"Was zur Hölle soll das?", stöhnte ich. "Wer klaut einen Ring und bezahlt dafür?"
Als er am Morgen nach der großen Schulparty verkatert zu sich kommt, hat Julius jede Menge Ärger am Hals: Der wertvolle Familienring, der ihm erst am Tag zuvor von seinem Vater feierlich überreicht wurde, ist verschwunden. Stattdessen steckt in seiner Jeansjacke ein dickes Bündel Geld, fast 4.000 Euro. Als Anhaltspunkt für das, was da passiert ist, hat er nichts als eine Handynummer - und die vage Erinnerung an Joe, eine ziemlich taffe Göre, mit der er gestern eine Weile geredet hat und die auf einen Schlag verschwunden war...
Als er am Morgen nach der großen Schulparty verkatert zu sich kommt, hat Julius jede Menge Ärger am Hals: Der wertvolle Familienring, der ihm erst am Tag zuvor von seinem Vater feierlich überreicht wurde, ist verschwunden. Stattdessen steckt in seiner Jeansjacke ein dickes Bündel Geld, fast 4.000 Euro. Als Anhaltspunkt für das, was da passiert ist, hat er nichts als eine Handynummer - und die vage Erinnerung an Joe, eine ziemlich taffe Göre, mit der er gestern eine Weile geredet hat und die auf einen Schlag verschwunden war...
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 21.03.2007Wie kommt all das Geld in meine Jacke?
Zärtlich, lässig: Ein Jugendbuch feiert die Liebe von Julius und Joe
Christian Linker ist ein Mann mit Humor, wenngleich einem eigenwilligen. Auf der Homepage des Autors sind Meinungen zum Thema Alkoholkonsum gefragt, zur Auswahl stehen: Saufen ist total widerlich und macht blöd! Saufen ist total cool und macht sexy! Saufen ist widerlich und macht blöd, aber ich fühl mich dabei durchaus cool und sexy! Ich seh das differenzierter, nämlich so: . . .
Julius jedenfalls hat sich auf der Schuljahresschlussfeier ordentlich die Lichter ausgeblasen. Nach dem Filmriss lassen sich die Erinnerungen an die Nacht nur bruchstückhaft zusammensetzen. Der Ring, ein Familienerbstück, ist weg, ein dickes Bündel Geldscheine da, dessen Herkunft aber ist ungewiss. Nur eines ist sicher: Joe, das wilde, leicht verwahrloste Mädchen mit dem Schlangentattoo, ist der Schlüssel zu all den Merkwürdigkeiten.
Julius und Joe sind die Hauptakteure in Linkers Roman "Doppelpoker", einer geschickt konstruierten Kriminalgeschichte, deren doppelperspektivische Erzählweise von besonderer Raffinesse ist. Elegant löst der Autor die bewusst gesetzten Klischees von der Idylle einer wohlsituierten Akademikerfamilie auf der einen und der Rumpffamilie aus dem Arbeitermilieu - der Vater abgehauen, die Mutter alkoholkrank - auf der anderen Seite nach und nach auf. Wie bei Schmuck ist auch im Leben manches Talmi.
Die Rumtreiberin mit dem forschen Ton und den schüchternen Professorensohn in Designerklamotten trennt ihre Herkunft, was sie eint, sind Offenheit, Fähigkeit zu Selbstironie und die Suche nach dem Mehr im Leben. Beide sind Getriebene: Julius von den Erwartungen seines Vaters, Joe von ihrer kriminellen Vergangenheit. Bemerkenswert ist die lässige Zartheit, mit der Linker die beiden scheinbar Ungleichen zueinanderfinden lässt. Nicht einmal der Coolste - und Coolsein ist mit vierzehn, fünfzehn nun mal wichtig - dürfte einen Hauch von Kitsch erkennen. Die in den amüsant abgedrehten Krimi wunderbar leichtgewichtig eingewobene Geschichte vom Erwachsenwerden, vom Sichselbstfinden zwischen Eigenverantwortung und den Zwängen der Verhältnisse lässt einen sogar über die Sprache hinwegsehen, die entweder gerade noch authentisch ist oder schon eine übertriebene Konzession an die jugendliche Kundschaft. Aber, hey - um in der Diktion zu bleiben -, gelegentlich nervt's etwas.
Saufen ist erbärmlich, findet übrigens Joe. Julius muss erst noch darüber nachdenken, welche Meinung er hat, er macht's einfach. Den Preis für die originellste Antwort würden sie von Linker dafür wohl beide nicht bekommen. Aber die Sympathie des Lesers ist ihnen sicher.
ELENA GEUS
Christian Linker: "Doppelpoker". Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2007. 224 S., br., 7,- [Euro]. Ab 14 J.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Zärtlich, lässig: Ein Jugendbuch feiert die Liebe von Julius und Joe
Christian Linker ist ein Mann mit Humor, wenngleich einem eigenwilligen. Auf der Homepage des Autors sind Meinungen zum Thema Alkoholkonsum gefragt, zur Auswahl stehen: Saufen ist total widerlich und macht blöd! Saufen ist total cool und macht sexy! Saufen ist widerlich und macht blöd, aber ich fühl mich dabei durchaus cool und sexy! Ich seh das differenzierter, nämlich so: . . .
Julius jedenfalls hat sich auf der Schuljahresschlussfeier ordentlich die Lichter ausgeblasen. Nach dem Filmriss lassen sich die Erinnerungen an die Nacht nur bruchstückhaft zusammensetzen. Der Ring, ein Familienerbstück, ist weg, ein dickes Bündel Geldscheine da, dessen Herkunft aber ist ungewiss. Nur eines ist sicher: Joe, das wilde, leicht verwahrloste Mädchen mit dem Schlangentattoo, ist der Schlüssel zu all den Merkwürdigkeiten.
Julius und Joe sind die Hauptakteure in Linkers Roman "Doppelpoker", einer geschickt konstruierten Kriminalgeschichte, deren doppelperspektivische Erzählweise von besonderer Raffinesse ist. Elegant löst der Autor die bewusst gesetzten Klischees von der Idylle einer wohlsituierten Akademikerfamilie auf der einen und der Rumpffamilie aus dem Arbeitermilieu - der Vater abgehauen, die Mutter alkoholkrank - auf der anderen Seite nach und nach auf. Wie bei Schmuck ist auch im Leben manches Talmi.
Die Rumtreiberin mit dem forschen Ton und den schüchternen Professorensohn in Designerklamotten trennt ihre Herkunft, was sie eint, sind Offenheit, Fähigkeit zu Selbstironie und die Suche nach dem Mehr im Leben. Beide sind Getriebene: Julius von den Erwartungen seines Vaters, Joe von ihrer kriminellen Vergangenheit. Bemerkenswert ist die lässige Zartheit, mit der Linker die beiden scheinbar Ungleichen zueinanderfinden lässt. Nicht einmal der Coolste - und Coolsein ist mit vierzehn, fünfzehn nun mal wichtig - dürfte einen Hauch von Kitsch erkennen. Die in den amüsant abgedrehten Krimi wunderbar leichtgewichtig eingewobene Geschichte vom Erwachsenwerden, vom Sichselbstfinden zwischen Eigenverantwortung und den Zwängen der Verhältnisse lässt einen sogar über die Sprache hinwegsehen, die entweder gerade noch authentisch ist oder schon eine übertriebene Konzession an die jugendliche Kundschaft. Aber, hey - um in der Diktion zu bleiben -, gelegentlich nervt's etwas.
Saufen ist erbärmlich, findet übrigens Joe. Julius muss erst noch darüber nachdenken, welche Meinung er hat, er macht's einfach. Den Preis für die originellste Antwort würden sie von Linker dafür wohl beide nicht bekommen. Aber die Sympathie des Lesers ist ihnen sicher.
ELENA GEUS
Christian Linker: "Doppelpoker". Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2007. 224 S., br., 7,- [Euro]. Ab 14 J.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Ein "amüsant abgedrehter Krimi", der das zugrunde liegende Sujet von den Problemen des Erwachsenwerdens unauffällig miterzählt, das werden die jungen Leser bestimmt goutieren, ohne auch nur einen "Hauch von Kitsch" vorzufinden, notiert Elena Geus. Und das sei schließlich wichtig in der vierzehnjährigen Zielgruppe, die Christian Linker ansprechen will. Dass die um den Diebstahl einer erklecklichen Menge von Bargeld konstruierte Geschichte so eine lohnende Lektüre ist, liegt für die Rezensentin auch daran, dass sie jeweils aus den recht unterschiedlichen Perspektiven der in den Vorfall verwickelten Protagonisten Julius und Joe erzählt wird. Nur die auf jugendlich getrimmte Sprache stößt Geus manchmal etwas unangenehm auf.
© Perlentaucher Medien GmbH
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