Geistreich, tiefsinnig, humorvoll - Bestsellerautor Jan Weiler schreibt über die Liebe
Erfolgreich und allein - so steht der Architekt Peter Munk mit 51 Jahren da. Beziehungsweise liegt da, mit einem Herzinfarkt auf der Rolltreppe in der dritten Etage eines Kaufhauses. Er überlebt, doch es gibt niemanden, den er vom Krankenhaus aus benachrichtigen möchte. In der Rehaklinik trägt sein Therapeut ihm auf, in seiner Selbsterforschung bei den Menschen zu beginnen, die ihn zu dem Mann gemacht haben, der er ist. Und so blickt Peter Munk erstmals auf die dreizehn Frauen seines Lebens und auf die Lektion, die er von jeder einzelnen gelernt hat. Mit überraschendem Ausgang.
Erfolgreich und allein - so steht der Architekt Peter Munk mit 51 Jahren da. Beziehungsweise liegt da, mit einem Herzinfarkt auf der Rolltreppe in der dritten Etage eines Kaufhauses. Er überlebt, doch es gibt niemanden, den er vom Krankenhaus aus benachrichtigen möchte. In der Rehaklinik trägt sein Therapeut ihm auf, in seiner Selbsterforschung bei den Menschen zu beginnen, die ihn zu dem Mann gemacht haben, der er ist. Und so blickt Peter Munk erstmals auf die dreizehn Frauen seines Lebens und auf die Lektion, die er von jeder einzelnen gelernt hat. Mit überraschendem Ausgang.
»... sich das Leben einerseits endlich und andererseits mal gründlich anders vorzustellen. Das ist die Jobbeschreibung von Literatur. Und es ist, jedenfalls bei Weiler, ein großes Leseglück.« Gerhard Matzig, Süddeutsche Zeitung
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Rezensent Gerhard Matzig freut sich über einen mal wieder sehr gelungenen Roman von Jan Weiler: Sein Protagonist ist der knapp über fünfzigjährige Peter Munk, der auf einer Kaufhaus-Rolltreppe einen Herzinfarkt erleidet und sein Leben an sich vorbeiziehen sieht. Mit viel Zuneigung zur Figur und zudem äußerst unterhaltsam schreibt Weiler Matzig zufolge darüber, wie Munk in der Reha sein Leben und seine allesamt gescheiterten Beziehungen aufarbeitet. Das gelingt besonders da, wo er kritisch, aber doch mit Wohlwollen auf die Abgründe in sich zurückschaut. Für den Kritiker bewegt sich der Roman angenehm zwischen tragisch und lustig und ermöglicht dem Protagonisten, sein Herz aus Stein hinter sich zu lassen und zu einem "Herz als Herz" zu gelangen.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 05.10.2024Große Liebe
In Jan Weilers jüngstem Roman „Munk“ muss
ein Architekt neu lernen, auf sein Herz zu hören.
James Dean war bei seinem Tod erst 24 Jahre alt. Also deutlich jünger als Peter Munk, der sich zwei Tage nach dem einundfünfzigsten Geburtstag dem Ende nähert. Einerseits könnte sich Munk, er ist der Protagonist in Jan Weilers neuem Roman „Munk“, nun trösten – nämlich mit der Gewissheit, dass noch ganz andere Kaliber viel zu früh gestorben sind: Buddy Holly mit 22, Amy Winehouse mit 27 und Freddie Mercury mit 45.
Aber andererseits, klar, die Rolltreppe im Warenhaus Globus in Zürich, auf der sich Peter Munk befindet, während er einen Herzinfarkt erleidet, spielt unter Glamour-Aspekten natürlich nicht in einer Liga mit, sagen wir, dem Porsche von James Dean. Dafür erschließt die Rolltreppe im Warenhaus ein „fabelhaftes Sonderangebot für Zimmerli-Unterhosen“, weshalb zwei ältere Damen am Ende der Rolltreppe über den sterbend dahingesunkenen, dem Sonderangebot im Weg liegenden Munk hinwegsteigen müssen. „Das ist entschieden zu früh, dachte er, ganz entschieden zu früh und auch völlig der falsche Ort für so etwas.“
Falsche Zeit, falscher Ort: Peter Munk, der fast tote, immerhin im Leben – wenn man mal die Liebe weglässt – erfolgreiche, gebildete, humorvolle, geschmackvolle, etwas kühl grundierte, womöglich dandyhaft tickende, zugleich sehnsuchtsvolle, letztlich jedoch abgrundtief einsame Architekt aus Freiburg, der sich aus geschäftlichen, persönlichen und tragischen Gründen in Zürich aufhält ... dieser Peter Munk ist also empört.
Das Passende ist so sehr die Passion dieses Mannes, dass er fast nicht bemerkt, dass in seinem Leben das Passende selten bis nie passt – während er das Entscheidende immer wieder verpasst. Munk stirbt aber nicht am Herzinfarkt. Er wird gerettet, operiert und einigermaßen gesund – und darf nach überstandenem Infarkt nach Hause: „Der Kühlschrank war leer. Es fanden sich weder Staub auf den Möbeln noch jegliche Spur von Leben (...) Sein Heim erschien ihm so aseptisch wie ein Mausoleum.“ Also lieber in die Reha, lieber ins „Mönchhof-Resort“ im Schwarzwald: Fünf Sterne, Beautyfarm, Spa – das ist die Alternative zum leeren Kühlschrank und zum leeren Leben daheim. Aber wenn schon Leere, dann doch bitte mit Zimmerservice. So wird der Mönchhof zu Munks Zauberberg-Hideaway. Aus dem Homo Faber des Rationalen wird ein Suchender des Irrationalen. Aus dem Herz als Muskel wird das Herz als Herz.
Auf dieser unterhaltsam geschriebenen, aber abseits der Lacher hintersinnigen Odyssee ins Ich – in den „Kaninchenbau seiner Seele“ – stellt sich für die Leser und den Protagonisten die Frage, warum ein Herz fast den Dienst quittiert, das ein halbes Leben lang tadellos gewartet wurde: wenig Alkohol, viel Sport, gar kein Nikotin, kaum Stress, erfolgreich im Beruf, vermögend, keine Ehefrau, keine Kinder, keine Eltern, kaum Geschwister, wenig Freunde, keine Feinde und das alles im Badischen, wo auch das Gebirgige mindestens Kaiserstuhl heißt – woran also ist dieses eigentlich gesunde Herz so lebensgefährlich erkrankt? Das ist die zentrale Frage des Romans – und damit das auch garantiert jeder Kritiker kapiert, hatte der Verlag die fantastisch übertourige Idee, den Besprechungsexemplaren ein Plastik-Stethoskop und die PR-Zeile „Hör auf dein Herz“ beizumengen. Das macht aus Weilers Buch, das temporeich ist, lakonisch, humorvoll, ab und zu erwartbar und ab und zu verblüffend tief, eine Art Yps in Romanform. Plus Gimmick.
Am Ende aber klappt man halb unter Tränen und halb lachend das Buch zu und denkt sich: Genau, hör auf dein Herz, o Idiot. Wer schon mal einen Infarkt oder Schlaganfall hatte, weiß, dass das alles Mögliche, eines aber nicht ist: Kitsch. Wenn einem das Leben fast so leicht ausgeknipst wird wie eine Ikea-Funzel (und genau so fühlt es sich an: verwunderlich simpel, schlichtweg empörend easy), liegt der Gedanke nah, sich das Leben einerseits endlich und andererseits mal gründlich anders vorzustellen. Das ist die Jobbeschreibung von Literatur. Und es ist, jedenfalls bei Weiler, ein großes Leseglück. Dass es am Ende aber weder um Kardiologisches noch um Kalenderspruchartiges zum Thema Liebe geht, dürfte vor allem dem liebenden Talent seines Autors zu verdanken sein. Über Jan Weiler hat seine Kollegin Amelie Fried einmal gesagt, das Geheimnis seiner allesamt stapelbar erfolgreichen Bücher („Maria, ihm schmeckt’s nicht“, „Der Markisenmann“) liege in der Zuneigung, die er seinen Protagonisten entgegenbringe. Ein kluger Satz. Wobei ihn die Zuneigung selten daran hindert, genau hinzusehen.
Auf diese Weise sind eigentlich alle Bücher von Jan Weiler Liebesgeschichten, denn er liebt seine Figuren. Nie werden sie denunziert. Es ist leicht, ihnen zu folgen; das gilt auch dort, wo der Roman, der sich übrigens einem Fortsetzungsroman in der NZZ am Sonntag verdankt, ohne episodisch verkürzte Schablonen nicht auskommt. An den schönsten Stellen aber wird das Leichte angenehm schwer, weil man nun selbst anfängt, in den Abgrund zu blicken. Und man weiß ja seit Nietzsche, was der Abgrund dann gerne tut: Er blickt zurück. Dann wird es spannend.
In diesem Fall blickt Peter Munk zurück – der auch nicht zufällig den gleichen Namen trägt wie der Kohlenmunk-Peter in Wilhelm Hauffs Märchen „Das kalte Herz“, das ebenfalls im Schwarzwald spielt. Im Märchen tauscht Peter Munk sein Herz ein gegen eines aus Stein. Weil so ein Herz mit all seinen dummen Gefühlen ohnehin nur hinderlich ist auf dem Weg zum Erfolg. Und 100 000 Taler gibt es, wie man zweihundert Jahre nach Hauffs Märchen sagen darf, on top. Im Roman aber tauscht Peter Munk sein Herz gegen ein Herz aus sehr samtigem Sichtbeton. Das ist: die Ignoranz, nicht auf dieses Herz hören zu müssen.
Ein Herz ist eine Pumpe. Es hat eine Funktion und soll funktionieren. Man muss ihm nicht zuhören. Solange es schlägt. Und dann hört es auf der Rolltreppe damit auf. Weshalb, hier ist der Roman etwas märchenhaft, Peter Munk nun unter psychotherapeutischer Anleitung aufgefordert wird, eine Art Rückschau zu halten. Munk solle die „Beziehungen seines Lebens“ aufarbeiten. Als solche definiert Munk alle Frauen, mit denen er zusammen war. Die Munk-Liste erinnert insofern etwas an die Nick-Hornby-Liste der „Top Five“ aus „High Fidelity“. Munk zählt 13 Frauen mit Bedeutung (das Kriterium der Bedeutung ist überschaubar in seiner Komplexität, es ist der Sex): Judith, Nicole, Ana, Maja, Heike, Andrea, Claudia, Anja, Harper, Penelope, Karin, Fanny und Nadja. Und Jutta, die Ruinöse, schafft es nur fast auf die Liste. Munks Liebesleben ist oft komisch, im besten Fall aber so traurig, dass es schon wieder heiter ist. Was diesem Buch aber am besten glückt: Das sind nicht die 13 Beziehungs-Episoden, sondern der Übergang, der Zwischenraum, in dem Munk sich und seinem giftigen Erbe begegnet – auch der „Erkenntnis, dass er ein Arschloch war“. Außerdem erfährt man, was die Liebe ist. Es ist dann doch nicht Beton.
GERHARD MATZIG
Der Protagonist in dem neuen Roman von Jan Weiler heißt Peter Munk, ein einsamer Architekt aus Freiburg.
Foto: Leidig / Penguin Random House Verlagsgruppe
Jan Weiler: Munk. Roman. Heyne Verlag, München 2024. 384 Seiten, 24 Euro.
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Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
In Jan Weilers jüngstem Roman „Munk“ muss
ein Architekt neu lernen, auf sein Herz zu hören.
James Dean war bei seinem Tod erst 24 Jahre alt. Also deutlich jünger als Peter Munk, der sich zwei Tage nach dem einundfünfzigsten Geburtstag dem Ende nähert. Einerseits könnte sich Munk, er ist der Protagonist in Jan Weilers neuem Roman „Munk“, nun trösten – nämlich mit der Gewissheit, dass noch ganz andere Kaliber viel zu früh gestorben sind: Buddy Holly mit 22, Amy Winehouse mit 27 und Freddie Mercury mit 45.
Aber andererseits, klar, die Rolltreppe im Warenhaus Globus in Zürich, auf der sich Peter Munk befindet, während er einen Herzinfarkt erleidet, spielt unter Glamour-Aspekten natürlich nicht in einer Liga mit, sagen wir, dem Porsche von James Dean. Dafür erschließt die Rolltreppe im Warenhaus ein „fabelhaftes Sonderangebot für Zimmerli-Unterhosen“, weshalb zwei ältere Damen am Ende der Rolltreppe über den sterbend dahingesunkenen, dem Sonderangebot im Weg liegenden Munk hinwegsteigen müssen. „Das ist entschieden zu früh, dachte er, ganz entschieden zu früh und auch völlig der falsche Ort für so etwas.“
Falsche Zeit, falscher Ort: Peter Munk, der fast tote, immerhin im Leben – wenn man mal die Liebe weglässt – erfolgreiche, gebildete, humorvolle, geschmackvolle, etwas kühl grundierte, womöglich dandyhaft tickende, zugleich sehnsuchtsvolle, letztlich jedoch abgrundtief einsame Architekt aus Freiburg, der sich aus geschäftlichen, persönlichen und tragischen Gründen in Zürich aufhält ... dieser Peter Munk ist also empört.
Das Passende ist so sehr die Passion dieses Mannes, dass er fast nicht bemerkt, dass in seinem Leben das Passende selten bis nie passt – während er das Entscheidende immer wieder verpasst. Munk stirbt aber nicht am Herzinfarkt. Er wird gerettet, operiert und einigermaßen gesund – und darf nach überstandenem Infarkt nach Hause: „Der Kühlschrank war leer. Es fanden sich weder Staub auf den Möbeln noch jegliche Spur von Leben (...) Sein Heim erschien ihm so aseptisch wie ein Mausoleum.“ Also lieber in die Reha, lieber ins „Mönchhof-Resort“ im Schwarzwald: Fünf Sterne, Beautyfarm, Spa – das ist die Alternative zum leeren Kühlschrank und zum leeren Leben daheim. Aber wenn schon Leere, dann doch bitte mit Zimmerservice. So wird der Mönchhof zu Munks Zauberberg-Hideaway. Aus dem Homo Faber des Rationalen wird ein Suchender des Irrationalen. Aus dem Herz als Muskel wird das Herz als Herz.
Auf dieser unterhaltsam geschriebenen, aber abseits der Lacher hintersinnigen Odyssee ins Ich – in den „Kaninchenbau seiner Seele“ – stellt sich für die Leser und den Protagonisten die Frage, warum ein Herz fast den Dienst quittiert, das ein halbes Leben lang tadellos gewartet wurde: wenig Alkohol, viel Sport, gar kein Nikotin, kaum Stress, erfolgreich im Beruf, vermögend, keine Ehefrau, keine Kinder, keine Eltern, kaum Geschwister, wenig Freunde, keine Feinde und das alles im Badischen, wo auch das Gebirgige mindestens Kaiserstuhl heißt – woran also ist dieses eigentlich gesunde Herz so lebensgefährlich erkrankt? Das ist die zentrale Frage des Romans – und damit das auch garantiert jeder Kritiker kapiert, hatte der Verlag die fantastisch übertourige Idee, den Besprechungsexemplaren ein Plastik-Stethoskop und die PR-Zeile „Hör auf dein Herz“ beizumengen. Das macht aus Weilers Buch, das temporeich ist, lakonisch, humorvoll, ab und zu erwartbar und ab und zu verblüffend tief, eine Art Yps in Romanform. Plus Gimmick.
Am Ende aber klappt man halb unter Tränen und halb lachend das Buch zu und denkt sich: Genau, hör auf dein Herz, o Idiot. Wer schon mal einen Infarkt oder Schlaganfall hatte, weiß, dass das alles Mögliche, eines aber nicht ist: Kitsch. Wenn einem das Leben fast so leicht ausgeknipst wird wie eine Ikea-Funzel (und genau so fühlt es sich an: verwunderlich simpel, schlichtweg empörend easy), liegt der Gedanke nah, sich das Leben einerseits endlich und andererseits mal gründlich anders vorzustellen. Das ist die Jobbeschreibung von Literatur. Und es ist, jedenfalls bei Weiler, ein großes Leseglück. Dass es am Ende aber weder um Kardiologisches noch um Kalenderspruchartiges zum Thema Liebe geht, dürfte vor allem dem liebenden Talent seines Autors zu verdanken sein. Über Jan Weiler hat seine Kollegin Amelie Fried einmal gesagt, das Geheimnis seiner allesamt stapelbar erfolgreichen Bücher („Maria, ihm schmeckt’s nicht“, „Der Markisenmann“) liege in der Zuneigung, die er seinen Protagonisten entgegenbringe. Ein kluger Satz. Wobei ihn die Zuneigung selten daran hindert, genau hinzusehen.
Auf diese Weise sind eigentlich alle Bücher von Jan Weiler Liebesgeschichten, denn er liebt seine Figuren. Nie werden sie denunziert. Es ist leicht, ihnen zu folgen; das gilt auch dort, wo der Roman, der sich übrigens einem Fortsetzungsroman in der NZZ am Sonntag verdankt, ohne episodisch verkürzte Schablonen nicht auskommt. An den schönsten Stellen aber wird das Leichte angenehm schwer, weil man nun selbst anfängt, in den Abgrund zu blicken. Und man weiß ja seit Nietzsche, was der Abgrund dann gerne tut: Er blickt zurück. Dann wird es spannend.
In diesem Fall blickt Peter Munk zurück – der auch nicht zufällig den gleichen Namen trägt wie der Kohlenmunk-Peter in Wilhelm Hauffs Märchen „Das kalte Herz“, das ebenfalls im Schwarzwald spielt. Im Märchen tauscht Peter Munk sein Herz ein gegen eines aus Stein. Weil so ein Herz mit all seinen dummen Gefühlen ohnehin nur hinderlich ist auf dem Weg zum Erfolg. Und 100 000 Taler gibt es, wie man zweihundert Jahre nach Hauffs Märchen sagen darf, on top. Im Roman aber tauscht Peter Munk sein Herz gegen ein Herz aus sehr samtigem Sichtbeton. Das ist: die Ignoranz, nicht auf dieses Herz hören zu müssen.
Ein Herz ist eine Pumpe. Es hat eine Funktion und soll funktionieren. Man muss ihm nicht zuhören. Solange es schlägt. Und dann hört es auf der Rolltreppe damit auf. Weshalb, hier ist der Roman etwas märchenhaft, Peter Munk nun unter psychotherapeutischer Anleitung aufgefordert wird, eine Art Rückschau zu halten. Munk solle die „Beziehungen seines Lebens“ aufarbeiten. Als solche definiert Munk alle Frauen, mit denen er zusammen war. Die Munk-Liste erinnert insofern etwas an die Nick-Hornby-Liste der „Top Five“ aus „High Fidelity“. Munk zählt 13 Frauen mit Bedeutung (das Kriterium der Bedeutung ist überschaubar in seiner Komplexität, es ist der Sex): Judith, Nicole, Ana, Maja, Heike, Andrea, Claudia, Anja, Harper, Penelope, Karin, Fanny und Nadja. Und Jutta, die Ruinöse, schafft es nur fast auf die Liste. Munks Liebesleben ist oft komisch, im besten Fall aber so traurig, dass es schon wieder heiter ist. Was diesem Buch aber am besten glückt: Das sind nicht die 13 Beziehungs-Episoden, sondern der Übergang, der Zwischenraum, in dem Munk sich und seinem giftigen Erbe begegnet – auch der „Erkenntnis, dass er ein Arschloch war“. Außerdem erfährt man, was die Liebe ist. Es ist dann doch nicht Beton.
GERHARD MATZIG
Der Protagonist in dem neuen Roman von Jan Weiler heißt Peter Munk, ein einsamer Architekt aus Freiburg.
Foto: Leidig / Penguin Random House Verlagsgruppe
Jan Weiler: Munk. Roman. Heyne Verlag, München 2024. 384 Seiten, 24 Euro.
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