entlarvend - vernichtend - schonungslos Wenn eine Regenhose zur »Schutzwaffe« wird, um friedliche Demonstranten als Bedrohung hinzustellen, der Gefahrenbereich zur »Sicherheitszone« mutiert oder der staatlich sanktionierte Mord zur »gezieltenTötung« wird, um sie notwendig und richtig erscheinen zu lassen - dann steckt eine Absicht dahinter: Verschleiern, was das Zeug hält! Nirgendwo fliegen mehr Worthülsen und Unworte umher als in der Politik und bei öffentlichen Debatten. Kai Biermann und Martin Haase analysieren diese Sprache der Politiker, hinterfragen die verwendeten Begriffe, beleuchten sprachliche Hintergründe oder Wortverdrehungen und entlarven ideologische Implikationen und Manipulationen. Denn viele Worte, die wir als selbstverständlich hinnehmen, sind bei genauerem Hinsehen nichts anderes als dreiste Sprachlügen. »Was jemand willentlich verbergen will, sei es vor anderen, sei es vor sich selber, auch was er unbewusst in sich trägt: Die Sprache bringt es an den Tag.« Victor Klemperer
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 08.01.2013Deutsch für
Demagogen
Das Schöpfen neuer Wörter ist kein Privileg sensibler Literaten mehr; längst haben Fremdenverkehrswirte und Übersetzungsprogramme für Betriebsanleitungen das Feld aufgemischt. Immer schneller gelangen die skurrilsten Neuschöpfungen in den Sprachkreislauf, die meisten sind aber selbst den sogenannten Comedians zu schal, um sich darüber lustig zu machen. Kai Biermann und Martin Haase haben von vornherein einen anderen sprachkritischen Ansatz gewählt. Sie untersuchen mit wachem politischem Bewusstsein jene Begriffe, die Schlimmes verschleiern und den Bürger gezielt zur Unmündigkeit erziehen. Am dreistesten treibt es hierbei die Polizei. Da entsteht weitab des Gesetzbuches etwa ein „Gefährder“, dem man dann mit allen möglichen Mitteln der Überwachung zu Leibe rückt, auch wenn bei genauerer Betrachtung dahinter nicht mehr als ein „Fast-Verdächtiger“ steckt. Gleiches gilt für einen „potenziell gewaltbereiten Störer“, der gar nichts anderes sein kann als ein gewaltloser Störer. Es geht also nicht um wohlfeile Belustigung an Wortungetümen, sondern um Begriffe, an die wir uns längst leichtfertig gewöhnt haben. Eine Pflichtlektüre.
HELMUT MAURÓ
Kai Biermann,
Martin Haase:
Sprachlügen.
S. Fischer Verlag,
Frankfurt a. M. 2012.
235 Seiten, 9,99 Euro.
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Demagogen
Das Schöpfen neuer Wörter ist kein Privileg sensibler Literaten mehr; längst haben Fremdenverkehrswirte und Übersetzungsprogramme für Betriebsanleitungen das Feld aufgemischt. Immer schneller gelangen die skurrilsten Neuschöpfungen in den Sprachkreislauf, die meisten sind aber selbst den sogenannten Comedians zu schal, um sich darüber lustig zu machen. Kai Biermann und Martin Haase haben von vornherein einen anderen sprachkritischen Ansatz gewählt. Sie untersuchen mit wachem politischem Bewusstsein jene Begriffe, die Schlimmes verschleiern und den Bürger gezielt zur Unmündigkeit erziehen. Am dreistesten treibt es hierbei die Polizei. Da entsteht weitab des Gesetzbuches etwa ein „Gefährder“, dem man dann mit allen möglichen Mitteln der Überwachung zu Leibe rückt, auch wenn bei genauerer Betrachtung dahinter nicht mehr als ein „Fast-Verdächtiger“ steckt. Gleiches gilt für einen „potenziell gewaltbereiten Störer“, der gar nichts anderes sein kann als ein gewaltloser Störer. Es geht also nicht um wohlfeile Belustigung an Wortungetümen, sondern um Begriffe, an die wir uns längst leichtfertig gewöhnt haben. Eine Pflichtlektüre.
HELMUT MAURÓ
Kai Biermann,
Martin Haase:
Sprachlügen.
S. Fischer Verlag,
Frankfurt a. M. 2012.
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