François Truffaut hat sich zu seiner filmischen Autobiografie bekannt. Doch was ist mit den übrigen jeunes Turcs - Éric Rohmer, Jean-Luc Godard, Jacques Rivette und Claude Chabrol, die allesamt als Kritiker der Cahiers du cinéma ihre Karriere starten und allesamt ins Regiefach wechseln? Cinéma d'auteurs, écriture, caméra stylo - das sind die Schlüsselbegriffe, mit denen die Filme der Nouvelle Vague besetzt sind, Filme, die Ende der Fünfzigerjahre des 20. Jahrhunderts die Moderne im Kino begründen. Doch haben es Filmwissenschaft und Filmpublizistik, wie etwa Frieda Grafe, belassen beim Konstatieren eines "autobiografischen Moments" im Fall der Nouvelle Vague. Systematisch wurde autobiografisches Erzählen im Film ebenfalls noch nicht untersucht. Die vorliegende Studie spannt nun einen Bogen von Theorie und Praxis traditioneller wie moderner literarischer Autobiografien von Goethe, Rousseau bis zu den nouveaux romanciers über Theorien aus Psychologie (Jacques Lacan) und Film (André Bazin, Christian Metz, Gilles Deleuze), um diese Theoreme schließlich auf die Nouvelle Vague anzuwenden. Die Fallstudien untersuchen die unterschiedlichen auto(r-)biografischen Konzepte und Formen der ersten Arbeiten von Truffaut, Godard und Rohmer. Dabei zeigt sich, dass der Film der Fiktion und eben nicht der "Dokumentarfilm" geradezu prädestiniert ist, autobiografisch zu erzählen, legt er doch über seine beiden Erzählebenen Sprache und Bild die autobiografische Lüge einer Identität von Erzähler und erzählter Person, den "autobiografischen Pakt" Philippe Lejeunes, im Dialog mit dem Anderen offen - und wirkt gerade darüber äußerst authentisch.
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