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Der preisgekrönte, poetisch-rauhe Zirkusroman aus der Pariser Vorstadt, in dessen Mittelpunkt ein begabter Hund steht - und der Traum einer Handvoll Zeltarbeiter, einen eigenen Zirkus zu gründen.

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Produktbeschreibung
Der preisgekrönte, poetisch-rauhe Zirkusroman aus der Pariser Vorstadt, in dessen Mittelpunkt ein begabter Hund steht - und der Traum einer Handvoll Zeltarbeiter, einen eigenen Zirkus zu gründen.
Autorenporträt
Ludovic Roubaudi, geboren 1963 in Paris,; nach dem Abitur Arbeit beim Zirkus gearbeitet, danach verschiedene Tätigkeiten, bevor er Journalist für "Vermischtes" bei verschiedenen Provinzblättern wurde. Der Autor lebt mit seiner Familie in Chalon-sur-Saone.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 21.05.2004

Farce in der Manege
Hundefutter und Spiele: Ludovic Roubaudi dressiert den Leser

Ach, der arme Weisnix: Kleiner Hund, der er ist, läuft er grau und struppig auf nichtsdestominder weißen Pfoten durch die Welt, bis ihn ein arges Zahnweh befällt und er mit geschwollenem Maul in eine Ansammlung von Zirkusarbeitern hineinstolpert, welche nach stattgehabter Romaneinleitung etwas unschlüssig pausieren und warten, daß sich eine rechte Handlung einstellen möge zwischen den Buchdeckeln, die ihre Welt begrenzen: Bislang war ihr Dasein der Entwurf einer rauhbeinigen Gegenwelt zu der unseren, die sich irgendwo am Rande von Paris befindet, in der es hart, feucht und dumpf, aber gerecht zugeht und wo das Dasein eine Abfolge von Anekdoten zu sein scheint, welche authentisch sein könnten, hat doch Autor Ludovic Roubaudi eigenen Angaben zufolge nach dem Abitur im Zirkusmilieu gejobbt, sind doch die Anekdoten manches Mal genauso pointenfrei, wie eben echte Anekdoten aus echten Arbeitsmilieus für den Außenstehenden gemeinhin so sind.

Der Hund Weisnix also gerät in die Runde aus mehr oder minder dümmlichen Muskelpaketen, darunter der Erzähler, hinein, ihm wird in der Zahnsache geholfen, und künftighin ist er in der Pflicht, die Handlung des Romans auf seine zerbrechlichen Schulterchen zu nehmen, eines Romans, der in der deutschen Fassung dann sogar nach ihm benannt ist (im Original noch nach den Zeltbauern), der laut Klappe "so schön und so traurig wie ein Lied von Edith Piaf" sei und der in einer Vergangenheitsform erzählt ist, die nichts Gutes ahnen läßt für Weisnix. Aber das weiß der ja nicht. Und läßt sich mit der arglosen Anhänglichkeit, zu welcher nur Hunde in der Lage sind, einspannen, ermöglicht unter Aufbietung überhündischer Kräfte jenen einen großen Ruck, der hier durch die Welt der Zeltbauer gehen soll, damit auch ohne gar zuviel Entwicklung doch am Ende eine veränderte Welt steht: In diesem Fall sollen die trinkfesten Placker urplötzlich einen schönen Traum in sich entdecken, den gemeinsam zu träumen sich lohnt, sollen aus dem Nichts einen eigenen, den "Zeltbauer-Zirkus" erschaffen.

Diesen Funken zu zünden, ein Feuer zum Glimmen und zum Brennen zu bringen, könnte für den Autor nun ein aufwendiges Unterfangen sein - hätten die Zeltbauer nicht ihren Boß Marco, dem sie glücklicherweise in echt hündischer Treue ergeben sind und der es ureigentlich ist, welchem der Traum vom eigenen Zirkus seit langem vorschwebt, und der ihn aber aufgrund einer tragischen Geschichte vor vielen Jahren nie umgesetzt hat. Er braucht nämlich einen mächtigen Impuls, der ihn sein Trauma angehen läßt und ihm neue Hoffnung gibt, nun doch alles auf die eine, riskante Karte zu setzen, von Tür zu Tür zu laufen, um viele alte Kollegen aus dem Anekdotenschatzkästlein zum Mitmachen zu überreden, um Löwen, Clowns, einen Stellplatz, ein Zelt et cetera zusammenzutrommeln, den großen Sprung ins kalte Wasser der Selbständigkeit zu wagen - dieser Impuls ist, man ahnt es schon, der Hund Weisnix.

Und der ist, um dieses mittlere Lebensbeben hervorrufen zu können, einfachheitshalber mit einer nahezu magischen Begabung ausgestattet: Der Streuner ist ein geborenes Zirkustalent, mit ihm kann der alte Dresseur Koutsen noch einmal aus dem Ruhestand hervorgekramt werden, um eine durch und durch sensationelle Dressurnummer zu erarbeiten - an der dann alles, aber auch alles hängt (und jetzt noch einmal rückwärts): Publikum, Artisten, Löwen, Elefanten, Clowns, Zelt, Koutsen, Marco, die Zeltarbeiter, kurz gesagt also das gesamte Buch, das uns als traurig verkauft worden ist, obwohl es doch bis Seite 265 von 268 als locker-unterhaltsames Stück windschiefer Proletarromantik erscheinen will: Die tragische Pointe, auf die alles hinausläuft, kommt so überraschend wie Ulrich Wickerts geruhsamer Nachtgruß am Abend.

Die Idylle der Rückblende ist die Erzählfarbe des Buches, in epischen Monologen erhellen die Figuren uns über Marcos Urtrauma, nämlich den Verlust der begnadeten Schimpansin Marie, über das zermürbende Leben als Zirkusdirektorin, über die historischen Wurzeln der kreisrunden Manege im 18. Jahrhundert sowie auch über das selbstredend tragische Schicksal von Bula-Bombator, des wohl berühmtesten aller Zirkuselefanten. Idyllisch ist das gesamte Geschehen, das zwar keine Rauferei, aber doch jeden Konflikt in der Handlung scheut: Die spürbare Grunddämlichkeit der Zeltarbeiter ersetzt die Leerstellen fehlender Intrigen; wo ein möglicher Bösewicht, der Ausbeuter Tarkey, im letzten Drittel überraschend eingeführt wird, so verschwindet er auch rasch wieder in der Versenkung; selbst wenn hin und wieder wohlfeile Kapitalismuskritik aufblitzt, so hat sie doch nirgends in der märchenhaften Konstruktion des Romans ihren Platz: Er will vom schicksalhaften Glück und von dessen Verfliegen handeln, von einem bittersüßen Erinnern statt vom Kampf ums Dasein, von Placken und Ränken.

Nur so ist denn wohl der implementierte Ich-Erzähler zu verstehen: Er flüstert uns die Döntjes zu, die zum Romanbeginn angeschwemmt werden, in seiner Person liegt eine Art von Zusammenhang vor, und wenn wir ihn soweit abgekauft haben, dann sollen wir ihm wohl auch seine Ausflüge ins Prosa-Schwadronat verzeihen: "Der eine wollte den anderen übertrumpfen - auf der einen Seite die rohe Kraft, auf der anderen Seite die überlegte Kraft. Schnell fielen die T-Shirts, und man sah nur noch ihre grau glänzenden Oberkörper, die immer wieder Schweiß versprühten, wenn eine Funkenwolke sie traf. Ächz! Das erschöpfte Röcheln am Ende eines mühevollen Atemzugs unter Aufbietung aller Kräfte. Ächz! Ein Schmerz, der im Ohr klingt. Muskeln, die sich unter der schmutzigen Haut spannen, knotig und sehnig wie ein Stück totes Holz. Die Roheit des nackten Körpers, der ringt und leidet. Qualvolles Wüten. Die ganze Fabrik zittert unter diesem Angriff."

Wer derlei von sich gibt, den mögen wir uns wohl als Jungliteraten in Altklamotten vorstellen, der durch Pariser Cafés und Flohmärkte stromert - niemals aber als einen Kollegen der beiden wortlosen Anpacker und Schufter. Ihrem Schöpfer hat der Literaturbetrieb verziehen, hier stört es ja gar nicht, wenn banale Dinge zu mythischer Größe aufgeplustert werden: In Frankreich hat Roubaudi für sein Debüt Preise eingesackt, ist vielfach nach außerhalb übersetzt worden - und die Filmrechte sind wohl auch schon weg. Wer das Rührstück also ohne Liebesgeschichte haben will, sollte zum Buch greifen - es läßt sich, auf Wiesen liegend, nett weglesen, und manchmal hat man ja gerade nichts Besseres vor.

KLAUS UNGERER

Ludovic Roubaudi: "Der Hund von Balard". Roman. Aus dem Französischen von Gaby Wurster. Verlag SchirmerGraf, München 2004. 272 S., geb., 19,80 [Euro].

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"Egal, ob Sie sich etwas aus Zirkus machen oder nicht: Um dieses Buch zu lieben, genügt es, Menschen zu lieben." (Elle, Paris)
"Dieser Roman erinnert an einen Film von Fellini: Stellen Sie sich vor, die Kinder von Gelsomina hätten La Strada verlassen und wären in einem Pariser Vorort gelandet, wo sie nicht, wie in Amacord, Pfaue im Schnee sehen, sondern einen armseligen Köter von ähnlicher Poesie." (Le Monde)
"Ein Buch, das ich selbst gerne geschrieben hätte. Das Zirkusmilieu, aber nicht das bunte, schillernde in der Manege, sondern das raue, harte, hinter den Kulissen, in den Ställen und Wohnwägen. Im Stil wie John Steinbecks Tortilla Flat." (Anna Gavalda)