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Kein Land ist so klein und zugleich so fußballverrückt wie die Färöer-Inseln. Wo diese Leidenschaft herrührt, wie man eine Liga im Sturm organisiert und wovon die Färinger kollektiv träumen - all das erzählt dieses Buch. Der Autor hat mit ehrgeizigen Fußballerinnen, mit Fischern, mit dem deutschen "Entwicklungshelfer" Kevin Schindler und mit dem färingischen Ministerpräsidenten gesprochen. Dabei ist er auf etwas inzwischen sehr Seltenes gestoßen: auf echten Fußball.

Produktbeschreibung
Kein Land ist so klein und zugleich so fußballverrückt wie die Färöer-Inseln. Wo diese Leidenschaft herrührt, wie man eine Liga im Sturm organisiert und wovon die Färinger kollektiv träumen - all das erzählt dieses Buch. Der Autor hat mit ehrgeizigen Fußballerinnen, mit Fischern, mit dem deutschen "Entwicklungshelfer" Kevin Schindler und mit dem färingischen Ministerpräsidenten gesprochen. Dabei ist er auf etwas inzwischen sehr Seltenes gestoßen: auf echten Fußball.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 09.01.2023

Fanfaren für Vatnhamar
Alle lieben die Nationalmannschaft: Die Färöer und ihr Traum vom großen Fußballwunder
Wo ist das Ende der Welt? Man sollte auf dem Weg nach Eidi „die letzte Ausfahrt vor dem Nordatlantik nicht verpassen“, empfiehlt Steffen Trumpf: „Denn hier ist man so ziemlich am Ende der Welt angelangt.“
Trumpf muss es wissen, denn er reiste nach Eidi, wo 750 Menschen im Dauerregen leben und wo sie gerade ein Fußballstadion für 1000 Zuschauer eingeweiht haben. Trumpf fuhr auch nach Tvöroyri, Toftir und Torshavn, um die „Spuren und Werte des ursprünglichen, mit dem Herzen gespielten Fußballs“ zu suchen. Er fand sie, und er beschreibt sie in seinem lesenswerten und liebenswerten Buch „Ellivu Freunde müsst ihr sein! Die Färöer und der Traum vom großen Fußballwunder.“ Nebenbei machte er wunderbare Fotos von der spektakulären Inselwelt.
Was wusste man bisher über die Färöer und den Fußball? Natürlich kannte man die Geschichte vom Torwart Knudsen, der 1990 beim 1:0-Sieg gegen Österreich eine Pudelmütze trug. Man wusste auch, dass die Nationalelf aus Halbprofis besteht, die als Fischer, Eisverkäufer und Lehrer arbeiten. Man las vielleicht, dass die Fußballer und die Fans der Färöer sehr stolz auf ihr Land sind, dass Willenskraft und Wir-Gefühl ganz oben stehen, noch vor Humor und Selbstironie. All das resultiert aus dem Umstand, dass die Färöer klein sind: Es leben nur 53 000 Menschen auf den 18 Inseln. Dafür gibt es 70 000 Schafe, weshalb die Inseln eben Färöer (zu deutsch: Schafinseln) heißen.
Steffen Trumpf, der als Nordeuropa-Korrespondent für die Deutsche Presse-Agentur arbeitet, hat vieles davon noch einmal erwähnt und vertieft – und Neues aufgeschrieben. Er hat einige Protagonisten befragt wie Regierungschef Bardur a Steig Nielsen, dessen Vorvorgänger Johannesen einst Ersatztorwart hinter Pudelmützen-Keeper Knudsen gewesen ist. Nielsen sagt zum Beispiel, dass es fast in jedem Dorf eine Kirche und ein Fußballfeld gebe. „Wir haben selbst einen Platz auf der Insel Skuvoy“, erzählt er, und dort würden nur etwa zwanzig Menschen leben.
Der Journalist Trondur Arge hat im Jahr 2020 Ellivu (deutsch: Elf) gegründet, das erste und einzige Fußballmagazin, das auf Färöisch erscheint. Arge meint, dass der Fußball auf den Färöer in den vergangenen 30 Jahren – also seit dem Sieg gegen Österreich, der die Färöer bekannt gemacht hat – „schrittweise immer professioneller“ geworden sei, etwa was die Schulung der Jungfußballer und die Ausbildung der Trainer angeht.
Ende der 1990er Jahre wurde den Spielern der ersten Liga erstmals eine Entschädigung gezahlt, und in den vergangenen drei Jahren hätten sie sich „von glücklichen Amateuren zu Halbprofis entwickelt“.
Dennoch ist das Ganze familiär geblieben. Nehmen wir den Klub KI Klaksvik, den Rivalen der Hauptstadtklubs aus Torshavn. Zwar gibt es auch in Klaksvik Sponsoren, aber die Spieler sind keine Stars, sondern Kumpel. „Jeder in Klaksvik kennt jemanden persönlich, der für KI spielt“, schreibt Trumpf, der natürlich auch in Klaksvik gewesen ist: „Manche gingen gemeinsam zur Schule.“ In der ersten Liga, die Betri Deildin heißt, spielen etwa 250 Fußballer (unter ihnen einer, der Vatnhamar heißt und damit gut zum Isländer Sigthorsson passt); ihr gemeinsamer Marktwert beträgt gut elf Millionen Euro. Neymar, zum Vergleich, wechselte für 222 Millionen von Barcelona nach Paris.
Die Klaksviker mögen KI Klaksvik, die Leute in Torshavn halten zu HB oder B36, und alle lieben die Nationalmannschaft. „Sie bedeutet alles für uns“, sagt Johan Hentze: „Jeder steht hinter dem Team, ohne Frage. Weil wir so klein sind. Und wenn wir etwas gut machen, ist jeder von uns stolz darauf.“ Hentze, Lehrer an der Musikschule in Torshavn, hat 2014 den Fanklub Skansin gegründet. Er malt sich vor den Länderspielen die Landesfarben rot, weiß und blau ins Gesicht und begleitet die Anfeuerungsrufe mit seiner Trompete.
Werden die Färöer jemals bei einer WM oder EM mitspielen, so wie ihr großer Bruder Island? Nationaltrainer Hakan Ericson, ein Schwede, sagt zwar: „Es gibt, Stand heute, nichts, was dafür spricht, dass wir zu einer Meisterschaft reisen werden.“ Doch er fügt an: „Aber an das Unmögliche zu glauben, kann solche Kräfte freisetzen.“ In der Nations League besiegten die Färöer neulich die Türkei.
Ach ja, fast hätte man es vergessen: Es hieß doch immer, auf den Färöer stürme es manchmal so stark, dass ein Mitspieler beim Elfmeter oder Freistoß den Ball, der sonst wegrollen (oder gar: wegfliegen) würde, festhalten dürfe, damit ihn der Schütze aufs Tor kicken könne. Stimmt das wirklich? Steffen Trumpf konnte diese Frage nur halb beantworten, wie er schreibt. Er zitiert einen Schiedsrichter, der gesagt haben soll, dass die Unparteiischen – anders als früher – nun angewiesen seien, „ein Spiel zu stoppen, wenn der Ball nicht ruhig auf dem Platz liegen bleibt“. Ist der Mythos also nur noch eine Mär?
Andererseits, so schreibt Trumpf, habe der Assistenztrainer von HB Torshavn, der frühere deutsche Fußballprofi Kevin Schindler, schon einmal gesehen, dass der Ball bei einem Sturm für den Mitspieler festgehalten wurde. „Aber nur kurz“, so Schindler, „dann wurde schnell weitergespielt.“
GERHARD FISCHER
Steffen Trumpf: Ellivu Freunde müsst ihr sein! Die Färöer und der Traum vom großen Fußballwunder. Verlag Die Werkstatt. 24,90 Euro.
Gefahr droht, wenn
der starke Wind beim Elfmeter
den Ball verweht
Freistöße zwischen Wind und Wellen: Ein Fußballplatz vor der spektakulären Küstenkulisse der Färöer im Nordatlantik.
Foto: William Perugini / Westend61 / Imago
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