Das Aramena-Fragment steht am Anfang des deutschen höfisch-galanten Romans. Die Niederschrift stammt von Sibylla Ursula (1629 – 1671), der älteren Schwester Anton Ulrichs (1633 – 1714), die als Hauptautorin des Romans gelten kann. Das Fragment ist in der literarischen und sprachreformerischen Atmosphäre am Wolfenbütteler Hof entstanden und orientiert sich an der Konversations-, Freundschafts- und Empfindsamkeitskultur der Preziösen-Literatur der französischen Salons. Wie im vorbildhaften griechischen Heliodor-Roman wird innerhalb einer Rahmenhandlung ein Geflecht von novellenartigen Nebenhandlungen entfaltet. Eine an Komplexitäten reiche Welt bietet vielfältigen Charakteren Raum für Selbstfindung und Tugendproben. Daneben stehen ernsthafte Reflexionen, burleske Situationen und lyrische Partien, wie etwa einem Gesprächsspiel in Gedichten. Trotz vieler Ähnlichkeiten ist das Fragment gegenüber der vollendeten fünfbändigen Druckfassung (Nürnberg 1669 – 1673) Anton Ulrichs eigenständig zu würdigen, auch weil es wohl der früheste deutsche Romanversuch einer Frau als Autorin ist.