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Amerika, seine Präsidenten und deren Außenpoltik in einem umfassenden Überblick: - Kennedy zeigte die USA als angespannte, aber auch entspannungsbereite Großmacht. - Unter Johnson schlug die Entspannung in außenpolitische Ohnmacht und Verbitterung um. - Nixon zeigte den Weg aus der außenpoltischen Krise, versäumte es aber, sein Land in demokratischer Tradition zu regieren. - Ford bemühte sich, die außenpolitischen Schocks und die Innenpolitischen Verwirrungen zu klären. - Carter konnte die außenpolitischen Krisen nicht meistern. - Reagen personifizierte amerikanischen Optimismus, Krisen durch…mehr

Produktbeschreibung
Amerika, seine Präsidenten und deren Außenpoltik in einem umfassenden Überblick: - Kennedy zeigte die USA als angespannte, aber auch entspannungsbereite Großmacht. - Unter Johnson schlug die Entspannung in außenpolitische Ohnmacht und Verbitterung um. - Nixon zeigte den Weg aus der außenpoltischen Krise, versäumte es aber, sein Land in demokratischer Tradition zu regieren. - Ford bemühte sich, die außenpolitischen Schocks und die Innenpolitischen Verwirrungen zu klären. - Carter konnte die außenpolitischen Krisen nicht meistern. - Reagen personifizierte amerikanischen Optimismus, Krisen durch eigene Anstrengungen und Stärke zu bewältigen. - Bush beeinflußte aktiv die europäische Ordnung nach dem Zerfall des Sowjetimperiums. - Für Clinton stellt sich die Aufgabe, die Rolle der USA als Supermacht für das 21. Jahrhundert neu zu definieren.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 01.09.1998

Modern Talking
"Mit begrenztem außenpolitischen Sachverstand in sich selbst ruhend": Der neue Hacke ist da

Christian Hacke: Zur Weltmacht verdammt. Die amerikanische Außenpolitik von Kennedy bis Clinton. Propyläen Verlag, Berlin 1997. 688 Seiten, 78,- Mark.

Modern Talking ist wieder da. Und Christian Hacke hat abermals ein dickes Buch geschrieben. Er versucht darin zweierlei. Er will einmal die außenpolitischen Betätigungsfelder der amerikanischen Präsidenten von Kennedy bis Clinton und die besonderen Merkmale ihrer Präsidentschaften darstellen. Zum anderen will er den Weg der Vereinigten Staaten von einer auf sich selbst zentrierten politischen Einheit zur Weltmacht nachzeichnen.

Der Leser erfährt, daß nicht das große weltgeschichtliche Ereignis des Zerfalls der Sowjetunion und die damit entstandene "Weltunordnung" die Vereinigten Staaten zur Weltmacht "verdammt" haben. Schon zu Beginn des Jahrhunderts seien sie zur Weltmacht geworden. Die Argumentationslinie des Autors ist indes verworren. Denn eigentlich seien die Vereinigten Staaten zu diesem Zeitpunkt noch keine Weltmacht gewesen, sondern hätten sich nur auf ihre "Weltmachtrolle in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts" vorbereitet. Also waren sie zwischen den Weltkriegen nur "potentielle Weltmacht", die erst die kommunistische Bedrohung zur "zupackenden Weltmacht" gemacht hat.

Erleichtert sieht der Leser, daß die Verwirrungen sich beinahe auflösen und die Vereinigten Staaten in den auf den Zweiten Weltkrieg folgenden Jahrzehnten "ihre Weltmission schließlich mit ganzer Kraft" ergriffen haben. Besagte Erleichterung läßt den Leser auch für den Augenblick vergessen, daß bereits 1941 mit dem japanischen Angriff auf Pearl Harbor "das Zeitalter der absoluten Sicherheit" vorüber gewesen sei und "schon angesichts der Herausforderung durch Deutschland und Japan . . . die USA zur Weltmacht verdammt" worden waren.

Trotz solcher wirren Ungereimtheiten steht nichts Falsches in dem Buch über die amerikanische Außenpolitik von Kennedy bis Clinton. Wortreich schildert der Autor Bekanntes über die außenpolitischen Betätigungsfelder der amerikanischen Präsidenten Kennedy, Johnson, Nixon, Ford, Carter, Reagan, Bush und Clinton. Er spricht locker von Realismus und Pragmatismus, von Antikolonialismus und Sendungsbewußtsein, von Internationalismus und Isolationismus, von Militarisierung und Ökonomisierung und vom Einfluß ethnischer Lobbyisten auf die Außenpolitik.

Der Autor will jedoch mehr als bloß Bekanntes referieren. Er will ein weltgeschichtliches Drama inszenieren. Spürbar beeindruckt von seinem Leitmotiv der Verdammnis, beschreibt er die Entwicklung des Vietnamkriegs. Amerika habe sich unter Kennedy "zunehmend tragisch" in Vietnam verwickelt, was auf in den fünfziger Jahren begangene "folgenschwere Fehler" zurückzuführen sei, schreibt Hacke entwaffnend wahnwitzig. Es folgt die bestürzende Einsicht: "Vietnam wurde für die USA zu einer spezifischen Erfahrung, die lehrte, daß allgemeingültige Schlußfolgerungen aus der Geschichte problematisch sind."

Hacke versucht die Antriebe der jeweiligen Präsidenten zu erläutern und Außenpolitik als kompliziertes Geflecht kultureller Dispositionen, psychologischer Motivationen und doktrinärer Entwürfe darzustellen. Dabei betont er den Unterschied zwischen europäischer und amerikanischer Politik. Während jene stets auf Kontinuität verweise, betrachte "jeder amerikanische Präsident seine Wahl als epochalen Umbruch". Beflügelt von dieser Einsicht, steigt Hacke wie Ikarus zu der wenn auch "überspitzt formuliert(en)" These, die Vereinigten Staaten gründeten sich mit der Präsidentschaftswahl "immer wieder aufs neue". Eben 87 Seiten weiter ist dann aber Schluß mit listig: "Die Geschichte des amerikanischen Engagements in Vietnam zeigt, daß kein Präsident ,bei Null' anfangen konnte, sondern mit dem Erbe der Entscheidungen und Unterlassungen seiner Vorgänger beladen war."

Und doch gibt es etwas, was die amerikanischen Präsidenten von anderen Politikern unterscheidet: sie formulieren Doktrinen, um das "vielschichtige" globale Engagement der Vereinigten Staaten "vereinfacht darzustellen". Das stimmt zuversichtlich, versprechen solche Doktrinen doch offenbar ein besseres Verständnis der Politik. Doch sind diese Doktrinen auch wieder nicht die Leitfäden durch die amerikanische Außenpolitik: "Außenpolitische Doktrinen werfen ein Licht auf die deklaratorische Ebene der amerikanischen Außenpolitik. Aber sie allein reichen für die Analyse nicht aus."

Was ist es aber nun endlich, das die Amerikaner in ihrem politischen Verhalten antreibt? Hacke hebt ihren Glauben an die Vorbildlichkeit der eigenen Verfassung hervor und die Rolle der Vereinigten Staaten als Träger des "Menschheitstraums von Bürgerrechten und Freiheiten". Er verweist dabei auf den Gebrauch dieser idealistischen Denkungsart zur Verbrämung von Expansionspolitik und "Kreuzzugsmentalität", zeigt aber gleichzeitig, wie die "Herzen der Amerikaner (sich denjenigen öffnen), die es verstehen, Machtpolitik durch idealistischen Glanz zu veredeln". Die Rücksichtnahme auf die emotionalen Bedürfnisse der Wähler - die trotz eines "minimalen Bildungsinteresses und geringer Kenntnisse" in weltpolitischen Dingen durchweg "aber politischen Instinkt und gesunden Menschenverstand" zeigen - sei für eine erfolgreiche Präsidentschaft ebenso kennzeichnend wie die Formulierung einer dieser griffigen außenpolitischen Doktrinen, die allerdings der Realität entsprechen sollten. Carters Präsidentschaft etwa, so erläutert der Autor, sei schließlich daran gescheitert, daß "die Weltpolitik . . . sich einfach nicht in dem Sinne" entwickelt habe, "wie Carter es gerne gehabt hätte".

Überhaupt scheinen amerikanische Präsidenten seltsame Menschen zu sein. Sie sehen, wie Nixon, überall Gefahren oder sind "fasziniert", wie Kennedy, von den revolutionären Guerrilla-Führern der Dritten Welt oder, wie Eisenhower, von der Dominotheorie; sie "bevorzugen es", wie Johnson, in "Schwarzweißkategorien zu denken", oder "ruhen (mit begrenztem außenpolitischen Sachverstand) in sich selbst", wie Ford. Sie sind manchmal "zweitklassige Hollywood-Schauspieler" wie Reagan, die durch ihre Politik "untypische amerikanische Charakterzüge" wie "Verachtung gegenüber Armut und Minderheiten sowie eine neue Egozentrik" hervortreten lassen und damit "das Wertesystem der Gesellschaft" schädigen; sie haben "keine Antenne für die neuen sozialen Probleme", wie Bush, oder haben wie Clinton "alles mögliche im Kopf, nur nicht die Außenpolitik". Und dennoch gelte für alle - mit Ausnahme Johnsons -, was Hacke mit einem sehr schön gesagten Pathos über Clinton schreibt: Er werde "dafür Sorge tragen, daß Amerika auch beim Eintritt in das 21. Jahrhundert das bleibt, was es im vergangenen Jahrhundert war - Second to None".

Daß Clintons Präsidentschaft in seiner zweiten Amtszeit weltpolitisch eher unauffällig ist, ficht den Autor nicht an. Und spätestens da wird klar, daß dem Buch ein gleichsam religiös aufgeladener Traum von Weltenlenkung zugrunde liegt: Zur Weltmacht verdammt sind die Vereinigten Staaten, weil sich Hacke eine durch einen beinahe göttlichen Willen geordnete Welt wünscht. Doch daraus wird wohl nichts.

RICHARD WAGNER

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