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Sie kommt zu spät, atemlos lachend, sie ist voller Leben. Sie spricht zu laut, zu schnell, sie ist zu stark geschminkt, ein Moment wie in Zeitlupe: Es ist Sarah. Am Silvesterabend begegnen sie sich zum ersten Mal: die Erzählerin, eine Lehrerin und frisch getrennte junge Mutter, und Sarah, die hochbegabte und exaltierte Violinistin. Beide leben in Paris, auf den ersten Blick vielleicht das Einzige, was sie verbindet. Sarah ist temperamentvoll, impulsiv, leidenschaftlich, die Erzählerin eher kontrolliert, unauffällig. Eine Freundschaft entspinnt sich zwischen diesen unterschiedlichen Frauen, die…mehr

Produktbeschreibung
Sie kommt zu spät, atemlos lachend, sie ist voller Leben. Sie spricht zu laut, zu schnell, sie ist zu stark geschminkt, ein Moment wie in Zeitlupe: Es ist Sarah. Am Silvesterabend begegnen sie sich zum ersten Mal: die Erzählerin, eine Lehrerin und frisch getrennte junge Mutter, und Sarah, die hochbegabte und exaltierte Violinistin. Beide leben in Paris, auf den ersten Blick vielleicht das Einzige, was sie verbindet. Sarah ist temperamentvoll, impulsiv, leidenschaftlich, die Erzählerin eher kontrolliert, unauffällig. Eine Freundschaft entspinnt sich zwischen diesen unterschiedlichen Frauen, die in einem Crescendo zu einer Amour fou anhebt, die alles hinfortfegt, was die Erzählerin zuvor gelebt hat: die Trennung von ihrem Ex-Mann, ihr Hadern, ihre Selbstbeherrschung. Doch so schnell und alles verzehrend ihre Leidenschaft entflammt, desto verheerender wird die Harmonie zerstört. Als Sarah erkrankt, flieht die Erzählerin nach Triest, streift alles ab außer der Erinnerung an ihre große tragische Liebe.
Mit »Es ist Sarah« ist Pauline Delabroy-Allard ein atemberaubendes literarisches Debüt gelungen, das in Frankreich für Furore gesorgt hat: eine Liebesgeschichte, wie sie so noch nicht erzählt wurde. Poetisch, kraftvoll und kompromisslos beschreibt die Autorin eine Amour fou zwischen zwei Frauen, entwirft das ungeschminkte Porträt einer Liebe voller Schönheit und Schrecken. Ganz im Bann dieser melancholischen und mitreißenden Komposition verfolgt der Leser das Aufflammen und Verlöschen dieser Liebe bis zu ihrem dramatischen Schlussakkord.

»Ein brillantes Debüt. [...] Und auch wenn es sich vielleicht nicht gehört, eine so klare Empfehlung auszusprechen: Müsste man von all den in diesen Monaten auf Deutsch erscheinenden, französischen Romanen nur einen einzigen lesen, es wäre ohne Zweifel 'Es ist Sarah'.« Anabelle Hirsch, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung

»Eine ebenso sinnliche wie hypnotische Handschrift, ein gewagter Roman, ein beispielloses Porträt, das den Leser augenblicklich packt. ... Ein Buch, das man mit dem Bauch, mit dem Herzen liest. Der Leser spürt aus allernächster Nähe jede Erregung, jede leidenschaftliche Umarmung, jede Verzweiflung ... Was für eine Großtat für einen ersten Roman, den Leser mit solcher Verve in den Bann zu ziehen.« Livres
Autorenporträt
Pauline Delabroy-Allard, 1988 geboren, erreichte 2018 mit ihrem ersten, von der Presse hochgelobten Roman »Ça raconte Sarah« die zweite Runde des Prix Goncourt und wurde mit dem Prix Envoyé par La Poste, dem Prix du Style und dem renommierten Preis der französischen Buchhändler, dem Prix des Libraires de Nancy, ausgezeichnet. Die Autorin absolvierte ein Literaturstudium und eine Ausbildung zur Buchhändlerin und lebt in Paris.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.11.2019

In unserem Sturm ist sie der Kapitän
Worthagel ins Leben: Pauline Delabroy-Allards Liebesroman "Es ist Sarah"

Frühling in Paris, die Magnolien blühen und obwohl das nur echte Misanthropen missbilligen, ist die Ich-Erzählerin melancholisch gestimmt. Wie ein Gespenst schwebt sie durch die Gegend und fragt sich, ob es so weitergehen soll mit ihr. Sie ahnt, dass sie gerade eine "Latenzzeit" durchlebt - die dräuende Periode zwischen zwei Großereignissen. Die Geburt ihrer Tochter und - ja was eigentlich? Dieser Pariser Frühling, ahnt die Erzählerin jedenfalls, ist die Ruhe vor dem Sturm.

Die junge Frau arbeitet als Lehrerin in der Stadt. Vom langjährigen Lebensgefährten wurde sie gerade verlassen. Mit dem neuen Lebensgefährten läuft es comme ci comme ça und vor allem sans plus. Sie hat außerdem eine nette Familie mit einem Haus am Meer. Aber über sie erfährt man wenig, wie man überhaupt nur wenig erfährt. Nicht mal den Namen der Erzählerin. Nur Sarah hat einen. Sie ist die wichtigste Person. Um Sarah dreht sich folglich alles - auch der Leser.

Die beiden Frauen lernen sich bei einer Dinner-Party kennen. Sarah kommt zu spät, lacht viel und zu laut, raucht, trinkt, ist überschminkt. "Sie ist lebhaft, exaltiert, leidenschaftlich." Und außerdem Violinistin in einem gefeierten Quartett, das ständig auf Tournee ist. Die beiden Frauen werden nebeneinander sitzen an diesem Abend. Was dann kommt, sind Vorstufen des Wahnsinns. Denn diese Liebe ist verschlingend und rücksichtslos. Vielleicht ist sie auch das Gegenteil von Liebe, was der Roman allerdings nicht erörtert, denn er ist selbst ein bisschen verliebt in sein Konzept der Liebe. Mit ihm hat die Buchhändlerin Pauline Delabroy-Allard den französischen Literaturbetrieb aufgemischt. Ihr Debüt, das in einer in Frankreich gepflegten Tradition erotischer Drastik steht, schaffe es in die zweite Runde des renommierten Prix Goncourt 2018, den dann aber Nicolas Mathieu mit seinem Generationenporträt "Leurs enfants après eux" erhielt. Doch "Sarah" war plötzlich in aller Munde. Was steckt also drin, in dieser Amour fou, von der manche behaupten, sie so noch nicht gelesen zu haben?

Eines Nachts, nach einem gemeinsamen Besuch im Théâtre de la Tempête, kommt das Geständnis passend zum Namen des Theaters wie ein Donnerschlag: "Sie sagt ich glaube, ich bin in dich verliebt." Dazu lässt Sarah ein Streichholz über das Streichholzbriefchen ratschen. Der dabei freigesetzte Schwefelgeruch wird von nun an die teuflische Note dieser Folie à deux sein. Bald heißt es: "Sie schreibt mir, viel und oft. Worte hageln in unsere getrennten Leben, den ganzen Tag lang bis spät in die Nacht. Sie schreibt mir, ich antworte, sie schreibt mir wieder. Sie stellt mir Fragen, ob mir das auch gefallen habe, ob mir das seitdem auch nicht mehr aus dem Sinn gehe. Meine Antwort: Ja, ja. Ja. Das äußere Leben existiert nicht mehr. Das tägliche Leben auch nicht. Es gibt nur noch sie. Sie, ihre Schlangenaugen, ihre Brüste, ihren Arsch." Da sind wir erst auf Seite dreiunddreißig. Diese Lovestory einer Orchestermusikerin kennt kein Crescendo. Man ist sofort drin. Und alles andere ist draußen. Genau so ist der Roman auch erzählt.

Wir erfahren fast nichts mehr über das Leben der Erzählerin, über ihre Arbeit, ihr Kind, den Vater des Kindes und den Liebhaber, der sang- und klanglos aus dem Roman gedrängt wird. Man erfährt auch kaum etwas über das Leben der Musikerin Sarah, die nie zu schlafen, nie zu rasten, auch nie zu proben scheint. Ist sie überhaupt eine glaubhafte Romanfigur? Merkwürdigerweise gelingt es auch der Erzählerin nicht, ihre manische Geliebte in unverwechselbarer Weise zu beschreiben. Wahrscheinlich, weil man im Auge des Orkans nicht wirklich viel erkennen kann.

Immer wieder wird über sie gesagt, sie sei lebendig. Es ist also davon auszugehen, dass die Erzählerin es in ihrem Lehrerinnendasein weniger ist oder weniger zu sein glaubt. Doch auch eine Geigenvirtuosin kann unmöglich einfach in den Tag hinein leben, der dann nur aus Sex, Zigaretten und Laberflashs besteht. Wie diese Exzessikerin es schafft, in würdiger Abendrobe das Publikum zum toben zu bringen, bleibt Sarahs Geheimnis. Zur Entlastung gibt es wieder neuen Sex, neue Zigaretten, neue Flashs. Zwischendrin werden die Eltern eingeweiht und reagieren unterschiedlich. Es geht in den Urlaub mit dem Kind, das sich mit Sarah gut versteht. Auch hier hätte man jetzt gerne Genaueres gelesen über Annäherungen und Abstoßungen. Doch all das, beschließt die Autorin, gemäß der eingeschränkten Sichtweise ihrer Erzählerin, ist unwichtig. Von der ersten Seite an zielt der Roman also präzise auf das dicke Ende hin. Auf das Ende einer Beziehung, die nicht lebbar sein soll und die von Sarah eines Tages abgebrochen wird. Aber auch auf das Ende im existentziellen Sinn. Bis es so weit ist, wird die Erzählerin mehr oder weniger willenlos von Sarah herumgeschmissen. "In unserem Sturm ist sie der Kapitän." Manchmal wird es ihr zu viel. Aber auch ihre begründeten Bedenken sind der Autorin keine genauere Betrachtung wert.

Die Defizite dieser Selbstverschwendungsliteratur stehen einem umso deutlicher vor Augen, wenn man einen Vergleich heranzieht, der eventuell auch der Autorin vor Augen gestanden haben muss. Jedenfalls scheint ihr Titel an den beeindruckenden Film "La vie d'Adèle" von Abdellatif Kechine aus dem Jahr 2013 angelehnt zu sein. Er erzählte von der stürmischen Liebe zwischen der fünfzehnjährigen Schülerin Adèle und der Kunststudentin Emma, gespielt von Adèle Exarchopoulos und Léa Sedoux. Hier wurde alles gezeigt, was sonst selten im Kino zu sehen war: sich selbst entdeckende lesbische Sexualität, die Schutzlosigkeit gegenüber ersten überwältigenden Gefühlen, der Alltag im Außergewöhnlichen, wachsende Herr-Knecht-Dynamiken im Versuch, zusammenzuleben, und die Grausamkeit eines Endes, das unbegreiflich bleibt und auch den Zuschauer tief getroffen zurückließ.

All das lässt "Es ist Sarah" aus. Aber es sind keine kunstvollen Auslassungen. Es ist das eigentliche Gerüst dieser Liebesgeschichte, das nur erkennbar wird, wenn die Figuren, die es errichten, sich zeigen.

KATHARINA TEUTSCH

Pauline Delabroy-Allard: "Es ist Sarah". Roman.

Aus dem Französischen von Sina de Malafosse. Frankfurter Verlagsanstalt, Frankfurt 2019. 180 S., geb., 22,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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