Professionalität bedeutet heute etwas völlig anderes als noch vor zehn Jahren. Reines Fachwissen wird dabei immer unbedeutender. Wir müssen nichts mehr abarbeiten, wir haben sich stetig wandelnde Prozesse zu steuern und Probleme zu lösen. Unsere unternehmerische Persönlichkeit steht immer stärker im Vordergrund. Um diese Entwicklung aktiv mitzugestalten, brauchen wir viele verschiedene Intelligenzen, die zusammengenommen unsere Professionelle Intelligenz ausmachen, sagt Gunter Dueck.
IQ - Intelligenz des Verstands: für Methoden, Planung, Controlling, Verwaltung,
EQ - Emotionale Intelligenz: für Kommunikation, Zusammenarbeit, Motivation,
VQ - Vitale Intelligenz des Handelns: für Führung, Durchsetzungsvermögen,
AQ - Intelligenz der Sinnlichkeit, Sinn für Attraktion: für Marketing, Werbung, Verkauf,
CQ - Kreative Intelligenz: für Kunst, Forschung, Technologie, Innovation,
MQ - "Sinn für Sinn".
Scharf, eigenwillig und unterhaltsam skizziert er die Anforderungen der Arbeitswelt von morgen. Er folgert: Unsere Professionelle Intelligenz entscheidet über unsere Zukunft. Entweder wir werden professionell, oder wir werden Teil halbautomatischer Workflows - in einem Niedriglohnjob. Der gute alte IQ ist schon in den Maschinen drin.
IQ - Intelligenz des Verstands: für Methoden, Planung, Controlling, Verwaltung,
EQ - Emotionale Intelligenz: für Kommunikation, Zusammenarbeit, Motivation,
VQ - Vitale Intelligenz des Handelns: für Führung, Durchsetzungsvermögen,
AQ - Intelligenz der Sinnlichkeit, Sinn für Attraktion: für Marketing, Werbung, Verkauf,
CQ - Kreative Intelligenz: für Kunst, Forschung, Technologie, Innovation,
MQ - "Sinn für Sinn".
Scharf, eigenwillig und unterhaltsam skizziert er die Anforderungen der Arbeitswelt von morgen. Er folgert: Unsere Professionelle Intelligenz entscheidet über unsere Zukunft. Entweder wir werden professionell, oder wir werden Teil halbautomatischer Workflows - in einem Niedriglohnjob. Der gute alte IQ ist schon in den Maschinen drin.
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 08.10.2011Wissen
war Macht
Wer Substantielles über die Wirtschaft und die Arbeit der Zukunft erfahren wollte und will, ist mit Gunter Duecks erhellenden Büchern schon immer gut bedient worden. Kein Wunder, war es doch das intellektuelle Kerngeschäft des Cheftechnologen und Vordenkers des weltumspannenden IBM-Konzerns, das Terrain des Morgen schon mal vorausschauend zu erkunden. Nicht nur, um die künftigen Geschäftsmodelle des amerikanisch gesteuerten IT-Konzerns im besonderen und der übrigen Unternehmen im allgemeinen zu identifizieren. Auch, um die dazu nötigen Qualifikationen der Arbeitenden in dieser veränderten, informationstechnisch intelligenter gewordenen Wirtschaft auszuloten.
Wohl nicht von ungefähr hat Dueck jetzt mit 60 die Rente bei IBM eingereicht, weil dem sensiblen technisch, psychologisch, philosophisch und ökonomisch versierten Multigelehrten das reduzierte Credo des IBM-Obersten Sam Palmisano: „Profit per share“, also Aktienrenditensteigerung als seligmachende Zielvorgabe, vorkommen muss wie die Schlagzahlerhöhung auf der Sklavengaleere. Ein Tort gegen die professionelle Intelligenz von Menschen, die eigentlich eher Sinnstiftung in den obersten Führungsetagen erwarten als jenes weit verbreitete „unprofessionelle Schlechtfühlmanagement“, wie Dueck es in seiner unnachahmlichen, trocken-sarkastischen Diktion nennt.
Professionelle Intelligenz also. Die braucht Dueck zufolge jede(r), der oder die existentiell in der Wirtschaftswelt von morgen überleben und einen Beitrag zum Gelingen leisten will. Öde Routine, uninformierte Kenntnis- und Lustlosigkeit bei der Standard-Arbeit, das war gestern. Ach nein: sie ist ja nun bis heute weit verbreitet: Belege und Aufträge in Listen übertragen, Anträge in siebenfacher Ausfertigung von Hand ausfüllen, anlagebereiten Bankkunden geballtes Unwissen über das Geschäftsmodell eines interessierenden Unternehmens offenbaren – „da muss ich erst mal in unserer Research-Abteilung nachfragen“ – , Professoren, die seit 25 Jahren die ewig gleiche Standardvorlesung halten. Das alles, so Dueck, sind „Commodities“, Standardprodukte und -dienstleistungen, die sich jeder halbwegs aufgeweckte Interessent längst selbst im Internet abholen kann.
Wofür aber sind smarte Kunden dann letztlich noch zu zahlen bereit? Für Leistungen, die Expertise und Meisterschaft verlangen, die ein Problem auf unnachahmlich exzellente Weise gelöst oder eine knappe Ressource (Zeit, Kennerschaft, Erfahrung) in ein Ergebnis verwandelt haben, „das dann am besten sinnvoll, schön nützlich und innovativ“ ist. „Diese übergreifende Professionelle Intelligenz haben nur wenige. Deshalb suchen Unternehmen verzweifelt nach Leuten, die über den Tellerrand schauen, die zu verschiedenen Sichten fähig sind, die aus irgendwelchen Ressourcen immer noch etwas zu zaubern vermögen“, so Dueck. So erklärt sich womöglich auch die Tendenz zur „Generation Praktikum“ oder zum befristet beschäftigten Prekariat in ehemals hochangesehenen Branchen, weil Aspiranten erst einmal einer Art impliziten Tests ihrer Professionelle Intelligenz unterzogen werden.
Jetzt aber kommt das eigentliche: Bildung, Bildung über alles? Kann man vergessen! Wissen war Macht. Morgen ist nicht länger das alte IQ-Modell angesagt, sondern eine ganze Palette von Intelligenzen, die Dueck anmahnt. Emotionale sowieso, aber auch vitale, sinnliche oder die der intuitiven Neugier. Kurz: Wer sich nicht mit ganzem, brennenden Herzen und vollem Verstand, mit Lust und Laune in die Arbeit stürzt, kann einpacken.
Dagmar Deckstein
Gunter Dueck: Professionelle Intelligenz. Worauf es morgen ankommt. Eichborn Verlag, Frankfurt am Main 2011. 256 Seiten. 19,95 Euro.
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war Macht
Wer Substantielles über die Wirtschaft und die Arbeit der Zukunft erfahren wollte und will, ist mit Gunter Duecks erhellenden Büchern schon immer gut bedient worden. Kein Wunder, war es doch das intellektuelle Kerngeschäft des Cheftechnologen und Vordenkers des weltumspannenden IBM-Konzerns, das Terrain des Morgen schon mal vorausschauend zu erkunden. Nicht nur, um die künftigen Geschäftsmodelle des amerikanisch gesteuerten IT-Konzerns im besonderen und der übrigen Unternehmen im allgemeinen zu identifizieren. Auch, um die dazu nötigen Qualifikationen der Arbeitenden in dieser veränderten, informationstechnisch intelligenter gewordenen Wirtschaft auszuloten.
Wohl nicht von ungefähr hat Dueck jetzt mit 60 die Rente bei IBM eingereicht, weil dem sensiblen technisch, psychologisch, philosophisch und ökonomisch versierten Multigelehrten das reduzierte Credo des IBM-Obersten Sam Palmisano: „Profit per share“, also Aktienrenditensteigerung als seligmachende Zielvorgabe, vorkommen muss wie die Schlagzahlerhöhung auf der Sklavengaleere. Ein Tort gegen die professionelle Intelligenz von Menschen, die eigentlich eher Sinnstiftung in den obersten Führungsetagen erwarten als jenes weit verbreitete „unprofessionelle Schlechtfühlmanagement“, wie Dueck es in seiner unnachahmlichen, trocken-sarkastischen Diktion nennt.
Professionelle Intelligenz also. Die braucht Dueck zufolge jede(r), der oder die existentiell in der Wirtschaftswelt von morgen überleben und einen Beitrag zum Gelingen leisten will. Öde Routine, uninformierte Kenntnis- und Lustlosigkeit bei der Standard-Arbeit, das war gestern. Ach nein: sie ist ja nun bis heute weit verbreitet: Belege und Aufträge in Listen übertragen, Anträge in siebenfacher Ausfertigung von Hand ausfüllen, anlagebereiten Bankkunden geballtes Unwissen über das Geschäftsmodell eines interessierenden Unternehmens offenbaren – „da muss ich erst mal in unserer Research-Abteilung nachfragen“ – , Professoren, die seit 25 Jahren die ewig gleiche Standardvorlesung halten. Das alles, so Dueck, sind „Commodities“, Standardprodukte und -dienstleistungen, die sich jeder halbwegs aufgeweckte Interessent längst selbst im Internet abholen kann.
Wofür aber sind smarte Kunden dann letztlich noch zu zahlen bereit? Für Leistungen, die Expertise und Meisterschaft verlangen, die ein Problem auf unnachahmlich exzellente Weise gelöst oder eine knappe Ressource (Zeit, Kennerschaft, Erfahrung) in ein Ergebnis verwandelt haben, „das dann am besten sinnvoll, schön nützlich und innovativ“ ist. „Diese übergreifende Professionelle Intelligenz haben nur wenige. Deshalb suchen Unternehmen verzweifelt nach Leuten, die über den Tellerrand schauen, die zu verschiedenen Sichten fähig sind, die aus irgendwelchen Ressourcen immer noch etwas zu zaubern vermögen“, so Dueck. So erklärt sich womöglich auch die Tendenz zur „Generation Praktikum“ oder zum befristet beschäftigten Prekariat in ehemals hochangesehenen Branchen, weil Aspiranten erst einmal einer Art impliziten Tests ihrer Professionelle Intelligenz unterzogen werden.
Jetzt aber kommt das eigentliche: Bildung, Bildung über alles? Kann man vergessen! Wissen war Macht. Morgen ist nicht länger das alte IQ-Modell angesagt, sondern eine ganze Palette von Intelligenzen, die Dueck anmahnt. Emotionale sowieso, aber auch vitale, sinnliche oder die der intuitiven Neugier. Kurz: Wer sich nicht mit ganzem, brennenden Herzen und vollem Verstand, mit Lust und Laune in die Arbeit stürzt, kann einpacken.
Dagmar Deckstein
Gunter Dueck: Professionelle Intelligenz. Worauf es morgen ankommt. Eichborn Verlag, Frankfurt am Main 2011. 256 Seiten. 19,95 Euro.
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