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2 Kundenbewertungen

Pulitzer-Preis 2023 »Ein Meisterwerk ... Wie Diaz Kapital und Leben verknüpft und Eis zu Glut macht, ist einzigartig.« Der Spiegel
»Treue« ist ein fulminantes Spiel mit dem Leser, eine vierteilige Matroschka, deren Kern den großen amerikanischen Mythos vom Kapital für immer verändert. Was als klassischer Roman über Macht und Männer beginnt, gipfelt in einer provokanten und hochmodernen Geschichte der Emanzipation.
Am Anfang steht das Geld. Und ein Mann, der es zu vermehren versteht wie kein Zweiter. In der schillernden New Yorker Finanzwelt der 20er-Jahre wächst Benjamin Rasks Vermögen
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Produktbeschreibung
Pulitzer-Preis 2023
»Ein Meisterwerk ... Wie Diaz Kapital und Leben verknüpft und Eis zu Glut macht, ist einzigartig.« Der Spiegel

»Treue« ist ein fulminantes Spiel mit dem Leser, eine vierteilige Matroschka, deren Kern den großen amerikanischen Mythos vom Kapital für immer verändert. Was als klassischer Roman über Macht und Männer beginnt, gipfelt in einer provokanten und hochmodernen Geschichte der Emanzipation.

Am Anfang steht das Geld. Und ein Mann, der es zu vermehren versteht wie kein Zweiter. In der schillernden New Yorker Finanzwelt der 20er-Jahre wächst Benjamin Rasks Vermögen ins Unermessliche. Aber erst seine Ehe mit der geheimnisvollen Helen gibt seinem Leben Sinn. Bald vibriert die ganze Stadt vor Gerüchten um das enigmatische Paar, und mit der Zeit beginnen die vielen Erzählungen die Wahrheit über die Eheleute zu verschleiern. Bis sich eine unerwartete Stimme in dem Gewirr Gehör verschafft.
Autorenporträt
Hernan Diaz wurde 1973 in Argentinien geboren, wuchs in Schweden auf, studierte in Buenos Aires und London und lebt heute in New York. Er ist Associate Director des Hispanic Institute der Columbia University. Bereits 'In der Ferne', sein erster Roman, war 2018 für den Pulitzer Prize und den PEN/Faulkner Award nominiert. Für seinen jüngsten Roman 'Treue' erhielt er 2023 den Pulitzer Prize und wurde für den Booker Prize nominiert.
Rezensionen
»Man will am liebsten vor Vergnügen in die Hände klatschen ob der Eleganz, des Feinsinns und der Intelligenz.« Denis Scheck, WDR 3 Mosaik

Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension

Rezensentin Luise Mörke lässt sich von Hernan Diaz und seinem Roman in die Welt des Finanzkapitalismus entführen. Wie der Autor seine Hauptfigur, einen Wall-Street-Spekulanten mit dem Charme eines Scheckbuchs, den der Crash von 1929 reich macht, aus unterschiedlichen Blickwinkeln beschreibt, findet Mörke trotz einiger Lesemühen mit diesem "formalen Wagnis" überzeugend. Die Spannung der Geschichte vermag der Autor nämlich geschickt zu halten, verspricht sie. Der Umstand, dass Diaz anders als Fitzgerald nicht zur Romantisierung des Geldes und seiner Player neigt, gefällt ihr außerdem gut. Leider kommen Sklaverei und Kolonialismus als Motoren des Reichtums zu wenig in den Blick, kritisiert sie.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 06.08.2022

Große
Geister
Hernán Díaz’ „Treue“ ist in den
USA der meistdiskutierte Roman des
Sommers. Wie gut ist er wirklich?
VON FELIX STEPHAN
Die Inflation ist ein gutes Beispiel: Ein paar Prozent weniger Kaufkraft sind unerfreulich, aber für weite Teile der deutschen Bevölkerung wahrscheinlich verkraftbar. Volkswirtschaftlich gefährlich wird die Inflation eigentlich erst, wenn die Vorstellung grassiert, dass die allgemeine Verarmung unmittelbar bevorsteht. Dann nämlich achten die Leute aufs Geld, geben weniger aus, die Unternehmen setzen weniger um, die Profite sinken, Stellen werden abgebaut und plötzlich steht einem eine Rezession ins Haus. Nicht nur die tatsächliche wirtschaftliche Lage spielt dabei eine Rolle, sondern auch eine kollektive Idee von der Zukunft, eine Vorstellung, eine Fiktion.
Über diesen Zusammenhang zwischen Geld und Wirklichkeit hat der amerikanische Schriftsteller Hernán Díaz jetzt einen Roman geschrieben, der in den USA das meistdiskutierte Buch des Sommers ist. Er erscheint in mehr als 20 Sprachen, eine Verfilmung mit Kate Winslet ist eingetütet. Im Englischen heißt der Roman „Trust“, was einerseits das Vertrauen sein kann und anderseits ein Zusammenschluss mehrerer Unternehmen. Im deutschen Titel geht das semantische Spiel, das im Grunde den ganzen Roman vorwegnimmt, leider verloren, hier heißt er „Treue“. Sei’s drum.
Der Roman beginnt mit der Geschichte des introvertierten Milliardärs Benjamin Rask, der es an der Wall Street in den Zwanzigerjahren zum reichsten Mann Amerikas gebracht hat. Sein Name ist in aller Munde, sein Instinkt für kommende Marktbewegungen legendär, seine Investment-Entscheidungen werden wegen ihrer Kühnheit und Virtuosität allgemein bewundert. Zu Gesicht bekommt ihn jedoch kaum jemand. Rask lebt zurückgezogen und meidet soziale Kontakte, so gut es geht.
Er hat nie viel mit anderen Menschen anfangen können, in der Schule saß er abseits, und am wohlsten fühlt er sich, wenn er allein in seinem Büro ist, sämtliche Aufmerksamkeit gerichtet auf das monotone Klackern des Börsentickers. Würde der Roman in der Gegenwart spielen, wäre die Figur vermutlich autistisch. Die Motivpaarung „Wall Street“ und „Autismus“ scheint sich in der amerikanischen Gegenwartsliteratur neuerdings zu häufen, erst kürzlich betraf sie den Sohn von Barry Cohen, dem Hedgefond-Manager aus Gary Shteyngarts Roman „Lake Success“.
Ganz kann der reichste Mann Amerikas der Öffentlichkeit aber nicht aus dem Weg gehen. Die New Yorker Gesellschaft erwartet ein gewisse Geselligkeit. Als Milliardär hat man Bälle zu besuchen und Dinnergesellschaften zu geben und jene Tugend zu pflegen, die Rask für die „konventionellste und peinlichste“ von allen hält: den Geschmack. Je mehr Rask sich entzieht, desto größer wird die Bereitschaft, ihm seine Introvertiertheit als Verschlagenheit auszulegen. Böse Gerüchte machen die Runde. Wegen seiner gigantischen Leerverkäufe, heißt es, habe er die Börsenkrise von 1929 zu verantworten. Für seinen Profit habe er selbstsüchtig den Kollaps der amerikanischen Wirtschaft in Kauf genommen, den Ruin hunderttausender Kleinanleger, zahllose kaputte Familien und Suizide.
Die Pointe ist: Er hat all dies wirklich getan. Der Roman schließt aber direkt die wirtschaftsethische Frage an, ob jemand wirklich Schuld auf sich geladen hat, wenn er sich doch nur an Adam Smiths Regelwerk des nationalen Wohlstands gehalten hat, dem zufolge das Eigeninteresse stets dem Gemeinwohl zugute kommt. Der Roman räumt den Verteidigungsreden des Milliardärs sehr viel Raum ein. Diese gigantischen Leerverkäufe seien zwar in seinem Interesse gewesen und wenn darüber gleich der Markt kollabiere, sei es eh an der Zeit gewesen für einen heilsamen Crash. Seine Intervention habe Amerika nicht ruiniert, sondern vielmehr gerettet.
Schuld treffe eher all jene, die ruchlos Kleinanleger an die Börse lotsten, ohne sie über die Risiken aufzuklären: Aktienhandel sei der beliebteste Hallensport Amerikas geworden, heißt es an einer Stelle, „alle warfen mit Spielgeld um sich. Selbst Frauen wagten sich an den Markt! Die Boulevardblätter gaben zwischen Schnittmustern, Rezepten und Tratsch über den neuesten Schwarm Hollywoods ,Tipps‘ und ,Tricks‘ zum Investieren.“ Das eigentliche Geheimnis des Romans aber liegt in seiner Form. Die Geschichte von Benjamin Rask ist das erste von vier Büchern, aus denen sich die Erzählung zusammensetzt. Das zweite ist der Entwurf einer Autobiografie, von der bislang nur die Grundstruktur und ein paar Notizen existieren („Fabelhafter Erfolg von 1926. Beispiellose Triumphe. Historisch.“). Das dritte ist das Memoir einer ehemaligen Ghostwriterin, und das vierte besteht aus Auszügen aus einem alten, verloren geglaubten Notizbuch.
Jeder Text stammt von einem anderen fiktiven Autor, einer anderen Autorin, und allesamt drehen sich auf die ein oder andere Weise um das diskrete Milliardärsehepaar. Die Texte erzählen die Romanhandlung nicht, sondern zeugen von ihr, indem sie aus ihr hervorgegangen sind und auf diese Weise Rückschlüsse erlauben.
Jedes der Bücher existiert nur, weil jemand Gründe hatte, es zu schreiben, und diese Gründe ergeben sich erst in der Rückschau, wenn man die Dokumente schließlich nebeneinander stellt. Diese Form ist nicht nur ein Kommentar zur Literatur, sondern vor allem zur Geschichtsschreibung. Der Roman wirft die Frage auf, wer über die Aufschreibesysteme verfügt, die unsere Wirklichkeit formen. Das Kapital oder die Literaten, das Profitinteresse oder der darbende Idealist? Die Kräfte in diesem Kampf sind ungleich verteilt, die Macht des Geldes ist bei Díaz im Grunde unendlich. Das Geld tritt in allen weltlichen Erscheinungen hervor und es ist in allen Dingen. Geld sei keine Sache, erklärt ein italienischer Anarchist an einer Stelle, sondern „potenziell alle Sachen“: „Die Geschichte selbst ist nichts als eine Fiktion – eine Fiktion mit einer Armee. Und die Realität? Die Realität ist eine Fiktion mit unendlichem Budget.“
Der Investmentmilliardär gibt mehr als einmal zu verstehen, dass es zu seinen leichtesten Übungen gehört, die Wirklichkeit seinen Bedürfnissen anzupassen. Weil ihm einmal ein Roman nicht gefällt, in dem er vorkommt, setzt er Himmel und Hölle in Bewegung, um das Buch aus der Welt zu schaffen. Bald ist es nicht mehr zu bekommen, der Verlag vertreibt es nicht mehr und selbst in der New Yorker Public Library ist nicht nur dieses, sondern jedes Buch dieses Autors verschwunden.
„Dafür gab es nur eine Erklärung“, notiert die Erzählerin im dritten Teil, der Protagonist, „einer der Hauptunterstützer der Bibliothek, hatte die Wirklichkeit zurechtgebogen und angepasst“. Von den Büchern der anderen „großen Männer Amerikas“, Andrew Carnegie, Henry Ford und so weiter, herrscht in der Bibliothek hingegen kein Mangel.
Das ist alles scharfsinnig und lesenswert, stellenweise brillant, aber auf Yuval-Harari-hafte Weise leider auch seltsam kühl und beflissen. Von Turgenjew stammt die Beobachtung, dass die leidenschaftlichen Dilettanten unter den Künstlern die Herzen des Publikums oft eher rühren als die technischen Meister und dieser Roman ist dafür ein gutes Beispiel.
In seinem Seminar über russische Erzähler des 19. Jahrhundert, das er seit 20 Jahren an der Syracuse University hält, und das gerade als Buch erschienen ist, erzählt George Saunders an einer Stelle diese Geschichte: Als er angefangen habe zu schreiben, habe er ewig an perfekten, marmornen Sätzen gewerkelt, für die er von Verlagshäusern reihenweise Komplimente und Ablehnungen bekommen habe. Eines Tages habe er dann während einer Telefonkonferenz nebenbei kleine sinnlose Gedichte gekritzelt, die er aus irgendeinem Grund mit nach Hause genommen habe. Am Abend hörte er, wie sich wie sich seine Frau und seine Kinder im Nebenzimmer krumm lachten, und fiel ihm auf, dass er mit diesen Gedichten zum ersten Mal das Herz eines Menschen berührt hatte.
Diese Art von ästhetischem Spaß sollte man bei dem promovierten Philosophen Díaz nicht erwarten. Er hat einen Roman ohne Fehler und von ungeheurer technischer Exzellenz geschrieben, dessen Perfektion allerdings auch etwas Steriles hat. In den amerikanischen Kritiken war wegen seiner intertextuellen Verweise häufig von Borges die Rede, von dem allerdings auch die Bemerkung stammt, dass man Gedichte erst fühlen müsse, um sie verstehen zu können.
Zu solchen Sentimentalitäten lässt sich der Meistererzähler Diáz keine Sekunde hinreißen.
Als Milliardär hat man jene
Tugend zu pflegen, die Rask für
die peinlichste hält: Geschmack
Das eigentliche Geheimnis
des Romans liegt
in seiner Form
Die leidenschaftlichen
Dilettanten rühren die Herzen
eher als die technischen Meister
Hernán Díaz
Foto: Pascal Perich/Hanser Berlin
„Die Realität ist eine Fiktion mit unendlichem Budget.“ Börsenhändler an der Wall Street am 20. Oktober 1929, vier Tage vor dem Börsencrash, der die in den USA die „Große Depression“ und die Weltwirtschaftskrise auslöste. Foto: Imago
Hernán Díaz: Treue. Roman. Aus dem Englischen von Hannes Meyer. Hanser Berlin, Berlin 2022.
411 Seiten, 27 Euro
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