlechterung des Lebensstandards oder die politischen Spannungen am Ende des Ersten Weltkriegs? Die Autoren vergleichen die schweizerischen Verhältnisse mit denen in anderen neutralen europäischen Kleinstaaten und zeigen so, dass die politischen Gründe weitaus wichtiger waren als bisher in der Forschung angenommen. Vor allem die fehlende Integration der Sozialdemokratie war entscheidend. Während die Sozialdemokraten etwa in Dänemark, Schweden und den Niederlanden Einfluss nehmen konnten, blieben sie in der Schweiz weitgehend ausgeschlossen. Erst im Sommer 1918 versuchte der Bundesrat, sie in die Landesversorgung einzubeziehen, aber es war bereits zu spät, um die Radikalisierung des linken Zürcher Flügels aufzuhalten, die den Generalstreik auslöste. Untersucht wird schliesslich, wie die damals wütende Grippepandemie den Konflikt beeinflusste.
Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Rezensent Urs Hafner bleibt die "Neudeutung" des Schweizer Landesstreiks von 1918, wie sie der Publizist Martin A. Senn und der Wirtschaftshistoriker Tobias Straumann vornehmen zu vage. Dass das Buch eine Debatte anstoßen möchte, bezweifelt Hafner sogar. Zwar erlauben die im Band aufgeführten Quellen laut Hafner, die Auseinandersetzungen zwischen den streikenden Fraktionen und einzelnen Protagonisten wie Fritz Platten besser einzuordnen. Über bestehende Forschungsergebnisse, etwa zu bürgerlichen Revolutionsängste, gelangen sie jedoch nicht hinaus, meint der Rezensent. Einzig, was die Menge der streikenden Arbeiter angeht, scheinen die Autor bestehende Erkenntnisse wirklich revidieren zu wollen, das ist zu wenig, findet Hafner.
© Perlentaucher Medien GmbH
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