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Mathea Martinsen ist fast hundert Jahre alt, lebt am Stadtrand von Oslo und hat gerade ihren geliebten Mann verloren. Für wen soll sie nach dem Tod des schrulligen Statistikers jetzt ihre Ohrenwärmer stricken? Mit wem kann sie nun über das Leben philosophieren? Matheas Versuche, ins Leben zurückzufinden, rühren und amüsieren zu Tränen.
"Ich wünschte, ich könnte den kleinen Rest vom Leben aufsparen, bis ich weiß, was ich damit anfangen soll. Aber das geht nicht, dafür müsste ich mich schon einfrieren, und wir haben nur eines dieser kleinen Gefrierfächer über dem Kühlschrank ..." Mathea
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Produktbeschreibung
Mathea Martinsen ist fast hundert Jahre alt, lebt am Stadtrand von Oslo und hat gerade ihren geliebten Mann verloren. Für wen soll sie nach dem Tod des schrulligen Statistikers jetzt ihre Ohrenwärmer stricken? Mit wem kann sie nun über das Leben philosophieren? Matheas Versuche, ins Leben zurückzufinden, rühren und amüsieren zu Tränen.
"Ich wünschte, ich könnte den kleinen Rest vom Leben aufsparen, bis ich weiß, was ich damit anfangen soll. Aber das geht nicht, dafür müsste ich mich schon einfrieren, und wir haben nur eines dieser kleinen Gefrierfächer über dem Kühlschrank ..." Mathea Martinsen will ihre verbleibende Lebenszeit gut nutzen - aber wie? Schon die Teilnahme an einer Tombola im Seniorenzentrum misslingt, weil man prompt ihre eigene Jacke verlost. Und ist eine im Garten vergrabene Zeitkapsel mit ihrem Hochzeitskleid und selbstgestrickten Ohrenwärmern das richtige Mittel, ihr Andenken für die Nachwelt zu bewahren? Mit Humor und großer Zärtlichkeit zeichnet der Roman das Bild einer schüchternen alten Dame, die es noch einmal wissen will.
Autorenporträt
Kjersti A. Skomsvold, geboren 1979 in Oslo, gilt als die wichtigste Gegenwartsautorin Norwegens. Für ihren Debütroman Je schneller ich gehe, desto kleiner bin ich (Hoffmann und Campe 2011) wurde sie mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Neben ihren Romanen veröffentlichte sie Lyrik und autobiographische Prosa.

Ursel Allenstein, geboren 1978, übersetzt u. a. Sara Stridsberg und Christina Hesselholdt. 2011 erhielt sie den Hamburger Förderpreis und 2013 den Förderpreis der Kunststiftung NRW.
Rezensionen
"Ganz selten einmal tauchen sie auf: Debüts von einer großen literarischen Reife, die man nicht erwartet hat. Sprachlich und kompositorisch ein erstaunliches Werk. Offensichtlich geht Kjersti Annesdatter Skomsvold ihr Einfallsreichtum leicht von der Hand. Doch es steckt so viel in diesem Buch - schlichtweg Dichtung auf höchstem Niveau!" -- Aftenposten (3. 3. 2010)

"Ein glänzendes Debüt!" -- NRK, staatliches norwegisches Fernsehen (15. 4. 2010)

"Kjersti Annesdatter Skomsvold schreibt mit großem Einfühlungsvermögen über absurde Schrecken und Hoffnung auf der Zielgeraden des Menschen ... Sie erschafft eine in Sprache, Denken und Handeln entzückende Gestalt." -- Dagbladet (9. 7. 2010)

"Eine herzzerreißende Tragödie, die einen laut auflachen lässt. Skomsvolds wortkarger Stil ist raffiniert und pointiert und schafft eine starke emotionale Intensität selbst an den einfachsten Stellen. Skomsvold fügt das unglaublich schöne und schmerzliche Empfinden der kleinen Dinge eines Allerweltsalltags in Worte. Man muss schon sehr geschickt sein, so etwas zu schaffen: sich selbst auf ein kleines Büchlein zu begrenzen, räumlich einen Quadratkilometer im Osloer Westen nicht zu verlassen und dennoch klar und deutlich etwas Wichtiges und Wahres über einige der größten Geheimnisse der Welt zu sagen." -- Klassekampen (26. 6. 2010)

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 06.12.2011

Leben im Marmeladenglas
Schräges Debüt aus Norwegen: Kjersti A. Skomsvold
Das Monty-Hall-Problem spukt einem nach der Lektüre dieses kleinen Romans noch eine Weile im Kopf herum. Es hat mit zwei Ziegen, einem Auto und den Geheimnissen der Wahrscheinlichkeitsrechnung zu tun, und es ist nicht die einzige Denksportaufgabe, mit der die Ich-Erzählerin, eine verwitwete Norwegerin fortgeschrittenen Alters, ihr Gehirn und das des Lesers in Schwung hält. Schon der Titel mutet fast wie eine Zen-Übung an, verlangt jedenfalls eine gesteigerte Flexibilität der Selbstwahrnehmung und der Raum-Zeit-Perspektive: „Je schneller ich gehe, desto kleiner bin ich.“
Gehen möchte sie, die alte Dame mit dem schönen Namen Mathea Martinsen, sie möchte die Welt und die Osloer Vorstadtsiedlung verlassen, in der sie sich seit dem Tod ihres Mannes noch weniger zurechtfindet als vorher. Aber sie ist sich nicht sicher, ob sie den Abgang beschleunigen oder lieber hinauszögern soll. Von ihren tragikomischen Versuchen, die verbleibende Lebenszeit zu nutzen und dabei die andrängenden Erinnerungen zu sortieren, handelt das Buch. Ob es eher traurig oder eher lustig ist, darüber kann man noch länger nachdenken als über die Ziegen. Fest steht, dass die 1979 geborene Kjersti A. Skomsvold damit einen Einstand als Autorin geliefert hat, der ihre Auszeichnung mit dem Tarjei-Vesaas-Debütpreis und ihre Nominierung für den norwegischen Buchhändlerpreis mehr als rechtfertigt.
Die komfortabel anonymen Wohnanlagen an der Peripherie skandinavischer Großstädte sind, wie nicht erst diese Geschichte zeigt, eine Brutstätte für skurrile und kommunikationsgestörte Figuren. Wollen wir uns von Mathea Martinsens seligem Gatten Niels, genannt Epsilon, ein Bild machen, müssen wir uns eine schmächtigen Beamtentyp vorstellen, dessen stark abstehende Ohren oft unter Ohrenwärmern in auffallenden Farben versteckt sind, von seiner Frau passend zur Jahreszeit gestrickt. Wir erfahren, dass er beim Statistischen Zentralbüro arbeitete und auch in seiner Freizeit statistische Jahrbücher las, zuweilen allerdings Schopenhauer, und dass er nie die Tagesnachrichten guckte, weil allein der Gedanke daran, dass „etwas passiert“ sein könnte, ihm die Tränen in die Augen trieb.
Mathea wiederum sieht gerne fern und wird seit jeher von anderen meist übersehen. Sie kleidet sich ausschließlich in Schwarz und Grau, und dass sie in ihrer Jugend einmal vom Blitz getroffen wurde, bezeichnet sie als „das einzig Ungewöhnliche, mit dem ich prahlen kann“. Sie kauft im Supermarkt immer wieder Marmeladengläser, die sich nicht öffnen lassen, wagt es aber nicht, sich zu beschweren. Und sie bekennt: „Wenn eine Katze auf mich zukommt, bin ich stets diejenige, die kehrtmacht.“
Mathea besitzt durchaus Talente, sie kann nicht nur stricken, sondern auch backen, reimen, Witze erfinden und wieselflink Spielkarten sortieren. Sie kennt deutsche Gedichte auswendig, und ihr Einfallsreichtum sucht seinesgleichen. Früher hat sie sogar Teppiche gewebt und erwogen, der Sozialistischen Partei beizutreten. Doch in der symbiotischen Gemeinschaft mit dem bewunderten Epsilon, den sie schon seit der Schulzeit kannte, wurden ihre Gaben unter einer Mischung aus Sozialphobie und liebenswürdiger Lebensuntüchtigkeit erstickt. Kein Wunder, denn er, der passionierte Wahrscheinlichkeitsrechner, der auch als Hingeschiedener noch um sie herumgeistert, hatte bei aller Gutmütigkeit eine ausgeprägte Neigung, sie zu belehren und zu maßregeln.
Jetzt, im Angesicht des nahen Endes, riskiert Mathea zum ersten Mal, eine pflaumenrote Mütze zu tragen, fremde Menschen anzusprechen und auch sonst einige Dinge zu tun, die sie sich früher nicht zugetraut hätte. Alles läuft darauf hinaus, noch ein wenig auf sich aufmerksam zu machen. Doch ihre Seelenkräfte reichen nur mehr für kurze Zeit. Auch das verwundert kaum, zählt man in ihrer Biographie die Schicksalsschläge zusammen, die sie wie beiläufig erwähnt: eine Fehlgeburt, früh verstorbene Haustiere, Epsilons mutmaßliche Affäre mit der Nachbarin. Dazu kommen diverse Altersgebrechen und die reglementierte Tristesse des Wohngenossenschafts-Milieus – wohlbekannt, aber von der Autorin unnachahmlich lakonisch geschildert.
Was bleibt, ist eine Einsicht, die für jedes Lebensalter passt: „Ich muss mich schrittweise mehr und mehr mit dem Tod konfrontieren, allerdings ohne zu weit zu gehen. Mir ist sehr wohl bewusst, dass es ein feiner Balanceakt ist, aber am Ende möchte ich damit leben können, sterben zu müssen.“
Kjersti A. Skomsvold hat ein weises und gewitztes, schräges und rührendes Buch aus dem Hut gezaubert, das in seinem schmalen Format mehr Substanz birgt als so mancher epische Wälzer. Man sollte sich ihren Namen hinter die Ohren schreiben, ob sie nun abstehen oder nicht. KRISTINA MAIDT-ZINKE
Kjersti A. Skomsvold
Je schneller ich gehe, desto kleiner bin ich
Roman. Aus dem Norwegischen von Ursel Allenstein. Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg 2011. 142 Seiten,
18 Euro.
Der skandinavische Sozialbau
erweist sich von neuem als
Brutstätte skurriler Figuren
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 16.02.2012

Winterschlaf

Es ist nicht ausgemacht, ob das Buch in eine Zeitkapsel gehört. Denn darin ist wenig Platz, und es gibt schon so viele, die von der Einsamkeit erzählen, dem Sinn des Daseins und der Suche nach der großen Liebe. Zumindest aber gehört Kjersti Skomvolds neuer Roman auf den Nachttisch, für Abende, an denen wir so klein sind, dass wir am liebsten bei der Telefonauskunft anrufen und nachfragen würden, ob es uns noch gibt. Das macht auch die Protagonistin der unscheinbaren, anrührenden Erzählung, die überhaupt lauter Dinge tut, die todtraurig und kaum zu ertragen wären, hätte Mathea nicht eine so kokette Art, darüber nachzudenken. Nach dem Tod ihres Mannes beschließt sie, eine Zeitkapsel im Sand zu verbuddeln, und das Brautkleid muss da natürlich rein. Die Frage, was von ihrem Leben bleibt, fällt kaum erfreulicher aus als der Versuch der Seniorin, sich gegen die Nahtoderfahrung des Alltags aufzulehnen. Der Roman zielt offen auf die Sentimentalität der Bionade-Boheme. Dass man ihn trotzdem unbedingt lesen will, liegt an dem absurden Witz, mit dem die junge Norwegerin Kjersti Annesdatter Skomsvold der kontaktscheuen, liebebedürftigen alten Dame eine Stimme verleiht. (Kjersti A. Skomsvold: "Je schneller ich gehe, desto kleiner bin ich". Roman. Verlag Hoffmann & Campe, Hamburg 2011. 142 S., geb., 18,- [Euro].) math.

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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Rezensentin Kristina Maidt-Zinke empfindet große Sympathie für die Ich-Erzählerin dieses Romans, eine ältere Norwegerin, Mathea, die sich nach dem Tod ihres Mannes gewissermaßen aufs eigene Sterben vorbereitet. Dazu gehört auch das Ablegen einiger Gewohnheiten: Eine rote Mütze statt einer schwarzen aufzusetzen oder fremde Leuten anzusprechen. Mathea, die von eher unpraktischer Intelligenz zu sein scheint, traut sich plötzlich einiges. Mut gehört auch zu der Erkenntnis, "am Ende möchte ich damit leben können, sterben zu müssen", wie Maidt-Zinke die Heldin zitiert. Die Rezensentin lobt die "lakonische" Erzählweise und empfiehlt dringend, sich den Namen der Autorin zu merken: Kjersti Skomsvold.

© Perlentaucher Medien GmbH
»Matheas Versuche, ins Leben zurückzufinden, rühren und amüsieren zu Tränen.« Bäckerblume, 08.2011