Der Philosoph Manfred Riedel hat 2006 mit Geheimes Deutschland. Stefan George und die Brüder Stauffenberg eine Studie vorgelegt, in der Georges Dichtung und die davon inspirierten Freundeskreise als Verfechter eines noch verborgenen europäischen Deutschlands sichtbar wurden. Nationalistischer Verengung genauso entzogen wie radikalen rechten und linken Kampfparolen, bildet es auf dem Hintergrund klassisch-humanistischer und christlicher Überlieferung ein Gegengewicht zur modernen Weltentzauberung. Die namhaften Beiträger des Sammelbandes knüpfen an dieses Verständnis an. Zwei umfassende Deutungen zentraler Gedichte Stefan Georges stehen voran. Das Verhältnis zwischen Dichtung und Politik wird von Mallarmé aus beleuchtet und am Scheitern des deutsch-jüdischen Gesprächs im George-Kreis reflektiert. Darstellungen dreier weniger bekannter Personen aus dem George-Kreis (Edith Landmann, Walter Elze und Rudolf Fahrner) gewähren Einblicke in die Lebensführung von Freunden des Dichters. Grundlegende Erörterungen sind der Frage nach dem Ethischen, dem Verhältnis zur Natur und der Bedeutung der europäischen Überlieferung bei George gewidmet. Sie werden um Bezüge zum Denken Martin Heideggers und Hans-Georg Gadamers ergänzt.
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Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 11.04.2018NEUE TASCHENBÜCHER
Georges geheimes
Deutschland
Pontifikal nannte Brecht Stefan Georges Lyrik in seinem Arbeitsjournal, dessen Schreib- und Lebensstil. Etwas Liturgisches, Hochamtliches wird dem Werk ganz oft attestiert. Brechts Freund Walter Benjamin schrieb von Georges prophetischer Stimme, und „Prophetie ist ein Vorgang in der moralischen Welt“. Helmuth Kiesel hat die Gedichte von George zusammengesucht, die inspiriert sind von deutschen Städten, Regionen und Figuren – und analysiert, was in diesen von den Vorstellungen eines „Geheimen Deutschland“ steckt, die George so oft zugeschrieben werden. Und siehe da, sie sind gar nicht so geheim und gar nicht so deutsch. Kein Traum von wieder zu erweckendem deutschen Geist, nichts Nationalverklemmtes, nichts Kyffhäuserisches. Das Geheime Deutschland, wie der polyglotte, vielgereiste George es imaginiert, ist offen in Raum und Zeit. Selbst das programmatische „Kehr in die heilige heimat / Findest ursprünglichen boden / mit dem geschärfteren aug …“ in dem Gedicht „Geheimes Deutschland“ wird dem am Mittelmeer weilenden Dichter ausgerechnet vom „Mittagsschreck“ eingebläut, vom lebenslustigen geilen Gott Pan. FRITZ GÖTTLER
Stefan George: Geheimes Deutschland. Gedichte. Auswahl, Kommentar, Nachwort Helmuth Kiesel. C. H. Beck Verlag, München 2018. 160 Seiten, 18 Euro.
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Georges geheimes
Deutschland
Pontifikal nannte Brecht Stefan Georges Lyrik in seinem Arbeitsjournal, dessen Schreib- und Lebensstil. Etwas Liturgisches, Hochamtliches wird dem Werk ganz oft attestiert. Brechts Freund Walter Benjamin schrieb von Georges prophetischer Stimme, und „Prophetie ist ein Vorgang in der moralischen Welt“. Helmuth Kiesel hat die Gedichte von George zusammengesucht, die inspiriert sind von deutschen Städten, Regionen und Figuren – und analysiert, was in diesen von den Vorstellungen eines „Geheimen Deutschland“ steckt, die George so oft zugeschrieben werden. Und siehe da, sie sind gar nicht so geheim und gar nicht so deutsch. Kein Traum von wieder zu erweckendem deutschen Geist, nichts Nationalverklemmtes, nichts Kyffhäuserisches. Das Geheime Deutschland, wie der polyglotte, vielgereiste George es imaginiert, ist offen in Raum und Zeit. Selbst das programmatische „Kehr in die heilige heimat / Findest ursprünglichen boden / mit dem geschärfteren aug …“ in dem Gedicht „Geheimes Deutschland“ wird dem am Mittelmeer weilenden Dichter ausgerechnet vom „Mittagsschreck“ eingebläut, vom lebenslustigen geilen Gott Pan. FRITZ GÖTTLER
Stefan George: Geheimes Deutschland. Gedichte. Auswahl, Kommentar, Nachwort Helmuth Kiesel. C. H. Beck Verlag, München 2018. 160 Seiten, 18 Euro.
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