Wenn Bäume sprechen könnten, was würden sie uns erzählen? Zora del Buono hat sich zu den ältesten Bäumen Europas und Nordamerikas aufgemacht, um den Geschichten dieser ungewöhnlichen, zum Teil Abertausende von Jahren alten Lebewesen zu lauschen. So besucht sie die Eibe Ankerwycke Yew, unter der Anne Boleyn erstmals ihrem späteren Ehegatten und Henker Henry VIII. begegnete, bewundert in Berlin die Dicke Marie, die den Humboldt-Brüdern einst als Spielplatz und Goethe als Schattenspender diente, bevor sie Hermann Göring zum Naturschutzdenkmal erkor und durchwandert im Schneesturm ein schwedisches Hochmoor, um den mit 9 500 Jahren ältesten Baum der Welt zu sehen, der so rührend klein und mager aussieht wie ein vergessener Weihnachtsbaum. Auf ihren Reisen trifft sie Indianer, Förster und Baumpfleger - und einen Klassenkameraden jener drogensüchtigen Frau, die eine 3 600 Jahre alte Sumpfzypresse niederbrannte. Mit viel Sinn für menschliche Abgründe und dendrologische Geheimnisse erzählt Zora del Buono die weit verzweigten Geschichten, die sich um die majestätischen Persönlichkeiten ranken - und lässt uns auch in ihren Baumfotografien an ihrer Faszination für die stummen Zeugen der Menschheit teilhaben.
Perlentaucher-Notiz zur WELT-Rezension
"Treehunting", weiß Wieland Freund, nennt sich das, was die Architektin und Autorin Zora del Buono in ihrem Fotoreportagebuch "Das Leben der Mächtigen" unternimmt: eine Reise zu den ältesten und interessantesten Bäumen der Welt. Das passt in den Entschleunigung predigenden Zeitgeist, meint der Rezensent und berichtet angeregt von einer 80.000 Jahre alten Pappel-Kolonie in Utah und einem Bonsai in Hiroshima, der den Abwurf von "Little Boy" aus nächster Nähe er- und überlebte. Manchen dieser jahrtausendealten Bäume werden menschgemachte Umwälzungen zum Verhängnis, andere dürften vom Klimawandel profitieren, erfährt Freund.
© Perlentaucher Medien GmbH
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