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Es ist Krieg, vor hundert Jahren und heute. Während aus den im Schlamm eingegrabenen Stellungen des Ersten Weltkriegs die Soldaten zu entkommen versuchten, ergreift heute der Krieg, wie z. B. in Syrien, jeden Ort eines Landes und macht große Teile der Zivilbevölkerung zu Flüchtenden. Kriege sind Bewegungen hin zu und fort vom Ort des Gefechts, des Tötens und Sterbens, der Zerstörung. Das Theater scheint dabei 'weit vom Schuss' und bietet doch einen Ort der Reflexion über unser Verhältnis zum Krieg an. Dem historischen Krieg sind wir durch Erinnerung verbunden, mit den gegenwärtigen…mehr
Es ist Krieg, vor hundert Jahren und heute. Während aus den im Schlamm eingegrabenen Stellungen des Ersten Weltkriegs die Soldaten zu entkommen versuchten, ergreift heute der Krieg, wie z. B. in Syrien, jeden Ort eines Landes und macht große Teile der Zivilbevölkerung zu Flüchtenden. Kriege sind Bewegungen hin zu und fort vom Ort des Gefechts, des Tötens und Sterbens, der Zerstörung. Das Theater scheint dabei 'weit vom Schuss' und bietet doch einen Ort der Reflexion über unser Verhältnis zum Krieg an. Dem historischen Krieg sind wir durch Erinnerung verbunden, mit den gegenwärtigen Kriegen wirtschaftlich – Waffenexporte – und politisch – Geo-Interessen, Geflüchtete – verflochten. Für Brechts Fatzer-Fragment ist Krieg ein zentraler Bezugspunkt. Er erscheint dort als eine radikale Form politischen Handelns, die in sich Potential und Gefahr der Zerstörung allen sozialen Zusammenhalts, aber zugleich auch Potential und Versprechen der Schaffung anderer, neuer sozialer Verhältnisse trägt. Heute meint Krieg häufig Bürgerkrieg, doch ohne Klassenkampf, den der Aufruf zum Bürgerkrieg in Fatzer intendiert. Andererseits wirken andere Formen der Krise und des Kampfes um politische und ökonomische Hegemonie, andere Waffen, so dass im Blick zurück nach vorn neu nach den Figuren von Freund und Feind und der Ziehung von Fronten gefragt werden muss. Und wie sich der Krieg abbrechen lässt – auch diese Frage gilt weiter. Der vierte Band der Mülheimer Fatzerbücher versammelt die wissenschaftlichen Beiträge des Symposiums der Vierten Fatzer Tage 2014 und dokumentiert die dort gezeigten Theaterarbeiten: Fatzer – eine Zeremonie von Futur II Konjunktiv, Sounds like war: Kriegserklärung von andcompany&Co. und die drei aus dem Open Call der Fatzer Tage entstandenen Arbeiten Fatzer oder Selbstkritik der kgi des Performancekollektivs kgi – büro für nicht übertragbare angelegenheiten, Absagen an Krieg von Ewert Nitschke und DIY-Fatzer von Tilman Aumüller, Jacob Bussmann, Bettina Földesi und Ruth Schmidt.
Matthias Naumann (M.A.) ist freier Theaterwissenschaftler, Autor, Dramaturg und Übersetzer. Er forscht und veröffentlicht in den Bereichen Theater, Film und Jüdische Studien. Er studierte Theater, Film und Medienwissenschaft, Germanistik und Judaistik in Frankfurt am Main, Tel Aviv und Paris. Er ist Mitgründer der Künstlergruppe manche(r)art. Er war, gemeinsam mit Stefanie Plappert, für die wissenschaftliche Konzeption und Realisierung des im November 2008 eröffneten Norbert Wollheim Memorials in Frankfurt am Main verantwortlich. Übersetzer israelischer Theaterstücke ins Deutsche, u.a. von Hanoch Levin, Yonatan Levy und Maya Arad; arbeitete als freier Dramaturg und Kurator u.a. für Tmuna-Theater, Tel Aviv, Deutsches Theater Göttingen, en/COUNTERs in and between Israel and Germany (Center for Contemporary Art, Tel Aviv/ Künstlerhaus Mousonturm, Frankfurt am Main); seit 2013 Kurator für die Mülheimer Fatzer Tage am Ringlokschuppen Ruhr. Seine Stücke waren zu den Autorentheatertagen 2013 am Deutschen Theater Berlin eingeladen und für den Autorenpreis des Heidelberger Stückemarkts 2014 nominiert. Seit 2014 arbeitet er als Autor mit dem Theaterkollektiv Futur II Konjunktiv. Florian Thamer studierte Theaterwissenschaft und Neuere deutsche Literatur an der Freien Universität Berlin. Derzeit ist er Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Internationalen Forschungskolleg "Interweaving Performance Cultures" und schreibt in diesem Rahmen seine Dissertation über Inszenierungs- und Kommerzialisierungsstrategien im modernen globalen Profifußball der Männer bei Joachim Fiebach. Darüber hinaus entwickelte er gemeinsam mit Tina Turnheim – unter Rückbezug auf Brechts Lehrstückkonzeption – das theoretische Modell eines "Theaters der Sorge", welches in der praktischen Anwendung mit der Theatergruppe EGfKA kollektive Arbeitsformen an der Schnittstelle zwischen Theater und dem Politischen erprobt.
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