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Dieser Roman ist eine Sensation: Ein tiefpoetischer Western, »eine Abenteuergeschichte und Meditation über die Bedeutung von Zuhause.« The Times - Nominiert für den Pulitzer-Preis
Der Hawk ist eine Legende im Kalifornien des Goldrausches: Riesenhaft soll er sein, furchtlos, wild. Doch hinter dem Mythos steht die Geschichte von Håkan, der einst aus der schwedischen Heimat nach New York geschickt wurde, zusammen mit seinem großen Bruder, den er unterwegs verliert. Er landet in San Francisco, auf der falschen Seite des unbekannten Kontinents. Fest entschlossen, den Bruder zu finden, macht er…mehr

Produktbeschreibung
Dieser Roman ist eine Sensation: Ein tiefpoetischer Western, »eine Abenteuergeschichte und Meditation über die Bedeutung von Zuhause.« The Times - Nominiert für den Pulitzer-Preis

Der Hawk ist eine Legende im Kalifornien des Goldrausches: Riesenhaft soll er sein, furchtlos, wild. Doch hinter dem Mythos steht die Geschichte von Håkan, der einst aus der schwedischen Heimat nach New York geschickt wurde, zusammen mit seinem großen Bruder, den er unterwegs verliert. Er landet in San Francisco, auf der falschen Seite des unbekannten Kontinents. Fest entschlossen, den Bruder zu finden, macht er sich zu Fuß auf den Weg, entgegen dem Strom der Glückssucher und Banditen, die nach Westen drängen, hin zum neuen gelobten Land. Noch ahnt Håkan nicht, dass er sein Leben lang unterwegs sein wird. Seine berührend schöne, meisterhaft erzählte Geschichte handelt von der Erfahrung radikaler Fremdheit und Einsamkeit, die entwurzelte Menschen zu allen Zeiten gemacht haben.
Autorenporträt
Hernan Diaz wurde 1973 in Argentinien geboren, wuchs in Schweden auf, studierte in Buenos Aires und London und lebt heute in New York. Er ist Associate Director des Hispanic Institute der Columbia University. Bereits 'In der Ferne', sein erster Roman, war 2018 für den Pulitzer Prize und den PEN/Faulkner Award nominiert. Für seinen jüngsten Roman 'Treue' erhielt er 2023 den Pulitzer Prize und wurde für den Booker Prize nominiert.
Rezensionen
»Ein Porträt eines Außenseiters in einem literarischen Abenteuerroman in der Tradition zwischen Cormac McCarthy, William Faulkner und Jack London.« Wolfgang Hauptmann, APA

Perlentaucher-Notiz zur Dlf-Rezension

Trotz der Nominierung für den Pulitzer Prize hält Rezensent Christoph Schröder Hernan Diaz' nun auf Deutsch erschienenen Debütroman schlicht für "missglückt". Schon mit der Ausgangssituation hat er Probleme: Wer der Erzähler sein solle, der in der dritten Person und sprachlich durchaus anspruchsvoll die Lebensgeschichte eines sprachlich beschränkten, plötzlich im arktischen Eis auftauchenden Manns schildert, der sich Mitte des 19. Jahrhunderts auf der Suche nach seinem Bruder durch die amerikanische Wildnis schlägt, erschließt sich dem Kritiker nicht. Auch mit dem zwanghaft mythisch aufgeladenen, dabei aber oft "pathetisch hohl" geratenen Tonfall, kann der Kritiker sich nicht anfreunden; ebenso wenig mit der effekthascherischen Aneinanderreihung brutaler Szenen - sehnsüchtig denkt er an bessere Bücher zum Thema, etwa von Joseph Conrad oder Cormac McCarthy, zurück. Immerhin Diaz' literaturtheoretische Kompetenz und sein Versuch, den Mythos des Wilden Westens zu durchbrechen, erkennt der Kritiker an. Ins Gewicht fällt das für Schröder allerdings nicht.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 10.03.2021

Ein ansehnlicher Schwede
Überraschungserfolg aus den USA: In Hernan Diaz’ naturschwerem Western „In der Ferne“ klafft der größte Canyon zwischen der Sprache und der Wirklichkeit
Was für ein eigentümliches Buch. Da wandert jemand durch die Prärie, tagelang, monatelang, jahrelang. Meistens allein, nur selten auf einem Pferd. Ist das ein Western, eine Cowboy-Romanze, ein historischer Roman, das Psychogramm eines einsamen Trappers? Oder nur ein gewaltiges Naturpanorama, ein moderner Mythos?
Es geht um Håkan Söderström aus Schweden, der irgendwann Mitte des 19. Jahrhunderts als Heranwachsender mit seinem älteren Bruder Linus von den bitterarmen Eltern nach Amerika geschickt wird und schon in Portsmouth seinen Reisegefährten verliert. Dieser Bruder, voller fantastischer Geschichten über die Neue Welt, war der einzige Mensch, der Håkan je Fürsorge entgegenbrachte. Er besteigt ohne ihn ein Schiff, vermutlich das falsche, landet in San Francisco und nicht, wie geplant, in New York. Håkan, ein kräftiger Junge, der unaufhörlich wächst, will sich gen Osten aufmachen und Linus finden.
Da Håkan kein Geld hat und auch nicht weiß, wie er das Land allein durchqueren soll, begleitet er eine irische Goldgräberfamilie. Der von Gier gepackte Vater stößt tatsächlich auf eine Mine, doch er kennt die örtlichen Machtverhältnisse nicht. Man verjagt ihn, und Håkan wird gefangen genommen. Es folgt sein erstes Martyrium: Der ansehnliche Schwede muss einer betörend schönen, aber ekliger Weise zahnlosen Dame zu Diensten stehen, bis er eines Tages fliehen kann. Und dies wird zur Grunderfahrung des wilden Helden, der zum Mann heranwächst, von einem Naturforscher alles über Tiere, Anatomie und Heilkunde lernt, Indianer nach einem Überfall zusammenflickt, Gewalt verabscheut, den ein oder anderen Freund findet. Aber keine Bindung ist von Dauer, jeder Hauch von Glück verfliegt. Nach einem Gemetzel unter Siedlern, bei dem er die Schwachen verteidigt, wird er überall steckbrieflich gesucht.
So geht es ewig, er wächst und wächst, trägt einen Mantel aus Löwenfell und Reptilienhäuten, zieht durch Wüsten, Wälder und Canyons. Längst nennt man ihn „den Hawk“ und rühmt ihn für seine unermesslichen Kräfte. So weit, so blutrünstig, so männlich einsam. „In der Ferne“ lautet der Titel dieser Prärie-Saga, vorgelegt von Hernan Diaz, 2017 in dem unabhängigen Verlag Coffee House Press erschienen, für den Pulitzer-Preis nominiert, von der New York Times gefeiert, in zwölf Sprachen übersetzt. Der Roman scheint Bilder zu triggern, die zu dem zu passen, was wir heute über die USA lesen wollen.
Der Autor erzählt von einem verheerten, staubigen, brutalen Land, in dem Menschen herumirren, die nirgendwo einen Platz finden und überall fremd sind. Diaz, 1973 in Argentinien geboren, in Schweden aufgewachsen, mittlerweile in Brooklyn zu Hause, Professor für Hispanistik an der Columbia University, kennt Erfahrungen von Entwurzelung. Seine Urgroßeltern waren aus Italien nach Argentinien eingewandert; seine Eltern, die Mutter Psychoanalytikerin, der Vater Filmemacher, waren zu links, um nach 1974 noch in Argentinien bleiben zu können.
Die Familie siedelte nach Stockholm über, und Hernan Diaz pendelte zwischen zwei Welten, bis er in den USA landete. Zuletzt veröffentlichte er eine Studie über Borges. Zweifellos versteht Diaz etwas von Literatur, kennt auch die europäischen Amerika-Folien, von Franz Kafka bis zu Karl May, und bedient sich freimütig aus der Trickkiste der Neue-Welt-Phantasien.
„In der Ferne“ hat mit dem Frontier-Mythos, wie er in zahllosen amerikanischen Western zelebriert wird, nichts zu tun. Sein Held bewegt sich nicht zufällig nach Osten, in die gegenläufige Richtung der Siedler. Die Landnahme wird in aller Grausamkeit geschildert. Über die Figur des ganz auf sich gestellten jugendlichen Helden, die Schauplätze und die thematische Ausrichtung spielt Diaz auf Cormac McCarthys Romane an, vor allem auf die verstörende Western-Apokalypse „Blood Meridian“ (1985) über eine Bande von Skalpjägern.
Aber so sehr er sich auch anstrengt, an McCarthy mit seiner komplexen Narration, dem rhythmischen Satzbau und der prunkvollen Sprache kommt Diaz nicht heran. Bei McCarthy, der als Nachfolger Faulkners und lexikalisch reichster amerikanischer Romancier gilt, wechseln ästhetisierte Beschreibungen von Gewalt mit prächtigen Naturbildern. Hernan Diaz baut seinen Roman perspektivisch eher eintönig auf, denn wir erleben die Geschehnisse ausschließlich aus Håkans Blickwinkel. Der Autor schnitzt eine ziemlich konventionelle Rahmenhandlung zurecht: Håkan gerät zuerst als alter, weißhaariger Abenteurer in unseren Blick, der ein Eisbad nimmt. Sein Schiff, mit dem er nach Alaska unterwegs ist, hängt in einer Meerenge fest. Als der riesige Mann zwischen den Eisschollen wieder auftaucht, raunen die anderen Passagiere, es müsse sich um „den Hawk“ handeln, einen ehemaligen Häuptling, der Löwen und etliche Siedler auf dem Gewissen habe. Alles Lüge, meint ein anderer Goldgräber.
Håkan hört die Bemerkung, gibt ihm recht und beginnt, seine Odyssee zu erzählen. Unter den gebannten Zuhörern ist ein fünfzehnjähriger Junge, eine Spiegelfigur, etwa so alt, wie Håkan es bei seiner Ankunft in Amerika war. Der Junge markiert die Position des Lesers. Dann entfaltet sich der Roman, 24 Kapitel reihen sich aneinander, trocken und gerafft zu Beginn, poetischer, wenn es um Landschaften geht, bis er wieder in das Eis vor Alaska mündet, auf dem sich der Held am Ende verabschiedet und, wie man es inzwischen schon kennt, weiter in Richtung Horizont wandert.
Hinter der auktorialen Stimme müsste sich also, so suggeriert es Diaz mit seinem Einstieg, der Held selbst verbergen. Der Autor inszeniert eine bizarre Gegenläufigkeit. Denn Håkan kann zu Beginn kein Englisch, ging ohnehin kaum je zur Schule, ist schweigsam und spricht über Jahre kein Wort, weil er sich nach dem Tod seines zärtlichen Freundes Asa allein in einem Canyon und dann im Wald verbirgt.
Doch je wortkarger der Held, desto eloquenter der Erzähler! Es gibt Bilder und Vergleiche auf einem enormen Abstraktionsniveau, das man einem einsilbigen Riesenkerl kaum zutrauen würde. Håkan spürte „die Heiligkeit des menschlichen Körpers“, und jeder Blick „unter die Haut“ ist eine „Entweihung“. Als Indianerkinder ein kleines Lager nachbauen, ist von „Verdichtung“ die Rede, die eine „stärkere Realität“ besitze als das Original. Das „Bewusstsein“ registriere in der Wüste seine eigene Auflösung. Der „pulverisierte Stein“ klinge „wie Geflüster über die Ebene wehender Asche“. Und ein anderes Mal nimmt Håkan wahr, wie „das Gewicht der Realität aus der Welt entschwand“.
Womöglich wollte Diaz so das Artifizielle seiner Erzählung unterstreichen, aber mitunter wirkt es unfreiwillig komisch, so als sei eben doch alles auf Pappmaché. Frauen kommen außer der Zahnlosen und einer verhärmten schwedischen Mutter bei Diaz praktisch nicht vor. Nur ein Mädchen, das seinen Bruder rührend versorgt, löst bei Håkan ein unbestimmtes Sehnsuchtsgefühl aus, doch kaum zeigen die beiden einander ihre Zuneigung, wird Helen schon die Kehle durchgeschnitten. Håkan wird zum Getriebenen, er überlebt allein in der Wildnis. Es ist eine Macho-Phantasie, aber der Macho scheint ziemlich am Ende seines Lateins. Außer zu gehen, fällt ihm nicht viel ein.
MAIKE ALBATH
Seltsame Gegenläufigkeit:
Je wortkarger der Held,
desto eloquenter der Erzähler
Hernan Diaz: In der Ferne. Aus dem Englischen von Hannes Meyer. Hanser Berlin 2021, 304 Seiten, 24 Euro.
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