Liebeserklärung an die Großeltern und an Sylt
Max Richard Leßmann, 1991 geboren, ist Sänger und Songschreiber und hat bisher einen Gedichtband veröffentlicht „ Liebe in Zeiten der Follower“. Nun ist mit „ Sylter Welle“ sein erster Roman erschienen.
Der Ich-Erzähler Max, der sehr viele
Ähnlichkeiten mit dem Autor aufweist, reist für drei Tage nach Sylt. Hier hat er mehr als zwanzig Jahre seine…mehrLiebeserklärung an die Großeltern und an Sylt
Max Richard Leßmann, 1991 geboren, ist Sänger und Songschreiber und hat bisher einen Gedichtband veröffentlicht „ Liebe in Zeiten der Follower“. Nun ist mit „ Sylter Welle“ sein erster Roman erschienen.
Der Ich-Erzähler Max, der sehr viele Ähnlichkeiten mit dem Autor aufweist, reist für drei Tage nach Sylt. Hier hat er mehr als zwanzig Jahre seine Ferien verbracht, gemeinsam mit den Großeltern Lore und Ludwig in deren Wohnwagen auf dem Campingplatz von Wenningstedt. Der Wohnwagen ist verschrottet, die Großeltern sind alt geworden. Nun soll der Enkel sie in ihrer Ferienwohnung besuchen, bei ihrem letzten Sylt- Urlaub.
Wehmut schwingt von Anfang an mit, wenn Max von seinem Besuch erzählt. Der beinahe 90jährige Opa Ludwig ist hinfällig geworden, auch wenn er dies hinter seinem trockenen Humor zu verbergen sucht. In der Wahrnehmung des Enkels haben sich die Großeltern jahrelang nicht verändert, doch nun kann er die Realität nicht mehr leugnen, auch wenn ihm das Angst macht.
Max nimmt das zum Anlass, sich zu erinnern. Unzählige Anekdoten aus dem Familienleben breitet er vor uns aus. Die meisten davon lesen sich sehr unterhaltsam und witzig.
Dabei läuft der Autor nicht Gefahr, alles kitschig zu verklären. Oma Lore, zu der er ein besonders inniges Verhältnis hat, ist eine sture Frau mit harten Regeln. Eine „ Feldherrin“, die die ganze Familie unter Kontrolle hat, einzig ihre Schwiegertochter, die Mutter des Erzählers, versucht sich als „ unbeugsames gallisches Dorf“ ihr zu widersetzen. Doch Oma Lore „ verteidigt …ihr Königreich aus Industriezucker und Maggi Fondor gegen meine gesundheitsbewusste Mutter.“
Essen ist wichtig bei dieser Großelterngeneration, die im Krieg und auf der Flucht, wie Opa Ludwig, gehungert hat. Reichhaltig bewirtet wird hier jeder, ob man ihn mag oder nicht. Und „ ein guter Esser“ ist eine der höchsten Auszeichnungen, die diese Generation zu vergeben hat. So kann der Autor stolz vermerken: „ Ich kann nicht mit akademischen Titeln glänzen, aber „ Esser“ bin ich summa cum laude, und das ist in der Welt meiner Großeltern mindestens genauso viel, wenn nicht gar mehr wert.“
Auch andere Familienmitglieder, die Eltern, zahlreiche Onkels und Cousins und Cousinen mit ihren Macken und Schwächen, tauchen in den Erinnerungen des Erzählers auf. Dabei stellt er sich die Frage, ob er diese Menschen auch mögen würde, wenn er nicht mit ihnen verwandt wäre. Bei einem ist er sich sicher, bei Onkel Jacob, der in ihm die Liebe zur Musik geweckt hat. Doch Onkel Jacob, der jüngere Bruder des Vaters, erkrankt und stirbt kurz darauf.
Es ist das ganz normale Familienleben, das Leßmann hier in verschiedenen Episoden lebendig werden lässt. Und das viele Leser aus eigenem Erleben kennen dürften.
Leßmann schreibt davon so kurzweilig, dass die Lektüre ein einziges Vergnügen darstellt. Er findet dafür einen eigenen Ton, witzig und anrührend zugleich. Sein Roman ist ein Familienportrait, aber vor allem eine Liebeserklärung an seine Großeltern, die ihm gezeigt haben, „ dass man nicht gleicher Meinung sein muss, um sich zu lieben.“
Nach drei Tagen reist der Erzähler nach Hause zurück, im Wissen, dass dies die letzten Ferientage mit den Großeltern gewesen sein dürften. Der Schlusssatz ist eine Reminiszenz an das Bilderbuch, das sein Vater geliebt hat und dessen Held zum Namensgeber für ihn wurde: „ Bis hin in mein Zimmer, wo es Nacht ist und das Essen auf mich wartet. Und es ist noch warm.“
Doch auch die Insel selbst spielt eine nicht unwesentliche Rolle. Das Meer, die Wellen und vor allem der Sand haben es dem kleinen und dem großen Max angetan. Obwohl er schmerzhafte Erfahrungen damit gemacht hat.
So ist „ Sylter Welle“ auch ein Roman für all diejenigen, die diese Nordseeinsel lieben. Zeigt er doch, dass auf dieser Insel der Schönen und Reichen ebenfalls Platz ist für ganz normale Leute.
Einstimmen auf die unterhaltsame Lektüre lässt es sich mit dem Song zum Buch, gesungen vom Autor selbst „ Bis Sylt im Meer versinkt“.