Die mikrogeschichtliche Studie von Sara Mehlmer bietet überraschende Einblicke in das Handeln spanischer Akteure in den Enklaven Melilla und Ceuta. In diesen war das Leben im ausgehenden 19. Jahrhundert nicht nur von zahlreichen Gegensätzen und Konflikten, sondern immer wieder auch von Kontakt und Kooperation geprägt. Diese Region zwischen Europa und Afrika, Spanien und Marokko, Christentum und Islam schien aufgrund ihrer besonderen Lage enormes Konfliktpotenzial zu bergen. Und doch war es gerade die Grenzlage, die nicht nur für Konfrontation und Abschottung sorgte, sondern vielmehr auch die Etablierung von Strategien zur Konfliktbeilegung notwendig machte und grenzüberschreitende Kontakte begünstigte. Die situative Gewichtung verschiedener Differenzkategorien - darunter Religion, Nation, Ethnie sowie Gender - und ein damit verbundener mehr oder minder flexibler Umgang mit diesen Kategorien auf institutioneller wie individueller Ebene spielten dabei eine nicht unerhebliche Rolle.