Bachelorarbeit aus dem Jahr 2021 im Fachbereich Musik - Musik der Gegenwart, Note: 1,0, Technische Universität Dortmund, Sprache: Deutsch, Abstract: Musik gilt als Zeitkunst ¿ ihre Aufführung ist an verrinnende Zeit gebunden. Raum existiert im allgemeinen Verständnis außerhalb von Musik ¿ als realer, physikalischer Ort. Zwischen diesen Parametern sind die Prioritäten klar verteilt: Der Raum ist eine Bedingung für die Entfaltung von musikalisch strukturierter Zeit. Diese Neutralität des Raumes gegenüber der Komposition wurde bisher zweimal aufgehoben2 ¿ mit gravierenden Entwicklungen in der Kompositionstechnik: mit der Mehrchörigkeit der Venezianischen Schule (ca. 1530¿1630) und mit serieller und elektronischer Musik seit der Mitte des 20. Jahrhunderts. Dieses Phänomen von ¿Musik im Raum¿, wie Karlheinz Stockhausen es 1958 genannt hat, bedeutet laut Gisela Nauck ¿in dreifachem Sinne einen wichtigen Einschnitt in der Geschichte der musikalischen Moderne.¿ Der Fokus dieser Arbeit liegt auf Karlheinz Stockhausen, weil er zu den ersten und bedeutendsten seriellen Raummusik-Komponisten gehört. Sein Stück ¿GRUPPEN¿ für drei Orchester war eine damals bahnbrechende Raummusik-Komposition und ist auch heute noch exemplarisch. Außerdem ist Stockhausens kompositorisches Schaffen, auch über die 1950er Jahre hinaus, ein Beispiel dafür, dass seit jener seriellen Phase der reale Raum als Kompositionselement seine Arbeit kontinuierlich beeinflusste. Serielle Raummusik ist darin keine sporadische, en-vogue-Erscheinung, sondern ein Impuls für spätere Entwicklungen. Da in der Literatur mehrfach eine Unschärfe bei der Verwendung des Raumbegriffs in musikalischen Zusammenhängen registriert wurde, widmet sich ein Kapitel der Differenzierung dieses Begriffes und versucht, die Zusammenhänge sinnvoll zu definieren. Dem schließt sich ein Überblick über die Entwicklungsphasen von Raummusik in der europäischen Musikgeschichte an ¿ von Venezianischer Mehrchörigkeit im 16. Jahrhundert bis zu serieller Raummusik im 20. Jahrhundert. Sporadische Einbeziehungen von räumlichen, teilweise auch musik-theatralen Effekten bei Beethoven, Berlioz oder Mahler werden nur kurz angerissen. Ebenso wie die räumlich intendierten, synästhetisch-mystischen Entwürfe von kuppelförmigen Musikstätten, weil sich dadurch die bereits angesprochenen Prioritäten von Raum und Zeit nicht grundlegend verändert haben. Die Uraufführung von ¿GRUPPEN¿ 1958 zeigte allerdings, dass dies hier der Fall war: Stockhausen hatte eine qualitative Veränderung der Zeit-Raum-Relation innerhalb der Musik offenbart. ¿GRUPPEN¿ war revolutionär, genauso wie sein Schöpfer.
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