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Alles, was Emma tut, tut sie ganz. Ihre Heirat mit dem revolutionären Dichter Georg Herwegh ist ein Skandal. Sie, die Tochter aus gutem Hause, geht ins Paris von Marx und Heine. Sie reiht sich 1848 als einzige Frau in den bewaffneten Trupp, der die Revolution von Frankreich in die Heimat tragen soll. Doch als Herwegh sich unsterblich in Natalie verliebt, die Frau seines Genossen Alexander Herzen, wird das Programm der freien Liebe zu einem Kampf um Treue und Verrat. Packend, aus größter Nähe erzählt Dirk Kurbjuweit von einer Frau, die sich den Vorurteilen ihrer Zeit nicht beugt. Er macht uns…mehr

Produktbeschreibung
Alles, was Emma tut, tut sie ganz. Ihre Heirat mit dem revolutionären Dichter Georg Herwegh ist ein Skandal. Sie, die Tochter aus gutem Hause, geht ins Paris von Marx und Heine. Sie reiht sich 1848 als einzige Frau in den bewaffneten Trupp, der die Revolution von Frankreich in die Heimat tragen soll. Doch als Herwegh sich unsterblich in Natalie verliebt, die Frau seines Genossen Alexander Herzen, wird das Programm der freien Liebe zu einem Kampf um Treue und Verrat. Packend, aus größter Nähe erzählt Dirk Kurbjuweit von einer Frau, die sich den Vorurteilen ihrer Zeit nicht beugt. Er macht uns Emma zu unserer Zeitgenossin, eine Frau, die beides will, die ganze Freiheit und das ganz persönliche Glück.
Autorenporträt
Dirk Kurbjuweit, 1962 in Wiesbaden geboren, war von 1990 bis 1999 Redakteur bei der ZEIT, dann beim Nachrichtenmagazin Der Spiegel als Reporter, stellvertretender Leiter des Hauptstadtbüros, politischer und heute stellvertretender Chefredakteur. Wichtigste Preise: Egon-Erwin-Kisch-Preis (1998 und 2002), Medienpreis des Deutschen Bundestags (2009), Roman-Herzog-Medienpreis (2011), Deutscher Reporterpreis (2012). Mehrere seiner Romane wurden fürs Kino verfilmt und für die Bühne dramatisiert. Bei Hanser zuletzt erschienen: Alternativlos (Merkel, die Deutschen und das Ende der Politik, 2014) und Die Freiheit der Emma Herwegh (Roman, 2017).
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 21.02.2017

Auf den Barrikaden des Herzens
Dirk Kurbjuweit erzählt in seinem neuen Roman von den vergeblichen Kämpfen und der fürchterlichen Liebe des
Revolutionärs Georg Herwegh und seiner Frau Emma. Dabei lotet er das Spannungsverhältnis von Privatheit und Politik aus
VON JÖRG MAGENAU
Dass das Private politisch ist, gehört zu den bis zum Überdruss durchgekauten Phrasen, die von den Emanzipationsbewegungen der Sechzigerjahre übrig geblieben sind. Dabei war der Antrieb, zusammen mit den politischen Machtstrukturen auch die Moral-, Ehe-, Familien- und Liebesverhältnisse umzukrempeln, durchaus revolutionär und konnte immerhin auf der Erkenntnis von Karl Marx aufbauen, dass die Familie die Keimzelle der bürgerlichen Gesellschaft sei, Veränderungen also ebenso da anzusetzen hätten. Wie viel Spießertum aber auch in den Revolutionären steckte, zeigte sich spätestens dann, als vom Weltveränderungspathos nur noch die Selbsterfahrungsgruppen und Beziehungskistenstreitereien übrig geblieben waren. Gerade das Private widersetzte sich hartnäckig dem politischen Wandel.
Dirk Kurbjuweit, Jahrgang 1962, ist als Romanautor ebenso bekannt wie als politischer Reporter des Spiegel. Er kennt generationsgemäß zumindest noch die Nachwehen der 68er-Epoche, sodass es nicht verwundert, wenn er das Spannungsfeld von Privatheit und Politik einmal grundsätzlich untersucht. Er tut das erzählerisch und im Gewand eines historischen Künstlerromans aus den Tiefen des 19. Jahrhunderts, als „Bürgerlichkeit“ noch für Umsturz und für Fortschritt stand.
Der Roman handelt von den vergeblichen Kämpfen und der fürchterlichen Liebe des demokratisch-revolutionären Poeten Georg Herwegh und seiner Frau Emma. Ihre gemeinsame Geschichte besteht aus einer politischen Farce und einer privaten Tragödie. Sie handelt von Emanzipation und Aufbruch, aber auch von zerstörerischer Leidenschaft: von Selbstgerechtigkeit auf seiner, von Selbstlosigkeit auf ihrer Seite.
„Die Freiheit der Emma Herwegh“ hat Kurbjuweit seinen Roman genannt, obwohl Zeitgenossen dieser tapferen Frau vorwarfen, sie habe sich zur Sklavin ihres Mannes gemacht. Geboren wurde sie als Tochter eines Tuchhändlers in Berlin, der als Hoflieferant des preußischen Königs Friedrich Wilhelm IV. reich geworden war. Mit knapp 25 Jahren war sie schon das, was man damals ein altes Mädchen nannte, als sie den Dichter Georg Herwegh kennenlernte, der mit den zum Umsturz aufrufenden „Liedern eines Lebendigen“ eine literarische Berühmtheit geworden war und aus dem Schweizer Exil kommend Berlin besuchte.
Sie hatte seine Gedichte gelesen, sich in sein Freiheitsbegehren verliebt und in ihm den Mann erkannt, den sie heiraten könnte, ohne damit zu einer dieser auf Heim und Herd und Muttertum reduzierten Frauen der Berliner Gesellschaft zurechtgestutzt zu werden. Ihre politischen Ambitionen, ihre Sympathie für die demokratischen Bemühungen des Vormärz konnte sie nur als verheiratete Frau verfolgen. Über den Gesellschaftsklatsch, dass sie für den Sympathisanten der Armen und Entrechteten doch eine ziemlich gute Partie abgab, setzen beide sich souverän hinweg.
Kurbjuweit erzählt kapitelweise auf drei verschiedenen Zeitebenen, sodass sich eine Art Gleichzeitigkeit der Ereignisse ergibt: Das Kennenlernen im Berliner Elternhaus, die rasche Heirat und der gemeinsame Weg nach Paris in den Jahren 1842/43 werden überlagert von den revolutionären Ereignissen des Jahres 1848, als Herwegh in Paris am Aufbau der „Deutschen Demokratischen Legion“ beteiligt war und zum Vorsitzenden dieser Freiwilligenarmee gewählt wurde. Mit dem schlecht ausgebildeten und ausgerüsteten Häuflein zog er nach Baden, um dort die Aufständischen um Friedrich Hecker zu unterstützen. Doch als die Truppe dort ankam, war Hecker schon geschlagen, und Herweghs Haufen wurde kurzerhand zusammengeschossen.
Emma begleitete ihn in die Niederlage. Für sie war es selbstverständlich, ihren Mann nicht alleine in den Kampf ziehen zu lassen, auch wenn sie die einzige Frau in dieser soldatischen Männerwelt war. Als Kundschafterin hinter den Linien gelang es ihr, zu Hecker vorzudringen. Nach der verlorenen Schlacht schaffte sie es, weil sie als Frau unverdächtig war, den Gatten aus der Schusslinie zu bringen. Das trug ihm nicht nur den Spott von Heinrich Heine ein, der ihn als „eiserne Lerche“ bezeichnete, sondern auch hämische Karikaturen, die ihn auf einem von Emma Herwegh geführten Pferdekarren unter einer Decke versteckt abbildeten. Der große Dichter: ein feiger Maulheld, der, wie Heine schrieb, „kein Pulver riechen“ kann und „erblasst“, wo „Schüsse knallen“.
Der entscheidende erzählerische Kniff aber besteht in der Rahmenhandlung, die im Jahr 1894 angesiedelt ist. Da ist Emma eine knapp achtzigjährige Witwe, die in großer Armut in Paris lebt. Sie erzählt ihre Geschichte einem jungen Mann, der Benjamin Franklin heißt, in dem aber unschwer der Dichter Frank Wedekind zu erkennen ist. Er hat geerbt, lebt auf großem Fuß, vergnügt sich mit vielen Huren und schreibt Theaterstücke, die geeignet sind, auch die kampferprobte alte Dame erröten zu lassen. Doch sie schockiert ihn mit ihrer Geschichte noch viel mehr.
Das ist dann die dritte Handlungsebene, die um 1850 herum spielt, als die Herweghs in Paris das Ehepaar Alexander und Natalie Herzen kennenlernten und Georg und Natalie sich unrettbar ineinander verliebten. Emma wusste nicht nur um dieses leidenschaftliche Verhältnis ihres Mannes, sondern überbrachte auch dessen Liebesbriefe und wurde zu einer Vertrauten Natalies. Sie hielt weiter zu ihrem Georg und machte sich zur Dienerin dieser sie ausschließenden Beziehung, die als sogenannte „Herzen-Affäre“ bald auch öffentlichen Skandal machte.
Herwegh war geprägt von den Theorien des französischen Utopisten Charles Fourier, der Freiheit nicht nur politisch als Befreiung von der Knechtschaft verstand, sondern auch gesellschaftlich als Gleichberechtigung von Mann und Frau. Freie Liebe und Promiskuität bis hin zur Bildung von sogenannten Phalangen als einer Art Wohngemeinschaft mit freier Sexualität gehörten zu seiner Lehre. Kurbjuweit lässt Herwegh in der feinen Gesellschaft Berlins darüber referieren. Er lässt Karl Marx in Paris dem Ehepaar Herwegh ein Angebot zur Gründung so einer Phalanx machen, was Emma jedoch ablehnt. Herwegh selbst bedient sich an der Theorie, interpretiert sie aber ausschließlich zu seinem Vorteil. So wie er im Roman erscheint, war er politisch naiv, als Poet eher zweitklassig und als Liebender ein Schuft. Und doch blieb er für Emma der Einzige, der Größte und der verklärte Geliebte. Freiheit besteht ja auch in der Entscheidung, an einer unmöglichen Liebe festzuhalten.
Kurbjuweits Roman ist packend und liest sich streckenweise wie eine süffige Kolportage. Er schreibt ein Liebesdrama in mehreren Akten, bei dem auch eine voyeuristische Öffentlichkeit nicht unbeteiligt bleibt. Allerdings fällt das Buch stilistisch auseinander. Die Rahmengeschichte ist in der Ich-Form und im Präsens gehalten, mit Emma als Erzählerin, die ihre Gespräche mit Wedekind mitstenografiert. Das ist mit all dem „sage ich“, „sagt er“ und in der Zudringlichkeit der Gegenwartsform einigermaßen mühsam. Vor allem aber fügt es sich nicht mit den anderen, ganz konventionell im Imperfekt und mit allwissendem Erzähler gehaltenen Kapiteln, die in ihrem schlichten Stil mit kurzen, präzisen Sätzen eher den Reportage-Autor Kurbjuweit erkennen lassen.
Das politische Geschehen gerät dadurch ästhetisch in eine etwas altbackene Position; die erotische Dimension der Geschichte aber entfaltet sich in Rückblenden aus dem atemlosen Stakkato des Jetzt als Unbewältigtes. Das mag so gewollt sein, überzeugend ist der Perspektivwechsel aber auch deshalb nicht, weil das Erotische und das Politische, die doch als eine revolutionäre Bewegung zusammengehören, in der Darstellung auseinanderfallen. Trotzdem bleiben Geschichten und Figuren, die lange nachwirken.
Dirk Kurbjuweit: Die Freiheit der Emma Herwegh. Roman. Carl Hanser Verlag, München 2017. 336 Seiten, 23 Euro. E-Book 16,99 Euro.
Frühe Frauenrechtlerin: Emma Herwegh (1817 – 1904).
Foto: oh
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 09.03.2017

Im Karneval der freien Liebe
Revolutionärin aus gutem Hause: Dirk Kurbjuweits Roman über das turbulente Leben der Emma Herwegh

"Aus Ihnen wollte ich ein herrliches, begeisterndes Buch machen, und ich wollte den Leser sehen, der es wagte, nicht für Sie zu schwärmen", schrieb Ludmilla Assing 1862 an Emma Herwegh. "Ihr Charakter, Ihre Energie, Ihre Güte; daneben einer unser edelsten deutschen Dichter, Dichter und Freiheitsheld zugleich, die badische Revolution, Italien, Orsini, der gewaltige, kühne Mann, o das sollte ein Buch werden, das ich mit Leidenschaft schriebe." Assing, Herausgeberin von Humboldts Briefen und Varnhagen von Enses Tagebüchern, hat das Buch nie geschrieben, wohl aber der "Spiegel"-Redakteur Dirk Kurbjuweit. Herrlich ist es vielleicht nicht, eher eine nüchterne, halbgare Mischung aus historischem Roman, Biographie und Magazin-Titelstory, aber das liegt natürlich an der historischen Distanz. Begeisterte Heldenverehrung ist aus der Mode geraten und der Name Herwegh heute weithin unbekannt.

Vor 170 Jahren war Georg Herwegh, Heines "Eiserne Lerche", der Popstar unter den Vormärz-Dichtern, gefeiert, geliebt und verfolgt für seine schwungvollen "Gedichte eines Lebendigen": "Wir haben lang genug geliebt / und wollen endlich hassen". Die demokratischen Jungfrauen lechzten nach seinen Haarlocken, die Studenten brachten ihm Fackelzüge aus, Marx wollte eine WG mit ihm gründen, Bakunin war sein Trauzeuge. Nach 1848 kam nicht mehr viel: Exil, Armut, Affären, nach wie vor unbeugsame, aber immer schwächer werdende Tendenzpoesie: "Alle Räder stehen still / wenn dein starker Arm es will", "Germania, mir graut vor dir" und solche Sachen. Emma Herwegh galt zu Lebzeiten, eigentlich bis vor kurzem nur als die Frau an seiner Seite. Dabei war sie viel mehr: schön, klug, reich (ihr Vater war Seidenwarenhändler und Hoflieferant in Berlin), kämpferisch, künstlerisch vielfach begabt, emanzipiert. Emma trug Hosen und rauchte Zigarren wie George Sand, sie konnte schießen und reiten wie der Teufel, politisch diskutieren und leidenschaftlich lieben. Mit zwei Pistolen am Gürtel und einer kecken Feder am Hut zog sie in die Badische Revolution. Emma war Revolutionärin durch und durch, ganz im Gegensatz zu ihrem Georg, der sich 1842 bei der Audienz beim König blamierte, 1848 als Maulheld erwies und danach als erbärmlicher, larmoyanter Frauenheld.

Emma war stärker, mutiger, anständiger als ihr Mann, aber sie ordnete sich dem Genie und der Sache der Freiheit unter. Als die Deutsche Legion, eine Brigade von Intellektuellen und Sensenmännern aus Paris, im April 1848 unter Herweghs Führung in Straßburg tatenlos auf die Vereinigung mit Heckers Truppen wartete, war es Emma, die sich als Kundschafterin durch die feindlichen Linien schlug und Kontakt aufnahm. Als die Legionäre, schwer aufs Haupt geschlagen, in alle Richtungen zerstoben, rettete sie ihrem Georg den Kopf. Als die reaktionäre Presse und der Spötter Heine sich über den Freiheitshelden unter dem Pantoffel lustig machten, hielt sie ihm die Treue. Emma fiel nicht einmal von ihm ab, als er sich in einer spektakulären Affäre mit Alexander Herzens schöner Frau Natalie zum Gespött von halb Europa machte.

Der "Karneval der freien Liebe" fand zweimal statt, einmal als Farce, dann als Tragödie. Emma wollte ihren Mann zum revolutionären Jagen tragen, und da mussten persönliche Empfindlichkeiten zurückstehen. Für die Männer war sexuelle Beinfreiheit selbstverständlich notwendig, für sie als Frau Schmerz und Demütigung. "Es ist ihre Pflicht, Georg entweder von dieser Liebe zu heilen oder glücklich zu machen", schrieb Emma an ihre Rivalin Natalie; die Briefe überbrachte sie eigenhändig. Kein Wunder, dass Herzen sie als "Sklavin", wenn nicht Zuhälterin ihres Mannes beschimpfte. Eifersucht war kleinbürgerlich und schäbig, aber das "harmonische Zusammenleben freier Menschen" funktionierte nicht wie in Fouriers Phalange-Theorie. "Nur über die Liebe konnte man sich emanzipieren", lässt Kurbjuweit die alte Emma sagen, "und jetzt ist es nicht viel anders. Ich konnte politisch wirken, weil ich einen politischen Mann hatte und später einen politischen Geliebten. Anders ging es nicht." Kurbjuweit lässt offen, ob Emmas Bewunderung für Felice Orsini, den gutaussehenden anarchistischen Verschwörer und Bombenwerfer, mehr als romantische Schwärmerei war. Sicher ist jedenfalls, dass Emma Herwegh als liebende und hassende Mutter Courage der '48er mehr hermacht als Georg, der Mann an ihrer Seite.

Kurbjuweit erzählt das bewegte Leben von Herweghs Muse, Lektorin und Nachlassverwalterin aus ihrer Sicht, nicht chronologisch, aber nah an den Tatsachen entlang. Alles beginnt 1842 wie im Schicksalsroman: Der höheren Tochter erscheint Herwegh als der strahlende Held, auf den sie so lange gewartet und für den sie sich aufgespart hat. Der Feldzug von 1848 und die gescheiterte Revolution schweißen das Paar zusammen, aber Georgs Affären mit der Comtesse Marie d'Agoult und Natalie stellen Emmas bedingungslose Liebe auf eine harte Probe. Für diesen letzten Abschnitt tritt Emma aus der historischen Versenkung heraus in die Rolle der Ich-Erzählerin: Verarmt, aber politisch ungebrochen und scharfzüngiger denn je dröselt die kokette Alte 1894 ihrem jungen Freund Frank Wedekind noch einmal die Herzen-Affäre bis in ihre albernsten Verwicklungen, Schreikrämpfe und Duellforderungen auf. Ihr Stolz, ihre Diskretion, ihre Nachsicht und ihr Humor imponieren selbst dem jungen "Lulu"-Wüstling. Wedekind lässt sich mit Datteln, Gürkchen und Erinnerungen füttern, später wird er sich für die Wohltaten seiner mütterlichen Freundin revanchieren.

Trotzdem kann man nicht von einer Kontinuität zwischen 1848, früher Sozialdemokratie und dem Frühlingserwachen der Moderne sprechen. Formal ist "Die Freiheit der Emma Herwegh" nämlich eher schlicht und betulich als revolutionär. Einen romantischen Schicksalsroman à la "Die Tochter des Seidenhändlers" hat Emma nicht verdient, aber vielleicht eine Biographie, die sich ihre Zeitgemäßheit nicht durch Datteln, Spermaflecken auf dem Hecker-Brief und möglicherweise ausgehängte Klotüren in der Pariser Kommune 1 versichern muss. Man fragt sich, warum Kurbjuweit einen Roman geschrieben hat, der historisch und menschlich einfühlsam ist, aber letztlich weder Fisch noch Fleisch.

MARTIN HALTER.

Dirk Kurbjuweit: "Die Freiheit der Emma Herwegh." Roman.

Hanser Verlag, München 2017. 336 S., geb., 23,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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"Man wird Emma Herwegh nach der Lektüre nicht so schnell vergessen. Kurbjuweits Roman steht einerseits auf einem sicheren historischen Fundament, was andererseits die Voraussetzung ist, die nach ihrem Glück, aber auch nach Veränderung, Mitsprache, Emanzipation strebende Emma so zu schildern, wie Kurbjuweit es einfühlsam und anrührend tut: als eigensinnige, dem 19. Jahrhundert entwachsene Frau." Cord Aschenbrenner, Neue Zürcher Zeitung, 12.08.17

"Dirk Kurbjuweit findet für seinen Roman einen schönen und leicht lesbaren Ton, der sich zwar im 19. Jahrhundert verortet, doch zugleich schnörkellos und modern klingt. So stehen längere, ausführende Sätze neben kurzen Situationsbeschreibungen, die eher an Schlagzeilen erinnern. Und schon während der Lektüre wird klar, dass man im Grunde genommen gerade drei Bücher liest: eine Biografie, ein Geschichtsbuch und ein Ehedrama. Was will man mehr?" Bettina Baltschev, MDR Kultur, 27.06.17

"Kurbjuweit gelingt ein schönes, packendes Bild dieser beherzten Frau (...) eine souverän entworfene, suggestive Erzählung, das Eindrucksvollste, was man über sie und ihre Welt lesen kann." Klaus Bellin, neues deutschland, 10.05.17

"... toll recherchiert und wunderbar erzählt." Michael Luisier, SRF 2 Kultur "Kontext", 10.05.17

"Unterhaltsam und lehrreich. (...) Kurbjuweit entwirft Emma als unbedingte Person und als eine, die ihrer Zeit weit voraus ist, eher der Logik heutiger Radionalität verhaftet ist." Judith Heitkamp, Bayern 2 "Diwan", 23.05.17

"Emma Herwegh ist eine Figur, die - wie man im Kino sagt - larger than life ist. (...) Dirk Kurbjuweit hat ihr mit diesem Roman ein Denkmal gesetzt." Antje Deistler, Deutschlandfunk "Büchermarkt", 30.05.17

"Der rundum gelungene historische Roman Dirk Kurbjuweits, der sich als tragischer Frauenroman ebenso lesen lässt wie als historischer Roman über das Scheitern der 1848er Revolution, hat aber noch eine weitere Dimension: Er reflektiert auch die Widersprüche der 68-Generation zwischen öffentlichem Engagement für die Emanzipation und privatem Festhalten am Patriarchat." Ronald Schneider, Rheinische Post Online, 27.03.17

"Dirk Kurbjuweits erster historischer Roman beweist, dass sich journalistisches und literarisches Schreiben keineswegs im Weg stehen. Im Gegenteil: Bis in die Dramaturgie, die Verschränkung dreier Zeitebenen, die gezielte Auswahl von Figuren und historischen Situationen hinein profitiert sein Buch vom fokussierenden Arbeiten des Essayisten und des Leitartiklers. (...) Ein erhellender, ein interessanter Roman. Er ist es vor allem durch seine Aktualitätsbezüge." Ursula März, Die Zeit, 16.03.17

"Kurbjuweits Roman ist packend und liest sich streckenweise wie eine süffige Kolportage. Er schreibt ein Liebesdrama in mehreren Akten, bei dem auch eine voyeuristische Öffentlichkeit nicht unbeteiligt bleibt." Jörg Magenau, Süddeutsche Zeitung, 21.02.17

"Die Struktur des Romans finde ich bravourös. (...) Ein Buch, das in Bann schlägt und Wissen lebendig macht." Denis Scheck, SWR "lesenswert", 26.01.17

"Ein amüsanter Text mit eindrucksvollen Figuren. (...) Dieser Roman hat Musik: Es gibt Gedichte, harte Worte, weiche Herzen, zwischendurch ein paar Sätze Französisch, zahllose subtile Verwicklungen, viele berühmte Namen, viele Anspielungen." SWR 2, Forum Buch, 05.02.17
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