Es ist der erste Band (›Nobody’s Fool‹), der 1984 in North Bath spielt und ich empfehle, die Bücher in der richtigen Reihenfolge zu lesen, da wir einigen Figuren in ›Ein Mann der Tat‹ (›Everbodys Fool‹) wieder begegnen.
Es ist die Geschichte des 60-jährigen Donald Sullivans, genannt Sully, der
vielleicht nicht der Schlauste, aber einer der gewieftesten Einwohner North Baths ist. Eine…mehrEs ist der erste Band (›Nobody’s Fool‹), der 1984 in North Bath spielt und ich empfehle, die Bücher in der richtigen Reihenfolge zu lesen, da wir einigen Figuren in ›Ein Mann der Tat‹ (›Everbodys Fool‹) wieder begegnen.
Es ist die Geschichte des 60-jährigen Donald Sullivans, genannt Sully, der vielleicht nicht der Schlauste, aber einer der gewieftesten Einwohner North Baths ist. Eine heruntergekommene Stadt, in der nur die verfallenen Fassaden imposanter Häuser von glorreichen Zeiten zeugen, Menschen, die sich am letzten Fünkchen Hoffnung und leeren Versprechungen festklammern, während Nachbarstädte längst den amerikanischen Traum leben.
Im Gegensatz zu anderen hat sich Sully mit dem Leben in der abgehängten Kleinstadt arrangiert und ist – mal mehr mal weniger – zufrieden, so wie es ist. Er haut die übers Ohr, die es verdient haben, und hilft denen, die es nötig haben. Man könnte sagen, er wurschtelt sich so durch. Auch wenn er hätte mehr aus seinem Leben machen können, wie Miss Beryl, seine ehemalige Lehrerin und jetztige Vermieterin, nicht müde wird zu erwähnen. Nach einem Arbeitsunfall hat Sully ein schmerzendes Knie, ist kaum arbeitsfähig und hofft auf eine Frührente. Doch dafür müsste er die Schulbank drücken, was so gar nicht in seinem Sinne ist und auch nicht gut für seinen ständig leeren Geldbeutel. Also schmeißt er hin und jobbt schwarz für Carl Roebuck, der ihm noch Geld schuldet für die früheren Jobs. Aber Sully nimmt sich, was ihm zusteht – nicht immer auf legalem Weg. Da fällt es ihm schwer, ausgerechnet für Will, seinen Enkel, ein gutes Vorbild zu sein. Denn er bereut es inzwischen, seinem Sohn kein besserer Vater gewesen zu sein, und gedenkt nun, es bei Will besser zu machen. Wird es wieder nur ein guter Vorsatz bleiben, wie so viele andere?
»Sein ganzes Leben lang war Sully der Prototyp eines Menschen, der mit seinen Leistungen hinter den Erwartungen zurückblieb; die Leute sagten von ihm, er spiele für niemanden den Dummkopf, ein Spruch, der Sully zweifellos gefiel, ohne dass er den zugrundeliegenden Sinn erahnt hätte – dass er mit sechzig von seiner Frau geschieden war, halbherzig eine Affäre mit der Frau eines anderen weiterführte, seinem Sohn entfremdet und schlimm verletzt war und praktisch nicht mehr arbeiten konnte. All das verwechselte Sully störrisch mit Freiheit und Unabhängigkeit.« S.40
Wie immer sind es Geschichten, die das Leben schreibt, die Außenseiter in den Mittelpunkt stellen, tragische Helden, die auf der Strecke bleiben, für die der amerikanische Traum nur die Möhre vor der Nase des Esels ist. Russo gibt ihnen auf unspektakuläre Weise und mit viel hintersinnigen Humor ein Gesicht und zeichnet fast minutiös ihren Alltag nach.
Er verzichtet auf große Dramen und Action, macht aber im Kleinen deutlich, wo die Probleme sind. Und es sind so viele, dass es unmöglich ist, sie alle anzureißen. Letztlich sind es die Fesseln der Gesellschaft, in denen sie alle feststecken, sich aufbäumen, scheitern und einen neuen Versuch starten.
Nach den 777 Seiten musste ich tatsächlich erstmal durchatmen. Diesmal hat er doch einige Längen gehabt, zu viele detaillierte Nebenschauplätze und Figuren, die es in der Ausführlichkeit nicht gebraucht hätte. Ab dem 2. Teil strafft sich allerdings die Handlung wieder.
Nun ja, es ist halt wie ein Kurzurlaub in North Bath – es passiert nichts Spektakuläres, während die Zeit dahin tröpfelt, aber man hat vielen Menschen tief in die Seele geschaut. Menschen, die mir ans Herz gewachsen sind.
Die knuffige, alte Dame Miss Beryl, die ihrem Sohn misstraut, aber den Außenseiter Sully ins Herz geschlossen hat. Sullys Geliebte Ruth, die es nicht leicht hat mit ihm. Sein Hilfsarbeiter Rub, der Stinker, dem ein paar Lichter auf der Torte fehlen. Carl, Geizhals und Schürzenjäger, Wirf, der beste einbeinige Anwalt – sie alle werden mir fehlen. Ach was solls, die Längen sind längst vergessen.