Hochleistungsteams, die überragende Leistungen erbringen sollen, müssen autonom und mit allen nötigen Mitteln ausgestattet sein. Eindrucksvoll präsentieren Bennis und Biederman dies am Beispiel genialer Powerteams aus den letzten Jahrzehnten. Das Buch zeigt, wie man Führungskräfte als Mitarbeiter leistungsstarker Teams auswählt und welche Arbeitsbedingungen zu schaffen sind, damit kreativ gearbeitet werden kann.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.07.1998Feindbilder brauchen die genialen Teams
Ein Professor und eine Journalistin wollen ein Geheimnis lüften
Warren Bennis/Patricia Ward Biederman: Geniale Teams - Das Geheimnis kreativer Zusammenarbeit. Campus Verlag, Frankfurt/New York 1998, 228 Seiten, 44,- DM.
"Der einsame Held, diese Verkörperung des erfolgreichen Einzelkämpfers, der alle Schwierigkeiten im Alleingang aus der Welt schafft, ist endgültig tot!" Das ist der Ausgangspunkt dieses Buches. Die globale, hochtechnisierte und ständigem Wandel unterworfene Gesellschaft verlange "ein neues Modell": das "geniale Team". Die Autoren - Warren Bennis, Management-Professor an der Universität von Südkalifornien, und die Journalistin Patricia Ward Biederman - sind angetreten, "das Geheimnis kreativer Zusammenarbeit" zu lüften und zu zeigen, wie man "Hochleistungsgruppen führen und Spitzenleistungen erzielen" kann. Die Idee dazu ist Bennis schon vor vierzig Jahren gekommen. Selbst die bekannte Anthropologin Margaret Mead hätte sich damals dafür begeistert. "Viele hundert Führungspersönlichkeiten" verschiedener Disziplinen seien inzwischen befragt, Unternehmensstrategien untersucht und umfangreiche Quellenstudien betrieben worden.
Bei so viel Spannung lechzt man förmlich nach Erkenntnissen. Doch Vorsicht. Wer zum Beispiel meint, der Einzelkämpfer werde nun durch selbstorganisierte Teams ersetzt, ist auf der falschen Fährte. Der angekündigte Paradigmenwechsel löst sich Seite für Seite in Luft auf. Die Helden bleiben unentbehrlich. Der neue Typus ist allerdings anders und agiert schlauer. Er (Frauen spielen hier kaum eine Rolle) weidet sich am Talent anderer, rekrutiert nur die Allerbesten, beseelt sie mit seiner Vision und fesselt sie mit "der Schönheit und Rätselhaftigkeit" eines Projekts. Sie brauchen dann keine schicke Umgebung (alte Garagen tun es auch), und die Frage der Bezahlung wird fast zur Zumutung: Die Belohnung der Teammitglieder ist "der schöpferische Akt selbst". Sie fragen nur noch: "Wann geht es endlich los?" Der neue Held verzichtet auf kleinmütige Kontrolle - geniale Teams kennen ohnehin keine festen Arbeitszeiten oder Kleiderordnungen - und hält seinen Schützlingen die lästigen "Krawattenträger", die Bürokraten, auf Distanz. Und - ganz wichtig - er baut seinem Team ein Feindbild auf. Denn, so meinen die Autoren, "wir sind alle Darwins Kinder". Also müsse Krieg geführt werden. Wie zum Beispiel die "Apple-Piraten", die gegen die "Besatzungsmacht IBM" gekämpft hätten, oder Coca-Cola mit dem Feldzug "Vernichtet Pepsi!" Was unterscheidet geniale Teams noch von gewöhnlichen Gruppen? Ihre Jugend (Menschen jenseits der Dreißig oder gar Vierzig hätten die nötige Begeisterungsfähigkeit schon verloren) und ihre nimmermüde Detailbesessenheit. Sie seien "sexy", erzeugten eine "erotische Spannung". Bill Clintons siegreiches Wahlkampagneteam von 1992 wird hier als Beispiel angeführt.
An farbigen Schilderungen herrscht kein Mangel in diesem Buch, dessen Hauptteil (ungefähr 145 Seiten) fünf journalistisch aufbereitete "Fälle" bilden: Neben der Clinton-Mannschaft sind das die Walt-Disney-Studios, die 1936 den ersten abendfüllenden Zeichentrickfilm auf die Leinwand gebracht haben, die Parc-Gruppe, die den ersten benutzerfreundlichen Computer entwickelt hat, die "Skunk Works" des Flugzeugbauers Lockheed und das beklemmende "Manhattan-Projekt" für den Bau der Atombombe. Antworten auf drängende Warum-Fragen bleibt das Autorenteam jedoch schuldig. Wann immer im Text allzu rare Erkenntnissplitter aufblitzen, leistet die Übersetzerin noch ihren Anteil, um den Leser verwirrt oder verärgert zurückzulassen. Was soll man zum Beispiel mit dem "geschickten Einsatz des Prinzips der kognitiven Dissonanz" anfangen, wenn dieses als "Konzept der Gehirnwäsche, bei der man letztlich selbst glaubt, was immer man sagt", erklärt wird? Nach der Lektüre dieses Buches bleiben die Erfolgsursachen "genialer Teams" jedenfalls noch rätselhafter als zuvor. HEINZ K. STAHL
(Institut für Unternehmensführung der Universität Innsbruck)
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Ein Professor und eine Journalistin wollen ein Geheimnis lüften
Warren Bennis/Patricia Ward Biederman: Geniale Teams - Das Geheimnis kreativer Zusammenarbeit. Campus Verlag, Frankfurt/New York 1998, 228 Seiten, 44,- DM.
"Der einsame Held, diese Verkörperung des erfolgreichen Einzelkämpfers, der alle Schwierigkeiten im Alleingang aus der Welt schafft, ist endgültig tot!" Das ist der Ausgangspunkt dieses Buches. Die globale, hochtechnisierte und ständigem Wandel unterworfene Gesellschaft verlange "ein neues Modell": das "geniale Team". Die Autoren - Warren Bennis, Management-Professor an der Universität von Südkalifornien, und die Journalistin Patricia Ward Biederman - sind angetreten, "das Geheimnis kreativer Zusammenarbeit" zu lüften und zu zeigen, wie man "Hochleistungsgruppen führen und Spitzenleistungen erzielen" kann. Die Idee dazu ist Bennis schon vor vierzig Jahren gekommen. Selbst die bekannte Anthropologin Margaret Mead hätte sich damals dafür begeistert. "Viele hundert Führungspersönlichkeiten" verschiedener Disziplinen seien inzwischen befragt, Unternehmensstrategien untersucht und umfangreiche Quellenstudien betrieben worden.
Bei so viel Spannung lechzt man förmlich nach Erkenntnissen. Doch Vorsicht. Wer zum Beispiel meint, der Einzelkämpfer werde nun durch selbstorganisierte Teams ersetzt, ist auf der falschen Fährte. Der angekündigte Paradigmenwechsel löst sich Seite für Seite in Luft auf. Die Helden bleiben unentbehrlich. Der neue Typus ist allerdings anders und agiert schlauer. Er (Frauen spielen hier kaum eine Rolle) weidet sich am Talent anderer, rekrutiert nur die Allerbesten, beseelt sie mit seiner Vision und fesselt sie mit "der Schönheit und Rätselhaftigkeit" eines Projekts. Sie brauchen dann keine schicke Umgebung (alte Garagen tun es auch), und die Frage der Bezahlung wird fast zur Zumutung: Die Belohnung der Teammitglieder ist "der schöpferische Akt selbst". Sie fragen nur noch: "Wann geht es endlich los?" Der neue Held verzichtet auf kleinmütige Kontrolle - geniale Teams kennen ohnehin keine festen Arbeitszeiten oder Kleiderordnungen - und hält seinen Schützlingen die lästigen "Krawattenträger", die Bürokraten, auf Distanz. Und - ganz wichtig - er baut seinem Team ein Feindbild auf. Denn, so meinen die Autoren, "wir sind alle Darwins Kinder". Also müsse Krieg geführt werden. Wie zum Beispiel die "Apple-Piraten", die gegen die "Besatzungsmacht IBM" gekämpft hätten, oder Coca-Cola mit dem Feldzug "Vernichtet Pepsi!" Was unterscheidet geniale Teams noch von gewöhnlichen Gruppen? Ihre Jugend (Menschen jenseits der Dreißig oder gar Vierzig hätten die nötige Begeisterungsfähigkeit schon verloren) und ihre nimmermüde Detailbesessenheit. Sie seien "sexy", erzeugten eine "erotische Spannung". Bill Clintons siegreiches Wahlkampagneteam von 1992 wird hier als Beispiel angeführt.
An farbigen Schilderungen herrscht kein Mangel in diesem Buch, dessen Hauptteil (ungefähr 145 Seiten) fünf journalistisch aufbereitete "Fälle" bilden: Neben der Clinton-Mannschaft sind das die Walt-Disney-Studios, die 1936 den ersten abendfüllenden Zeichentrickfilm auf die Leinwand gebracht haben, die Parc-Gruppe, die den ersten benutzerfreundlichen Computer entwickelt hat, die "Skunk Works" des Flugzeugbauers Lockheed und das beklemmende "Manhattan-Projekt" für den Bau der Atombombe. Antworten auf drängende Warum-Fragen bleibt das Autorenteam jedoch schuldig. Wann immer im Text allzu rare Erkenntnissplitter aufblitzen, leistet die Übersetzerin noch ihren Anteil, um den Leser verwirrt oder verärgert zurückzulassen. Was soll man zum Beispiel mit dem "geschickten Einsatz des Prinzips der kognitiven Dissonanz" anfangen, wenn dieses als "Konzept der Gehirnwäsche, bei der man letztlich selbst glaubt, was immer man sagt", erklärt wird? Nach der Lektüre dieses Buches bleiben die Erfolgsursachen "genialer Teams" jedenfalls noch rätselhafter als zuvor. HEINZ K. STAHL
(Institut für Unternehmensführung der Universität Innsbruck)
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