"Jetzt lebe ich auf einem schmerzensreichen Planeten." (Frida Kahlo als Neunzehnjährige)
In diesem erstmals vollständig auf deutsch vorliegenden Band hat die Kunstkritikerin und Freundin Frida Kahlos - Raquel Tibol - Briefe, Notizen, Gedichte und Bekenntnisse der Künstlerin versammelt. Adressaten sind ihre Freunde, Kollegen und Liebhaber. Frida schreibt, so Raquel Tibol, "mit dem Herz auf der Zunge, in einer freimütigen, phantasievollen Sprache", die ihre Vorliebe für Wortschöpfungen, Umgangssprache und das Überschreiten linguistischer Grenzen zeigt. Die extreme Freiheit der Sprache ist der erste Schritt zur bedingungslosen Aufrichtigkeit - dem Ausgangspunkt für Frida Kahlos malerischen Auseinandersetzung mit ihrer Welt und den darin immer wiederkehrenden Motiven; dem Busunfall, der sie von ihrem 18. Lebensjahr an versehrt ließ, die - quälende, fordernde - Leidenschaft der Heranwachsenden für Alejandro Gomez Arias, ihre komplexe und faszinierende Beziehung zu Diego Rivera, ihre Krankheit als Schicksal, ihr politisches Engagement und ihre Kompromisslosigkeit.
In diesem erstmals vollständig auf deutsch vorliegenden Band hat die Kunstkritikerin und Freundin Frida Kahlos - Raquel Tibol - Briefe, Notizen, Gedichte und Bekenntnisse der Künstlerin versammelt. Adressaten sind ihre Freunde, Kollegen und Liebhaber. Frida schreibt, so Raquel Tibol, "mit dem Herz auf der Zunge, in einer freimütigen, phantasievollen Sprache", die ihre Vorliebe für Wortschöpfungen, Umgangssprache und das Überschreiten linguistischer Grenzen zeigt. Die extreme Freiheit der Sprache ist der erste Schritt zur bedingungslosen Aufrichtigkeit - dem Ausgangspunkt für Frida Kahlos malerischen Auseinandersetzung mit ihrer Welt und den darin immer wiederkehrenden Motiven; dem Busunfall, der sie von ihrem 18. Lebensjahr an versehrt ließ, die - quälende, fordernde - Leidenschaft der Heranwachsenden für Alejandro Gomez Arias, ihre komplexe und faszinierende Beziehung zu Diego Rivera, ihre Krankheit als Schicksal, ihr politisches Engagement und ihre Kompromisslosigkeit.
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Durch diese Publikation hat sich Frida Kahlos Bild für den "rmg" zeichnenden Rezensenten verdichtet und tiefere Konturen bekommen. Herausgeberin Raquel Tibol hat Kahlos Briefe und Texte, die teilweise an entlegenen Stellen oder überhaupt noch nicht publiziert worden seien, chronologisch von 1922 bis 1954 in einem sorgfältig annotierten Band zusammengestellt. Den deutschen Titel findet "rmg" allerdings etwas pathetisch. Im mexikanischen Original habe Tibol Kahlos Texte schlicht als "Escrituras" herausgegeben.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.07.2004"Mehr als meine eigene Haut": Die Briefe von Frida Kahlo
In einem Brief an Lucienne Bloch, die Assistentin ihres Mannes Diego Rivera, liefert Frida Kahlo am 14. Februar 1938 eine Selbstbeschreibung: "Nur so viel, daß ich wieder meine verrückten mexikanischen Kleider trage, meine Haare wieder gewachsen sind und ich so dünn bin wie eh und je. Mein Charakter ist ebenfalls unverändert, ich bin lustlos wie immer, ohne Begeisterung für irgend etwas, ziemlich dumm und verdammt sentimental. Manchmal denke ich, daß es an meiner Krankheit liegt, aber das ist natürlich nur eine gute Ausrede."
Wer von Frida Kahlos Kunst nichts hält, dem ist mit solchen Sätzen Genugtuung gegeben. Weiß sie doch offenbar selbst um die Marginalität ihrer Werke - oder kokettiert zumindest damit. Denn noch im November 1938 wird sie eine Ausstellung in der New Yorker Galerie von Julien Levy haben und zwölf Bilder verkaufen. Dann richtet ihr im März 1939 der Surrealist André Breton eine Schau in Paris aus. Dennoch - ihr Leben lang ist sie die zertrümmerte Frau, der die Überwindung ihres unter Schmerzen verfallenden Leibes kaum gelingt, im Konsum von Alkohol und Drogen, in der Überhöhung der Liebe zu ihrem Mann, in Leidenschaften mit anderen Männern und Frauen, in ihren Gemälden endlich, aber auch in ihren Maskeraden: Wir bilden eine Fotografie ab, die ihr Freund Nickolas Muray 1946 in New York gemacht hat (seine Fotos sind bis zum 7. September im Schirmer/Mosel Showroom in München zu sehen).
Unter dem pathetischen Titel "Jetzt, wo Du mich verläßt, liebe ich Dich mehr denn je" sind nun Kahlos Briefe und einige andere Schriften erschienen in einem sorgfältig annotierten Band, den Raquel Tibol zuerst 2001 in Mexiko schlicht als "Escrituras" herausgab. Tibol ist Frida Kahlo kurz vor deren Tod noch begegnet und hat Briefe und Texte - teilweise an entlegenem Ort oder noch gar nicht publiziert - chronologisch von 1922 bis 1954 zusammengestellt. Der Band rückt Frida Kahlo nicht in ein neues oder gar anderes Licht. Ihr Bild bekommt tiefere Konturen, verdichtet sich - wie ihre Sprache, je näher sie ans Ende kommt. In einem undatierten Brief an Diego Rivera, wohl aus dem Jahr 1953, schreibt sie: "Mikronenmaterie / Martyrium membrillo / Mikronenmaschinengewehr / Zweige, Meere drangen bitter in die gebrochenen Augen. / Große Bären, schweigende Stimme, Licht."
Frida Kahlos rechtes Bein wurde im August 1953 unterhalb des Knies amputiert, weil der Wundbrand in ihrem Fuß nicht mehr zu schließen war. Sie hat sich von diesem Schnitt nicht mehr erholt. Vor fünfzig Jahren ist sie im Alter von siebenundvierzig Jahren an den Folgen einer Lungenentzündung und wahrscheinlich mit einer Überdosis Betäubungsmitteln in ihrem zerstörten Leib im Haus in Coyoacán gestorben. (Frida Kahlo: "Jetzt, wo Du mich verläßt, liebe ich Dich mehr denn je". Briefe und andere Schriften. Hrsg. und mit einem Vorwort von Raquel Tibol. Aus dem Spanischen und Englischen übersetzt von Lisa Grüneisen und Jochen Staebel. SchirmerGraf Verlag, München 2004. 367 S., geb., 22,80 [Euro].)
rmg
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
In einem Brief an Lucienne Bloch, die Assistentin ihres Mannes Diego Rivera, liefert Frida Kahlo am 14. Februar 1938 eine Selbstbeschreibung: "Nur so viel, daß ich wieder meine verrückten mexikanischen Kleider trage, meine Haare wieder gewachsen sind und ich so dünn bin wie eh und je. Mein Charakter ist ebenfalls unverändert, ich bin lustlos wie immer, ohne Begeisterung für irgend etwas, ziemlich dumm und verdammt sentimental. Manchmal denke ich, daß es an meiner Krankheit liegt, aber das ist natürlich nur eine gute Ausrede."
Wer von Frida Kahlos Kunst nichts hält, dem ist mit solchen Sätzen Genugtuung gegeben. Weiß sie doch offenbar selbst um die Marginalität ihrer Werke - oder kokettiert zumindest damit. Denn noch im November 1938 wird sie eine Ausstellung in der New Yorker Galerie von Julien Levy haben und zwölf Bilder verkaufen. Dann richtet ihr im März 1939 der Surrealist André Breton eine Schau in Paris aus. Dennoch - ihr Leben lang ist sie die zertrümmerte Frau, der die Überwindung ihres unter Schmerzen verfallenden Leibes kaum gelingt, im Konsum von Alkohol und Drogen, in der Überhöhung der Liebe zu ihrem Mann, in Leidenschaften mit anderen Männern und Frauen, in ihren Gemälden endlich, aber auch in ihren Maskeraden: Wir bilden eine Fotografie ab, die ihr Freund Nickolas Muray 1946 in New York gemacht hat (seine Fotos sind bis zum 7. September im Schirmer/Mosel Showroom in München zu sehen).
Unter dem pathetischen Titel "Jetzt, wo Du mich verläßt, liebe ich Dich mehr denn je" sind nun Kahlos Briefe und einige andere Schriften erschienen in einem sorgfältig annotierten Band, den Raquel Tibol zuerst 2001 in Mexiko schlicht als "Escrituras" herausgab. Tibol ist Frida Kahlo kurz vor deren Tod noch begegnet und hat Briefe und Texte - teilweise an entlegenem Ort oder noch gar nicht publiziert - chronologisch von 1922 bis 1954 zusammengestellt. Der Band rückt Frida Kahlo nicht in ein neues oder gar anderes Licht. Ihr Bild bekommt tiefere Konturen, verdichtet sich - wie ihre Sprache, je näher sie ans Ende kommt. In einem undatierten Brief an Diego Rivera, wohl aus dem Jahr 1953, schreibt sie: "Mikronenmaterie / Martyrium membrillo / Mikronenmaschinengewehr / Zweige, Meere drangen bitter in die gebrochenen Augen. / Große Bären, schweigende Stimme, Licht."
Frida Kahlos rechtes Bein wurde im August 1953 unterhalb des Knies amputiert, weil der Wundbrand in ihrem Fuß nicht mehr zu schließen war. Sie hat sich von diesem Schnitt nicht mehr erholt. Vor fünfzig Jahren ist sie im Alter von siebenundvierzig Jahren an den Folgen einer Lungenentzündung und wahrscheinlich mit einer Überdosis Betäubungsmitteln in ihrem zerstörten Leib im Haus in Coyoacán gestorben. (Frida Kahlo: "Jetzt, wo Du mich verläßt, liebe ich Dich mehr denn je". Briefe und andere Schriften. Hrsg. und mit einem Vorwort von Raquel Tibol. Aus dem Spanischen und Englischen übersetzt von Lisa Grüneisen und Jochen Staebel. SchirmerGraf Verlag, München 2004. 367 S., geb., 22,80 [Euro].)
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