Dieses Buch ist der emotionale Versuch einer Beschreibung des letzten Jahres mit und des ersten Jahres ohne meine Mutter. Wie habe ich als Tochter den Abschied erlebt, wie konnte ich da sein? Vom ersten Ahnen einer Krankheit über den lähmenden Schmerz und Schrecken nach der Diagnose, über Hoffnungen, die sich langsam zerschlugen, die bittere Gewissheit, dass nicht mehr viel Zeit gemeinsam bleibt und wie diese gefüllt wird. Im Mittelpunkt stehen meine Gedanken und Gefühle als einzige Tochter.Ich erlebte ihre offensichtliche Stärke, diesen letzten, schwersten Weg mit einer unfassbaren Klarheit zu gehen. Diese Erinnerung bleibt verbunden mit der Frage, ob sie es uns, ihrer Familie, damit leichter machen wollte. Wie wollen wir uns an einen Menschen erinnern, wenn er nicht mehr da ist? Was bleibt, wenn der letzte Weg für einen geliebten Menschen so schwer ist, wenn unerfüllte Wünsche übrig bleiben, die vielleicht nicht mehr ausgesprochen werden konnten? Was mache ich mit späten Erkenntnissen, mit ungeweinten Tränen, mit dem Hadern und Zaudern und den "hätte ich doch und wäre ich doch". Wie kann ich nun für den Vater da sein, der nach 50 gemeinsamen Jahren mit meiner Mutter lernen muss, dass der Platz neben ihm leer bleibt? Inwieweit bin ich verantwortlich und wann kann ich darauf vertrauen, dass jeder seinen eigenen Weg der Trauer gehen wird?Die Erinnerungen aufrecht halten ist das, was ich gerade tue. Ich spüre eine Verbindung zu meiner Mutter, auch, wenn sie ihre Hülle mit dem letzten Atemzug verlassen hat. Der Moment des "Weg sein" war einer der intensivsten Momente meines Lebens, fast vergleichbar mit dem plötzlichen "Dasein" eines Kindes nach der Geburt. In Gesprächen mit Bekannten und Freunden, Kolleginnen und Verwandten erlebe ich, dass das Thema Abschied ab einem bestimmten Alter immer präsenter wird und doch individuell bleibt. Es gehört Kraft zum Trauern, zum Gehenlassen und oft Mut, zum Erinnern, wenn es schmerzhaft ist.