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Ist Marketing nur ein übles Spiel mit der Sehnsucht und den Wünschen der Menschen - mit dem einzigen Zweck, sie zum Kauf von Dingen zu verführen, die sie nicht benötigen und für die sie eigentlich gar kein Geld haben? - So jedenfalls sehen es viele «Käufer wider Willen». Auch die seriöse Wirtschaftspresse mokiert sich gern über die «Mätzchen» des Marketings, und nachdenkliche Wissenschaftler beklagen die «geringe theoretische Reife» der Disziplin. Torsten Pohl hat also guten Grund, Sinn und Aufgabe des Marketings neu zu bestimmen. Gelingen kann dies nach Pohls Überzeugung nur durch die…mehr

Produktbeschreibung
Ist Marketing nur ein übles Spiel mit der Sehnsucht und den Wünschen der Menschen - mit dem einzigen Zweck, sie zum Kauf von Dingen zu verführen, die sie nicht benötigen und für die sie eigentlich gar kein Geld haben? - So jedenfalls sehen es viele «Käufer wider Willen». Auch die seriöse Wirtschaftspresse mokiert sich gern über die «Mätzchen» des Marketings, und nachdenkliche Wissenschaftler beklagen die «geringe theoretische Reife» der Disziplin. Torsten Pohl hat also guten Grund, Sinn und Aufgabe des Marketings neu zu bestimmen. Gelingen kann dies nach Pohls Überzeugung nur durch die Rückbesinnung auf Werte und Grundsätze der Sozialen Marktwirtschaft.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 10.06.2002

Gnade vor des Verbrauchers Augen
Der Ordoliberalismus als gesellschafts- und wirtschaftspolitisches Leitbild für das Marketing

Torsten André Pohl: Marketing in der Sozialen Marktwirtschaft. Eine Streitschrift für die Erneuerung des Marketing-Ethos. Verlag Paul Haupt, Bern 2001, 228 Seiten, 36 Euro.

Von einer Streitschrift erwartet der Leser, daß sie programmatisch und gleichzeitig angriffslustig geschrieben ist. Das Werk von Torsten André Pohl erfüllt beide Ansprüche in hohem Maße. Programmatische Aussagen kommen bereits zu Beginn des Vorworts ("Das Marketing steckt in einer tiefen Identitätskrise") und in dem Zitat aus dem Marketing-Lehrbuch von Michael Baker zum Ausdruck, das der Einleitung vorangestellt ist: "Marketing is a subject worth of serious study, and a honourable profession as well". Beide Aussagen zeigen den Spannungsbogen auf, der die Lektüre des Buches von der ersten bis zur letzten Seite begleitet und zu einer spannenden Beschäftigung macht.

Die vom Verfasser immer wieder variierte Kernaussage ist einer der ersten Schriften Ludwig Erhards aus dem Jahr der Währungsreform 1948 entnommen: "Gnade vor den Augen der Verbraucher" zu finden. Überträgt man Erhards (und Alfred Müller-Armacks) Grundkonzept einer Sozialen Marktwirtschaft auf ein Marketingethos aus gesamtwirtschaftlicher Sicht, so ergibt sich daraus nach Pohl die folgende Forderung an das Unternehmen: "Gestalte deine Leistungen nach den Bedürfnissen und Wünschen der Zielkunden - und du schlägst die Konkurrenz, beglückst die Kunden, sicherst dein eigenes Einkommen und dienst dem Allgemeinwohl!"

Allerdings stellt der Verfasser im gleichen Atemzug ernüchternd fest, die geforderte "Demut vor dem Verbraucher" bliebe doch häufig auf der Strecke. Drei Gründe stünden dem entgegen: eine ausschließliche Orientierung am Aktionärsnutzen im Sinne des Shareholder-value-Konzepts, das Entarten des strukturpolitischen Leitbilds der Sozialen Marktwirtschaft zu einer bloßen Leerformel sowie eine ideologische Denaturierung des Marketingethos in Richtung ökonomistischer Einflüsse.

Der reinen Shareholder-Value-Konzeption stellt Pohl die Marketingorientierung gegenüber, da die Hauptaufgabe des Unternehmens in der "Schaffung von Absatzmärkten" (ein Wort von Peter Drucker) bestehe. Allerdings bedürfe das Marketing eines sinnvollen gesellschafts- und wirtschaftspolitischen Leitbilds in Gestalt einer Renaissance der Sozialen Marktwirtschaft und des Ordoliberalismus. Und es sei wichtig, den "schwer geschädigten Ruf des Marketing" durch eine kritische Rückbesinnung auf dessen Ethos wiederherzustellen: zum Beispiel im Sinne der Warnung des Werbefachmanns David Ogilvy an seine Kunden: "Der Verbraucher ist kein Trottel, sondern deine Frau!"

Hinsichtlich der inhaltlichen Ausgestaltung der Marketingethik zollt der Verfasser der Konzeption von Ursula Hansen seine Anerkennung. Der Marketingpraktiker (Pohl spricht hier vom "Marketer") hätte sich an dieser Stelle vielleicht noch eine stärkere Konkretisierung einzelner Ethikkomponenten gewünscht, wie Ethikverantwortliche, Ethikkodex und Ethikaudit, oder auch mehr Information über die wichtigen Branchenvereinbarungen.

Der Leser erkennt, daß der Verfasser eine bildkräftige, prononcierte Sprache bevorzugt, um die Dinge zu vereinfachen und auf den Punkt zu bringen. Gelegentlich wird allerdings auch des Guten zuviel getan. Obwohl die Darstellung nicht frei von Wiederholungen ist, wirken diese nicht unangenehm. Sie bringen vielmehr den Sachverstand des Theoretikers zum Ausdruck, der seinen Gegenstand hin und her wendet, um ihn von allen Seiten anschaulich zu betrachten.

Diese Gründlichkeit zeigt sich insbesondere in der Art und Weise, mit der Pohl Menschenbild und Marktwirtschaftsverständnis als die beiden "brüchig gewordenen Hauptpfeiler des Marketingethos" einer "ordoliberalen Generalrevision" unterzieht. Kompetent und einfühlsam zeichnet er die Positionen der Sozialen Marktwirtschaft und des Ordoliberalismus als "Sinnstifter" für das Marketing nach, wobei Wilhelm Röpke und Ludwig Erhard die meistzitierten Autoren sind, aber auch die gegenwärtige Rezeption und aktuelle Diskussion nicht vergessen werden. Dabei orientiert sich der Verfasser weitgehend am Ethikverständnis Peter Ulrichs.

Der wirtschaftende Mensch wird als Marketingakteur betrachtet, geprägt durch vielfältige Bedürfnisse, ein Leben in der Gemeinschaft, Moralität und persönliche Freiheit. Im Mittelpunkt ordoliberaler "Vitalpolitik" steht also "der ganze Mensch" und nicht "der Kunde als Objekt des strategischen Kalküls". Es leuchtet ein, daß die Überwindung dieses Konflikts in der Praxis Schwierigkeiten bereitet und hier auch Bescheidenheit angesagt ist.

Der Autor selbst sieht dies ebenfalls realistisch, wenn er schreibt, man würde "die Marketingverantwortlichen in der Praxis grotesk überfordern, wenn man von ihnen verlangte, den Menschen jederzeit in seiner Ganzheit zu betrachten und eben nicht als Kunden". Aber sie seien auch dazu prädestiniert, sich ihrer Verpflichtung als Bürger entsprechend für die Erhaltung der Sozialen Marktwirtschaft einzusetzen. Eine mit Engagement und Elan geschriebene, verdienstvolle Untersuchung eines wichtigen Themas.

HARTMUT KREIKEBAUM.

(Lehrstuhl für Internationales Management an der European Business School, Oestrich-Winkel)

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