Das Sterben wird längst nicht mehr verdrängt und verschwiegen, es gehört vielmehr zu den ausgiebig erörterten Themen unserer Zeit. Viele Debatten ranken sich um Sterbehilfe und um die Frage, was einen guten Tod ausmacht. Dabei scheinen wir uns bemerkenswert einig zu sein, dass gut stirbt, wer bis zuletzt er oder sie selbst bleibt. Wir wünschen uns, so die These dieses Buches, unseren "eigenen Tod": ein Lebensende, wie es uns entspricht, ein authentisches Sterben. Dieses Ideal leitet in unterschiedlicher Weise die Palliativversorgung und die Sterbehilfebewegung an. Doch Nina Streeck zeigt, dass…mehr
Das Sterben wird längst nicht mehr verdrängt und verschwiegen, es gehört vielmehr zu den ausgiebig erörterten Themen unserer Zeit. Viele Debatten ranken sich um Sterbehilfe und um die Frage, was einen guten Tod ausmacht. Dabei scheinen wir uns bemerkenswert einig zu sein, dass gut stirbt, wer bis zuletzt er oder sie selbst bleibt. Wir wünschen uns, so die These dieses Buches, unseren "eigenen Tod": ein Lebensende, wie es uns entspricht, ein authentisches Sterben. Dieses Ideal leitet in unterschiedlicher Weise die Palliativversorgung und die Sterbehilfebewegung an. Doch Nina Streeck zeigt, dass sich das, was so erstrebenswert klingt, als anspruchsvoll entpuppt. Die Idee des "eigenen Todes" droht sich in ihr Gegenteil zu verkehren: in einen Zwang zum authentischen Sterben.
Nina Streeck ist Fachverantwortliche 'Ethik und Lebensfragen' am Institut Neumünster, Zollikerberg.
Inhaltsangabe
InhaltEinleitung 11I. Gut leben und gut sterben: Das gute Sterben und seine BedingungenTod, Sterben oder Leben 27Tod und Sterben 27Sterben und Leben 31Tod des Körpers, Tod des Bewusstseins, sozialer Tod 34Sterben aus biologisch-medizinischer Sicht 35Sterben aus psychologischer Sicht 37Sterben aus soziologischer Sicht 39Fazit 43Eine Ethik des guten Sterbens 45Kann das Sterben jemals gut sein? 45Der Vorwurf des Paternalismus 49Gut leben oder moralisch handeln 54Glück versus Moral 54Die Geschichte der Frage nach dem guten Leben 56Die Renaissance der Frage nach dem guten Leben 58Das gute Leben in der Medizinethik 60Exkurs: Glück und Moral 61Lustgefühle, erfüllte Wünsche und Güterlisten 64Die Ganzheit des Lebens 64Wer entscheidet, was gut ist? 65Lustgefühle machen glücklich oder: Hedonistische Theorien 67Glück dank erfüllter Wünsche oder: Wunschtheorien 68Viele Güter für ein gutes Leben oder: Objektive Theorien 69Fazit 71Wessen es für ein gutes Leben bedarf: Sozialphilosophie 72Pathologien des Sozialen 72Das Problem der Geltung 74Anerkennung als Voraussetzung für ein gutes Leben 76Noch einmal: Das Problem der Geltung 78Selbstverwirklichung als Authentizität 80Authentisch sein und gut leben 83Die Versöhnung von Subjektivismus und Objektivismus 83Das Problem der Geltung zum Dritten 86Authentizität als Diagnosebegriff 87Die Versöhnung von Ethik und Moral 89Authentizität versus Autonomie 90Moralische und personale Autonomie 91Personale Autonomie und Authentizität 92Fazit 93II. Im Einklang mit sich leben: Zur Rekonstruktion des AuthentizitätsidealsEinführung 96Authentizität von Sokrates bis Taylor 104Erste Station: Antike - nach innen und oben 104Zweite Station: Romantik - nonkonformistisch sein 106Dritte Station: Nietzsche - schöpferische Selbsterschaffung 108Vierte Station: Authentisch sein als Popkultur 110Werde, der du bist - erschaffe dich selbst 113Selbstfindung oder: Werde, der du bist 114Kein wahres Selbst: Kritik an der Selbstfindung 119Selbererschaffung oder: Erfinde dich selbst 121Kein Kunstwerk: Kritik an der Selbsterfindung 127Fazit 131Transformation, Tätigsein und Bejahung 133Antwort geben: Die Suche nach der eigenen Stimme 133Die Transformation von Selbst und Welt 137Authentifizierendes Tätigsein 143Beherztes Bejahen 148Widerstand und Neubeschreibung: Foucault und Rorty 158Zwischen Widerstand und Ergebung: Foucault 160Zwischen Aneignung und Neubeschreibung: Rorty 169Orientierung ohne wahres Selbst: Narrative Kohärenz 180Sich verstehen in gemeinsamen Horizonten 181Sich verstehen durch Artikulation 186Sich verändern und sich fortentwickeln 189Seine Antworten kohärent auswählen 193Fazit 200Misslingende Authentiztitätsvollzüge 204Kohärenz 205Gleichgültigkeit, Ohnmacht und Rollenspiel 209Paradoxale Verkehrung 212Ausblick 217III. Verkehrte Authentizität: Sterben mit Palliative Care und SterbehilfeEinführung 221Die Geschichte der Palliative Care 225Der tabuisierte Tod 225Die Entstehung der modernen Hospizbewegung 228Vom Hospiz zur Palliative Care 230Interviews mit Sterbenden: Elisabeth Kübler-Ross 232Die Geschichte der Sterbehilfebewegung 236Die Vorläufer der modernen Sterbehilfebewegung 236Die Entstehung der modernen Sterbehilfebewegung 239Sterben heute: Eine Vielfalt von Erzählungen 243Sterben, wie man gelebt hat: Palliative Care 250Leben statt sterben: Die Verbesserung der Lebensqualität 250Authentizität im Sterben 252Das Sterben selbst gestalten 255Die Unterstützung der Palliative Care 256Das Bewusstsein des nahenden Todes 258Heroisches Sterben in der Palliative Care 260Macher bleiben: Sterbehilfe 263Selbstbestimmung und Würde 263Authentizität und Sterbehilfe 266Die Planung des eigenen Ablebens 268Heroischer Suizid 269Das Authentizitätsversprechen 273Sterben als Projekt 273Sterben und die Lebensgeschichte 276Eine Heldenerzählung der Palliative Care 277Heldenhafte Selbstbehauptung 279Populäre Sterbeideale 281Verkehrte Authentizität 283Noch einmal: Das Phänomen der Verkehrung 283Zwang zur Sterbegestaltung 285Sinn für die Weiterlebenden 287Der uneigene Tod 290Im Würgegriff des wahren Selbst oder: Zu starke Kohärenz 292Alles gleichgültig oder: Keine Transformation 297Das Gefühl von Ohnmacht oder: Kein Tätigsein 300Der Sterbende als Rollenspieler oder: Keine eigene Stimme 304Fazit 309SchlussDer 'eigene' Tod als guter Tod 313Anmerkungen 317Literatur 333Danksagung 357
InhaltEinleitung 11I. Gut leben und gut sterben: Das gute Sterben und seine BedingungenTod, Sterben oder Leben 27Tod und Sterben 27Sterben und Leben 31Tod des Körpers, Tod des Bewusstseins, sozialer Tod 34Sterben aus biologisch-medizinischer Sicht 35Sterben aus psychologischer Sicht 37Sterben aus soziologischer Sicht 39Fazit 43Eine Ethik des guten Sterbens 45Kann das Sterben jemals gut sein? 45Der Vorwurf des Paternalismus 49Gut leben oder moralisch handeln 54Glück versus Moral 54Die Geschichte der Frage nach dem guten Leben 56Die Renaissance der Frage nach dem guten Leben 58Das gute Leben in der Medizinethik 60Exkurs: Glück und Moral 61Lustgefühle, erfüllte Wünsche und Güterlisten 64Die Ganzheit des Lebens 64Wer entscheidet, was gut ist? 65Lustgefühle machen glücklich oder: Hedonistische Theorien 67Glück dank erfüllter Wünsche oder: Wunschtheorien 68Viele Güter für ein gutes Leben oder: Objektive Theorien 69Fazit 71Wessen es für ein gutes Leben bedarf: Sozialphilosophie 72Pathologien des Sozialen 72Das Problem der Geltung 74Anerkennung als Voraussetzung für ein gutes Leben 76Noch einmal: Das Problem der Geltung 78Selbstverwirklichung als Authentizität 80Authentisch sein und gut leben 83Die Versöhnung von Subjektivismus und Objektivismus 83Das Problem der Geltung zum Dritten 86Authentizität als Diagnosebegriff 87Die Versöhnung von Ethik und Moral 89Authentizität versus Autonomie 90Moralische und personale Autonomie 91Personale Autonomie und Authentizität 92Fazit 93II. Im Einklang mit sich leben: Zur Rekonstruktion des AuthentizitätsidealsEinführung 96Authentizität von Sokrates bis Taylor 104Erste Station: Antike - nach innen und oben 104Zweite Station: Romantik - nonkonformistisch sein 106Dritte Station: Nietzsche - schöpferische Selbsterschaffung 108Vierte Station: Authentisch sein als Popkultur 110Werde, der du bist - erschaffe dich selbst 113Selbstfindung oder: Werde, der du bist 114Kein wahres Selbst: Kritik an der Selbstfindung 119Selbererschaffung oder: Erfinde dich selbst 121Kein Kunstwerk: Kritik an der Selbsterfindung 127Fazit 131Transformation, Tätigsein und Bejahung 133Antwort geben: Die Suche nach der eigenen Stimme 133Die Transformation von Selbst und Welt 137Authentifizierendes Tätigsein 143Beherztes Bejahen 148Widerstand und Neubeschreibung: Foucault und Rorty 158Zwischen Widerstand und Ergebung: Foucault 160Zwischen Aneignung und Neubeschreibung: Rorty 169Orientierung ohne wahres Selbst: Narrative Kohärenz 180Sich verstehen in gemeinsamen Horizonten 181Sich verstehen durch Artikulation 186Sich verändern und sich fortentwickeln 189Seine Antworten kohärent auswählen 193Fazit 200Misslingende Authentiztitätsvollzüge 204Kohärenz 205Gleichgültigkeit, Ohnmacht und Rollenspiel 209Paradoxale Verkehrung 212Ausblick 217III. Verkehrte Authentizität: Sterben mit Palliative Care und SterbehilfeEinführung 221Die Geschichte der Palliative Care 225Der tabuisierte Tod 225Die Entstehung der modernen Hospizbewegung 228Vom Hospiz zur Palliative Care 230Interviews mit Sterbenden: Elisabeth Kübler-Ross 232Die Geschichte der Sterbehilfebewegung 236Die Vorläufer der modernen Sterbehilfebewegung 236Die Entstehung der modernen Sterbehilfebewegung 239Sterben heute: Eine Vielfalt von Erzählungen 243Sterben, wie man gelebt hat: Palliative Care 250Leben statt sterben: Die Verbesserung der Lebensqualität 250Authentizität im Sterben 252Das Sterben selbst gestalten 255Die Unterstützung der Palliative Care 256Das Bewusstsein des nahenden Todes 258Heroisches Sterben in der Palliative Care 260Macher bleiben: Sterbehilfe 263Selbstbestimmung und Würde 263Authentizität und Sterbehilfe 266Die Planung des eigenen Ablebens 268Heroischer Suizid 269Das Authentizitätsversprechen 273Sterben als Projekt 273Sterben und die Lebensgeschichte 276Eine Heldenerzählung der Palliative Care 277Heldenhafte Selbstbehauptung 279Populäre Sterbeideale 281Verkehrte Authentizität 283Noch einmal: Das Phänomen der Verkehrung 283Zwang zur Sterbegestaltung 285Sinn für die Weiterlebenden 287Der uneigene Tod 290Im Würgegriff des wahren Selbst oder: Zu starke Kohärenz 292Alles gleichgültig oder: Keine Transformation 297Das Gefühl von Ohnmacht oder: Kein Tätigsein 300Der Sterbende als Rollenspieler oder: Keine eigene Stimme 304Fazit 309SchlussDer 'eigene' Tod als guter Tod 313Anmerkungen 317Literatur 333Danksagung 357
Rezensionen
»Wer dem Ideal vom guten Lebensende nicht genügt oder genügen möchte, muss mit dem Vorwurf leben (und sterben), hinter seinen Möglichkeiten zurückgeblieben zu sein. Unter anderem aufgrund dieser dialektischen Verkehrung vom Ideal in Erwartung respektive Zwang hofft man auf Turbulenzen in der Debatte um den 'eigenen' Tod. Nina Streeck hat hierfür ein überaus wichtiges Buch verfasst, das [...] möglichst viele Leser_innen finden möge.« Jean-Pierre Wils, Soziopolis, 14.07.2020»Die Arbeit Nina Streecks erfreut sich vielfältiger und dennoch tiefgreifender Fundierungen in unterschiedlichen Disziplinen und Theorien. Mit ihrer begrifflichen Präzision und sprachlichen Gewandtheit gelingen ihr sowohl eine überzeugende Konzeption eines differenzierten Authentizitätsideals - mitsamt expliziter Benennung ihrer Grenzen - als auch eine ausgesprochen ausgewogene und distanzierte Darstellung der Palliative-Care- und Sterbehilfebewegung.« Florian Funer, Zeitschrift für medizinische Ethik, 67 / 2021»Nina Streeck hält mit ihrem Buch 'Jedem seinen eigenen Tod' Palliative-Care-Fachpersonen den Spiegel vor. Sie sollen Patientinnen und Patienten die eigene Vorstellung eines guten Todes nicht aufdrängen.« palliative zh+sh, 04.09.2020»Das gut lesbare Buch sei deshalb allen empfohlen, die sich kritisch mit dem anspruchsvollen und zum Teil überfordernden Ideal des selbstbestimmten, authentischen, durchgeplanten Lebens und Sterbens auseinandersetzen wollen, aber auch jenen, die sich unabhängig von der Frage nach dem guten Sterben mit dem Authentizitätsbegriff beschäftigen möchten.« Martina Schmidhuber, Ethik Med (32), 425-426, 28.09.2020…mehr
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